Antike und Abendland

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Tagesaktualität, wie sie sich mit einem Blog verbindet, und Antike – das scheint nicht zusammenzugehen. Dennoch soll hier der Versuch gewagt

Der Dreißigsekunden-Experte – Altertumswissenschaftler im Fernsehen

| 9 Lesermeinungen

Der jüngste Eintrag in diesem Blog zur Troia-Debatte hat nicht sehr interessiert; die Zahl der Klicks liegt weit unter dem Durchschnitt. Gleichwohl greife ich...

Der jüngste Eintrag in diesem Blog zur Troia-Debatte hat nicht sehr interessiert; die Zahl der Klicks liegt weit unter dem Durchschnitt. Gleichwohl greife ich das Thema heute und in Kürze nochmals auf, freilich im Sinne einer sekundären Beobachtung: Es geht um die Vermittlung aktueller Forschungsdebatten in den Medien, heute: im Fernsehen. Daß Altertumswissenschaftler damit fremdeln, kann heute nicht mehr als richtig gelten, jedenfalls nicht allgemein. Die zahlreichen und häufig wiederholten, oft mehrteiligen Dokumentationen und Docufictions im Ersten und im ZDF, bei Phoenix, n-tv, N24, Vox und anderen Sendern, zu allen möglichen Themen (Echnaton und Nofretete, Kriege des Altertums, Archimedes, Hannibal, die Akropolis, das klassische Athen und die Demokratie, Metropolen der Antike, die Germanen, immer wieder die Gladiatoren u.v.m.), schneiden zwischen die Spielszenen, die ‘dokumentarischen‘ Passagen, die einen Sprechertext bebildern, und die suggestiven Computeranimationen von Bauten und Stadtanlagen auch immer wieder kurze Äußerungen von Experten. So kann man sehen, wie Professoren, deren Bücher man kennt, aussehen und reden. Doch wer sich für eine solche Produktion zur Verfügung stellt, um seinen Auftrag (neben anderen), Geschichte in die Gesellschaft zu vermitteln, wirksam ernstzunehmen, erlebt bisweilen eine Überraschung. Ein älterer Kollege erzählte mir vor Jahren von seinem Ärger über eine Doku zu Nero. Er stand einem Team für mehrere Stunden Rede und Antwort, um dann in den fertigen 43 Minuten zwei Dreißigsekunden-Statements zu haben. Der Grund für den Ärger war aber nicht verletzte Eitelkeit. Vielmehr war der fertige Film das Vehikel für die angestrengten, in der Sache kaum haltbaren Bemühungen des italienischen Publizisten Massimo Fini, Nero eine Art Ehrenrettung angedeihen zu lassen. Das ist methodisch sehr problematisch, denn eine antike Überlieferung als großenteils feindselig und topisch zu erweisen erlaubt nicht, schlicht das Gegenteil des Überlieferten als geschichtliche Realität zu behaupten. Die Äußerungen des erbosten Kollegen hatten nun mit Finis These gar nichts zu tun, sondern betrafen komplizierte Details der julisch-claudischen Familiengeschichte, aber allein durch die Anwesenheit eines renommierten deutschen Kaiserzeitforschers konnte bei manchen Zuschauern die extravagante, durch Psychologisierung ‘modern‘ erscheinende Sicht des erfindungsreichen Italieners mit dem Siegel der Solidität versehen erscheinen.

Ein ähnlicher Fall ist jetzt zu vermelden, dokumentiert in der immer wieder lesenswerten Zeitschrift des Deutschen Altphilologenverbandes (Forum Classicum 2010, Heft 1). Am 31. Januar 2010 strahlte das ZDF „Der Fall Troia – Homers letztes Geheimnis“ aus (hier anzusehen). Eine Woche später schrieb Prof. Dr. Ernst Pernicka vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen einen Brief an den Programmdirektor des Senders, Thomas Bellut. Die Mainzer hatten den Film in der erfolgreichen Terra X-Reihe ausgestrahlt, aber nicht selbst produziert (was üblich ist).

