Gute Nachricht aus Berlin: Die Sonderausstellung des „Brutus“ im Alten Museum, von der hier zuletzt die Rede war, ist soeben verlängert verlängert worden, bis Anfang Juni, passend zum Gentilnamen des Mannes, als dessen Bildnis man die Bronze jahrhundertelang angesehen hat: Marcus Iunius Brutus. Der Anlaß ist ein Festakt am 6. Juni zum Weltkulturerbetag. Die Berliner Museumsinsel blickt dann auf 10 Jahre „Weltkulturerbe“ zurück. Der Festakt findet in der nach der Restaurierung wieder eröffneten Rotunde des Alten Museums statt. Im Vorfeld gibt es ein zweitägiges Kolloquium zur Restaurierung des Neuen Museums und der Rotunde des Alten Museums.
Also noch reichlich Gelegenheit, dieses magische Stück anzusehen. Das Museum hat die Chance genutzt, es aus eigenen Beständen in verschiedene Kontexte zu stellen. Spannend ist etwa ein Foliant mit einem Traktat aus der Feder von Giovanni Battista Piranesi (1720-1778), in dem dieser die römische – und damit proto-italienische! – Baukunst gegenüber der zuvor als überlegen betrachteten griechischen aufwerten möchte. Die prachtvollen Initialen des zweisprachig lateinisch-italienisch dargebotenen Textes zeigen die Wölfin mit den Zwillingen und eben den Brutus, was den Rang des letzteren als Ikone belegt. Die Universität Heidelberg hat den Band digitalisiert.
Zur Rahmung der Leihgabe mit Porträtplastiken aus eigenen Beständen gehört auch der „Grüne Caesar„, eine bemerkenswerte, leicht überlebensgroße Togabüste aus poliertem grünem Schiefer mit neuzeitlichem Ersatz für die verlorenen eingelegten Augen. Sie wurde im Auftrag Friedrichs des Großen 1767 in Paris erworben. Wie bei vielen anderen antiken Porträts erfolgte die Zuschreibung anhand von Münzbildern und ist überwiegend anerkannt (anders als die Identifizierung des kürzlich in der Rhone gefundenen Kopfes). Auffällig sind die Alterszüge des Bildnisses; von Caesar ist in der Tat belegt, daß er zuletzt stark gealtert war. Doch sind solche Bildnisse bei allen individuellen, bisweilen ans Schonungslose reichenden Zügen nicht „veristisch“ zu lesen. Caesar war zum Zeitpunkt seiner Ermordung nur noch wenige Jahre vom senex entfernt. Das Bildnis eines römischen Aristokraten in seinem Alter und seiner Stellung konnte nichts anderes als auctoritas, gravitas und severitas ausstrahlen, also höchstes soziales Ansehen, Würde und Ernst. Doch hatte dieser Mann auch noch einiges vor; diese Dynamik ist in der Wendung des Kopfes angedeutet. Wann und wo der „Grüne Caesar“ entstanden ist, darüber gibt es ein eher späterer Ansatz favorisiert wird. Ein guter Kenner, Klaus Parlasca, ordnet den Kopf den „unkanonischen regionalen Bildnisschöpfungen des Diktators“ zu. Wie dem auch sei – in dieses Stück kann man sich ebenso verlieben wie in den „Brutus“. Das Ensemble aus diesem, dem Grünen Caesar, dem in Praeneste gefundenen Bildnis eines Römers und einem Augustus-Kopf aus Kairo verdeutlicht zwei Dimensionen der kulturellen Revolution, die sich zwischen Caesars Dictatur und dem Tod des Augustus abzeichnete: eine räumliche, in der die Trennung von Zentrum und Peripherie zunehmend aufgehoben wurde und ‘Rom‘ mit dem Imperium Romanum identifiziert werden konnte, und eine zeitliche, in deren Verlauf die musterhafte Frühzeit der Stadt neu entdeckt und als Geschichte ganz und gar in die Gegenwart hineingeholt wurde.
Das neu bearbeitete, von Andreas Scholl und Gertrud Platz-Horster herausgegebene Katalogbuch „Die Antikensammlung: Altes Museum, Pergamonmuseum“ (3. Aufl. 2007) enthält u.a eine instruktive Standortbestimmung der Berliner Antikensammlung nach ihrer ‘Wiedervereinigung‘ auf der Museumsinsel.