Ad hoc

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Unternehmen bestimmen unser tägliches Leben. Aber was bewegt die Unternehmer? Über Trends, Technologien und Menschen, die sie bestimmen.

Wo die Deutschen im Internet vorn sind

Viele amerikanische Unternehmen diskutieren zwar intensiv über die Möglichkeiten des Internets der Dinge. Ihre europäischen Wettbewerber aber haben sich längst positioniert – und schicken sich an, die Führungsrolle in dieser Zukunftstechnologie zu übernehmen. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie „Finding Europe’s Edge in the Internet of Things“, für welche die internationale Managementberatung Bain & Company auf der ganzen Welt mehr als 500 Führungskräfte in unterschiedlichen Branchen befragt hat. Die Ergebnisse liegen uns exklusiv vor.

Danach sind viele europäische Unternehmen der Informationstechnologie schon aus der Experimentierphase heraus und machen das Internet der Dinge für ihre Kunden nutzbar: „Europäische Anbieter profitieren von ihren traditionellen Stärken in puncto Neuentwicklung, Präzision und Qualität“, wird Michael Schertler, Bain-Partner und Ko-Autor der Studie, in einer begleitenden Mitteilung zitiert. „Sie wissen deshalb sehr genau, wie sie ihre Produkte und Dienstleistungen mit Hilfe des Internets der Dinge noch besser machen können.“ Zu den in der Analyse genannten Innovationstreibern gehört unter anderem die deutsche Automobilindustrie. Rund 2,6 Milliarden Euro haben Audi, BMW und Daimler für den Kauf des Digital-Karten-Spezialisten Here von Nokia investiert. Damit wollen die drei deutschen Autohersteller an den Silicon-Valley-Unternehmen Google und Apple vorbeiziehen. Zudem sichern sie sich mit dieser Akquisition den Zugang zu einer wichtigen Technologie für das autonome Fahren. Darüber hinaus sind sie zahlreiche Partnerschaften eingegangen und haben ihre Mobilitätsdienste ausgebaut.

Und nicht zuletzt dank ihres erhöhten Sicherheitsbewusstseins dürften sich deutsche Tech-Unternehmen in Zukunft sehr gut auf dem internationalen Markt positionieren können, heißt es in der Studie weiter. Die Deutsche Telekom mache es vor: Als Partner von Microsoft Azure könne der Konzern hierzulande Cloud-Dienste anbieten und damit Kunden gewinnen, die ihre Daten im eigenen Land wissen wollen. Laut Bain-Studie sind europäische Führungskräfte generell mehr auf Sicherheit bedacht als ihre amerikanischen Kollegen. So sind in Europa für 39 Prozent der Kunden Sicherheitsbedenken das größte Hindernis bei der Nutzung von Technologien rund ums Internet der Dinge. In den Vereinigten Staaten sind es lediglich 27 Prozent. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf Compliance: Schwierigkeiten mit diesem Thema bewerten 22 Prozent der Europäer als kritisch, aber nur 8 Prozent der Amerikaner. „Das Bewusstsein für sicherheitsrelevante Fragen kann zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen werden“, sagt Schertler: „Es eröffnet ihnen die Chance, kostengünstige Lösungen für ein breites Spektrum an Regularien zu entwickeln und damit sicherheitsbewusste Kunden auf der ganzen Welt zu überzeugen.“

Ob Analysemöglichkeiten, Qualitätsverbesserung oder Abfallreduktion: Die Europäer sehen den Ergebnissen der Umfrage zufolge derzeit deutlich mehr Potential im Internet der Dinge als die Amerikaner. Bain schätzt, dass diese Zukunftstechnologie auf der Welt schon rund 80 Milliarden Dollar an M&A-Investitionen und mehr als 30 Milliarden Dollar an Venture-Capital-Beteiligungen ausgelöst hat. „Die europäischen Anbieter müssen jetzt schnell aktiv werden und ihren Wettbewerbsvorsprung nutzen“, stellt Christopher Schorling, Bain-Partner in der Technologie-Praxisgruppe und weiterer Ko-Autor der Studie, auf der Basis dieser Ergebnisse fest: „Die heutigen Vorreiter sind prädestiniert, ihre Kunden für das Internet der Dinge zu sensibilisieren und ihnen die vielfältigen Möglichkeiten dieser Technologie aufzuzeigen.“ Diese reichten von der Analyse des Geschäfts mit Blick auf neue Wachstumsmöglichkeiten über die Steigerung der Kundenzufriedenheit bis hin zu neuen Produkten und Dienstleistungen. Unternehmen, die das Internet der Dinge zukunftsorientiert anwendeten, erlangten neue Fähigkeiten und hätten somit gute Aussichten auf eine kontinuierliche Technologieführerschaft.

Die Anbieter von Technologien rund um das Internet der Dinge sollten sich nach Meinung von Bain zunächst auf ausgewählte Branchen konzentrieren und ihre Erfahrungen dort für die Entwicklung passgenauer Kundenanwendungen nutzen. „Das ist der Türöffner zu einem Multimilliarden-Euro-Markt“, so Schorling.