Pernicka legt „als Leiter der archäologischen Ausgrabungen in Troia und als Wissenschaftler, der sich um wahrheitsgemäße Berichterstattung auch in populärwissenschaftlichen Sendungen bemüht, gegen diese Sendung schärfsten Protest ein“. Allerdings sucht er nicht den Eindruck zu erwecken, er sei naiv in eine Falle getappt: „Die beiden Produzenten haben sowohl mich als auch meinen Kollegen, Prof. Dr. Joachim Latacz, den operativen Herausgeber des Basler Homer-Kommentars, um Mitarbeit gebeten, wobei sie das Konzept folgendermaßen beschrieben: »Thema des Filmes wird Homers Ilias, Troja und eine Auseinandersetzung mit den Kilikien-Thesen von Raoul Schrott sein.« Mein Mitarbeiter, Dr. Peter Jablonka, hat bereits zu Beginn der Kontaktaufnahme gesagt, dass wir uns im Troia-Projekt entschieden haben, mit weiteren Stellungnahmen zu dem Buch „Homers Heimat“ von Raoul Schrott sehr zurückhaltend zu sein. Denn jeder Diskussionsbeitrag würde den falschen Eindruck verstärken, dass sich die Wissenschaft ernsthaft mit Raoul Schrotts Thesen beschäftigt.“ Doch das Schweigen als lauter Kommentar funktioniert nur, wenn es zu einem solchen erklärt wird, im Sinne von Ciceros cum tacent clamant. Als Grund für seine Mitwirkung gegen den Rat von Kollegen reflektiert der Briefschreiber freilich nicht die komplexen Regeln von Kommunikation in der Öffentlichkeit, sondern besteigt ein schwer gepanzertes Roß: „Ich habe mich dennoch zur Mitarbeit an dem Film entschlossen, weil ich bisher der Auffassung war, dass wir der Öffentlichkeit berichtspflichtig sind und dass dies am besten über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinem Qualitätsauftrag geschieht (s. Punkt 6 der Standortbestimmung der Gremienvorsitzenden der ARD vom 27.11.2001: »Die Bürger/innen dürfen vom gebührenfinanzierten Rundfunk einen professionellen Journalismus erwarten, der sorgfältige Recherche, Seriosität, unabhängige Standpunkte und Fairness beinhaltet.« Ich gehe davon aus, dass diese auch für das ZDF gilt). In diesem Film ist dieser Qualitätsauftrag schwer verletzt worden. Meine Kollegen und ich, die sich mit Troia ernsthaft wissenschaftlich beschäftigen, haben sich unter der Voraussetzung zur Verfügung gestellt, dass es um »Einschätzungen zu Raoul Schrotts Thesen« von außen, und zwar aus der Sicht der Wissenschaft, ging. So wurde es von der Produktionsfirma dargestellt (…).“ Was folgt, belegt zumindest, daß der Empörte die Eigengesetzlichkeit des Mediums und die Regeln des Marktes, auf dem sich, wie angedeutet, mittlerweile viele Anbieter von Infotainment tummeln, nicht berücksichtigt hat: „Entstanden ist das genaue Gegenteil: Eine Hymne auf den persönlich als Hauptdarsteller ins Zentrum gestellten (und mit filmischen Fantasy-Elementen unterstützten) Schrott unter Einstreuung winziger, aus dem Zusammenhang gerissener und daher schwächlich wirkender (und offensichtlich zu genau diesem Zweck ausgewählter) Interview-Fragmente der um ‘Einschätzung‘ der Schrott-Thesen gebetenen Wissenschaftler. Es liegt also ein klarer Fall von (möglicherweise arglistiger) Täuschung vor. Wir haben dem Produktionsteam viele Stunden geschenkt und geduldig die Positionen der Wissenschaft (ein seltsamer Anspruch auf Uniformität, auch wenn er in der causa Schrott berechtigter sein mag als bei anderen Fragen – U.W.) zu den Thesen von Herrn Schrott erklärt. Im Film sind nur mehr (sachlich unrichtige bzw. sachfremde) Argumente zu seiner Unterstützung gezeigt und die von uns aufgezeigten wissenschaftlich fundierten Gegenargumente weggelassen worden. Die auf diese Weise verbreitete Fehlinformation kommt der berüchtigten Terra-X-Sendung über den ‘Chiemgau-Meteoriten‘ nahe mit dem Unterschied, dass die beteiligten Wissenschaftler als scheinbare Kronzeugen für die falsche Information gezeigt werden.“

Die Produktion habe seinen Glauben an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachhaltig zerstört. Wahrscheinlich hat Pernicka sein TV-Gerät vor Jahren abgeschafft oder benutzt es kaum mehr. Da hätte er von seinem Vorgänger, dem verstorbenen Manfred O. Korfmann, lernen können. Der ging nur ins Fernsehen, wenn er die Agenda bestimmen und seinen Gegnern den genau berechneten Part der abgeschnittenen Wadenbeißer zuweisen konnte.

Die Konsequenz für Pernicka: „1) Ich werde nie mehr mit der Produktionsfirma zusammenarbeiten. 2) Ich werde meine Zeit nie mehr der Redaktion von Terra-X zur Verfügung stellen, wenn nicht ein Vertrag abgeschlossen wird, der mir Einsicht in das Endprodukt erlaubt und mit einer Ausstiegsklausel versehen ist. 3) Ich werde insgesamt gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen Mitarbeitern Zurückhaltung üben, weil ich nicht mehr sicher sein kann, dass meine Aussagen richtig und fair verwendet werden. 4) Ich werde diese Erfahrung im Kollegenkreis verbreiten, um sie vor dieser Produktionsfirma und dieser Redaktion zu warnen.“

Gut, das mußte einmal gesagt werden. Aber es erinnert mich irgendwie, weiß nicht, warum, an einen alten, kleinen Film, den ich sehr schätze: Die Maus, die brüllte. Könnte eigentlich ‘mal wieder gezeigt werden. Im Fernsehen.

p.s. Die Tübinger Troianer sind zweifellos abgestiegen. Korfmann hatte es noch fertiggebracht, in ähnlichen Sendungen die Hauptrolle einzunehmen, die jetzt Schrott zugebilligt wurde (s.o.). Dabei hat er sich auch immer wieder auf eine trügerische Evidenz berufen: Die skeptischen Althistoriker (und viele Philologen) brüteten über ihren Büchern und wendeten Texte immer wieder um, während der Archäologe die greifbaren Beweise vorweisen könne. Der neue Terra X-Film billigt dem Literaturwissenschaftler Schrott, der in Karatepe nicht gegraben hat, sondern vor der Kamera nur dekorativ durch die Landschaft streift, nunmehr zu, „frischen Wind in die Studierstuben der Altertumswissenschaftler“ gebracht zu haben. Aber um derlei logische Brüche schert sich nicht, wer eine flotte Schlußformel braucht, die Lust auf neue Sendungen macht. Mit neuen Experten.


9 Lesermeinungen

  1. franket sagt:

    Pernicka verdient...
    Pernicka verdient Unterstützung. Er fordert etwas ein, was selbstverständlich sein sollte. Wozu gibt es die Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Anstalten? Wozu zahlen wir Gebühren? Es ist zynisch, die normative Kraft des Faktischen anzuerkennen, und Pernicka einen Vorwurf daraus zu machen, dass er das einfordert, was gut und richtig ist. Es ist zynisch und moralisch falsch, den Medienzirkus mit dem Argument exkulpieren zu wollen, so ginge es dort nun einmal zu.
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    Das sind ja schon geistige Zustände wie bei Thukydides im Peloponnesischen Krieg beschrieben: Aus den Athenern, die stolz waren, etwas zum Gemeinwohl beitragen zu können, waren zynische Egoisten geworden, die Altruismus nur noch für pure Dummheit hielten. „Macht geht vor Recht“ war zur Devise geworden. Weit sind sie damit nicht gekommen.
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    Pernicka ist hier mit einem Phänomen zusammengestoßen, das nicht nur in den Medien, sondern in der ganzen Gesellschaft die Herrschaft gewonnen hat: Wieviele Menschen sehen noch etwas falsches darin, mit ein wenig Schummelei weniger Steuern zu zahlen? Wer sieht es noch als seine Pflicht an, Wehrdienst zu leisten, wie es das Gesetz, aber nicht mehr dessen praktische Umsetzung vorsieht? Wieviele Menschen verzichten auf Raubkopien und machen sich damit zum Deppen? Wer studiert noch, weil er Wissen statt nur einen Abschluss erlangen möchte? Wer hat noch eine politische Meinung, auch wenn sie soziale Nachteile bringt? Welcher Politiker kümmert sich noch um das Wohl des Volkes?
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    Warum sollten dann öffentlich-rechtliche Medien noch ihren Auftrag wahrnehmen?
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    Der Verlust an Gewissenhaftigkeit, innerer Überzeugung, Pflichtbewusstsein, „sittlichem Ernst“ oder wie immer man es nennen will, ist dramatisch. Es wird immer eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit geben, aber das Ausmaß dieser Lücke ist z.Z. besonders groß. Und wir alle wissen: Wir werden damit genauso wenig weit kommen wie die Athener.
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    Pernicka ist mit seinem Anspruch auf die Einhaltung des Selbstverständlichen ein wahrer Humanist und verdient alle Unterstützung gegen die dekadenten Anhänger der zynischen „Vernunft“.

  2. Wulf321 sagt:

    Der Metallurg Pernicka...
    Der Metallurg Pernicka echauffiert sich also darüber auf, dass aus mehrstündigen Dreharbeiten nur mehrere kurze Statements verwendet wurden und dass dem Literaturwissenschaftler Raoul Schrott mehr Zeit eingeräumt wurde als ihm, um eine auf Literaturwissenschaft (!) beruhende These zu erläutern. Und der Archäologe Walter beschwert sich dann darüber, dass der Literaturwissenschaftler nicht in Karatepe „gegraben“ hätte (was übrigens in den letzten Jahrzehnten niemand getan hat). Warum sollte Schrott das tun? Er ist Literaturwissenschaftler, der sich die Gegend anschaut, genau wie dies der Film zeigt.
    Ich habe den Eindruck hier geht es mal wieder um Revierkämpfe, gekränkte Eitelkeiten und um den altbekannten ,Streit der Disziplinen‘. „Mein Troia, nicht deins!“
    Mal einmal davon abgesehen, dass das gesicherte Wissen um Hirsalik/WIlusa/Troia und den „Troianischen Krieg“ letztendlich nach wie vor recht mager ist (das gibt ja selbst Herr Pernicka zu), hat sich hier ein Literaturwissenschaftler wohlgemerkt vor allem mit der Herkunft des Schriftstellers Homers beschäftigt und nach dessen Spuren in Anatolien gesucht. Er findet Hinweise in der Literatur und prüft diese vor Ort (übrigens ist die Idee der orientalischen Bezüge in der Ilias ja nicht neu). Soweit so gut.
    Das ZDF hat sich dieser Thesen angenommen und einen Film darüber gemacht. Das ist die Aufgabe der Medien. Logischerweise sucht man dazu die beschriebenen Orte auf und schaut sich mit Herrn Schrott gemeinsam um. Nichts daran auszusetzen, würde ich sagen. Ferner hat man auch die Troiaexperten Burkert/Latacz/Pernicka und Aslan zu Wort kommen lassen und es dürfte jedem Zuschauer klar geworden sein, dass diese die Thesen des Herrn Schrott nicht teilen. Damit hat das Fernsehen seinen Auftrag gewissenhaft erfüllt. Es hat eine kontroverse These vorgestellt die für viele Archäologen schwer vorstellbar ist. Wo liegt das Problem? Auch wenn Herrn Pernicka die Theorie Schrotts ein Dorn im Auge ist, gibt es nun mal offensichtlich verschiedene Meinungen (wie schon immer bei dem Thema Homer & Troia) und Aufgabe der Medien ist, diese Dinge abzubilden. Und nebenbei: wenn ich mich recht erinnere lief wenige Wochen vorher auf dem Sendeplatz ein Troiafilm mit Latacz/Pernicka als Protagonisten – übrigens ohne Schrott. Das klingt doch ganz ausgewogen.
    Interessant finde ich, dass ein Archäologen sich berufen fühlt einen literaturwissenschaftlichen Ansatz abzuschmettern. Immerhin gibt es hier neue Hinweise, die über die Aussagekraft von Scherben Hisarliks/Troias hinausgehen. Thomas Kuhn lässt grüßen….
    Bedauerlich ist nur, dass hier die gute Arbeit des ZDF und der Macher denunziert wird. Das ist unnötig und dient auch keinem guten Zweck. Ich bin jedenfalls froh in einem Land zu leben in dem Dokumentationen von unabhängigen Journalisten gemacht werden und nicht erst durch die Zensur einiger Professoren müssen, wie Herr Pernicka dies gern hätte.

  3. JLosehand sagt:

    Zwei Anmerkungen:

    1) s. v....
    Zwei Anmerkungen:
    1) s. v. „Medienkompetenz“: Die Enttäuschung, die der Tübinger Archäologe Pernicka erlebt hat, dürfte jeder in seinem Leben machen, der nicht in der Medienbranche tätig ist oder davon lebt, wie bspw. PR- und Medien-Berater. Denn es ist im Wortsinn eine Ent-Täuschung, ein Lustrationsbad, durch das man seiner Täuschung über die Realität der Medien peu a peu entledigt wird. Ist man in Mediendingen also kein Professioneller, sondern höchstens Dilettant – und die meisten von uns sind da völlige Laien, sollte man das unter „Erfahrung / Medien“ ablegen und ab und an mal schauen, wie die anderen es machen. Warum lassen sich viele Interviewte immer häufiger die End-Texte zur Genehmigung vorlegen und warum reden Politiker ins Mikrofon vor allem in 1-2 Minuten-Aussagen? Eben, darum. Weil Journalisten Menschen sind, die genauso oft unausgeschlafen, unausgewogen, uneinsichtig, ungenau und genausowenig unabhängig sind wie die, über die sie berichten, oder mit deren Arbeit sie „content“ erstellen. Terra-X ist „content“ (und hat weder etwas mit unabhängigem Journalismus noch mit Bildungsauftrag etwas zu tun) und wird als solcher produziert und konsumiert. In Bezug auf die Medienkompetenz wäre darum eine Universitäts-Stelle zur Inkompetenzkompensationskompentenz (nein, nicht das Institut für Philosophie) durchaus ein Desiderat der von den Medien bisweilen verschreckten Wissenschaft.
    2) s. v. Fremdkompetenz: „[J]eder Diskussionsbeitrag würde den falschen Eindruck verstärken, dass sich die Wissenschaft ernsthaft mit Raoul Schrotts Thesen beschäftigt“ heißt es im Brief: Das erinnert mich an den Umgang mit den (steilen) Thesen vom „erfundene Mittelalter“ des Heribert Illig. Warum sollte man sich, bitte, nicht mit Thesen Dritter auseinandersetzen? (Gut, die Suche nach Troia und der Wahrheit über Troia [TM] ist nicht mein Gebiet, auch wenn ich auf den ausgegrabenen Resten bei strömendem Regen schon herumgestapft bin und leidlich Begeisterung heucheln mußte.) Mag ja sein, daß ähnlich wie beim Thema „Templerorden“ auch um „Troia“ ein Haufen delirierender Dilettanten gibt, aber „Raoul Schrott hat zweifellos beim Thema „Griechische Mythen“ eine eigene Kompetenz oder wenigstens einen Namen – und einen entsprechenden Diskurs unter Fachleuten hat es ja auch durch Aufsätze nachweislich gegeben. Man muß nicht auf drittmittelfinanzierte Öffentlichkeitsprojekte hoffen, um damit zu fremdeln, den Kosmos in eine Sphäre „Wissenschaft“ und eine Sphäre „Rest“ aufzuteilen.

  4. InsiderTX sagt:

    Schade eigentlich, dass Herr...
    Schade eigentlich, dass Herr Pernicka anscheinend vergessen hat, dass er alle seine Statements vor der besagten Sendung schriftlich freigegeben hat und dass ihm auch der Kontext in dem diese Statements verwendet wurden (Kommentare und Zitate davor und danach) ebenfalls vor der Sendung bekannt waren ( und sogar seine Bemerkungen zum Kommentartext Berücksichtigung fanden)…
    Das macht seine Reaktion doch irgendwie unverständlich…

  5. franket sagt:

    @InsiderTX:
    .
    Für Ihre...

    @InsiderTX:
    .
    Für Ihre Behauptungen bitte einen Beleg liefern, sonst hätten Sie sich Ihren Kommentar sparen können, er ist für die Debatte ohne Beleg wertlos.
    .
    @JLosehand:
    .
    Sie schreiben:
    > Terra-X ist „content“ (und hat weder etwas mit unabhängigem Journalismus
    > noch mit Bildungsauftrag etwas zu tun)
    .
    Ein Satz zum Schmunzeln … Sie rechtfertigen das Vorgehen von Terra-X mit einer Begründung, die Terra-X vermutlich weit von sich weisen würde 🙂

  6. franket sagt:

    Mary Beard greift in ihrem...
    Mary Beard greift in ihrem Blog „A Don’s Life“ dasselbe Thema auf, sie ist auch zu einer Dreißig-Sekunden-Expertin verstümmelt worden!
    .
    Ihr Kommentar: I had it coming = Ich habe es verdient 🙂
    .
    But …

  7. InsiderTX sagt:

    @franknet

    Wie Sie wissen, ist...
    @franknet
    Wie Sie wissen, ist ein „Beleg“ in einem Blog nicht möglich.
    Da ich persönlichen Schriftwechsel grundsätzlich vertraulich behandle und nicht in blogs stelle, kann ich Ihnen nur versichern, dass Herr Pernicka den Text am 12.1.2010 in einem sehr freundlichem Mail freigegeben hat. In Anbetracht der Worte von oben, hilt ich es für angemessen, diese Information zu ergänzen.
    Für Einzelheiten können Sie ihn ja persönlich anrufen.

  8. harohama sagt:

    Naja ... Much Ado Nothing ...
    Naja … Much Ado Nothing
    Wer ‚Terra X‘ und seine Vorgänger im ZDF-Programm über die nette Bebilderung hinaus irgendwie ernstnimmt im Sinne einer seriösen Umsetzung von Wissenschaft ins allgemein Anschauliche, sollte sich in ärztliche Behandlung begeben. Von einigen Ausnahmen abgesehen tummeln sich in diesem eigenartigen Sendeformat seit den Anfängen regelmässig Archäo-Esoteriker, phantasiebegabte Privathistoriker, Minderheitsvertreter absurder Thesen usw., die ebenso regelmässig ihren Rückhalt in der verantwortlichen Redaktion finden oder von dort aus inspiriert und initiiert werden. Serlöse Wissenschaftler, die als „Begleitmusik“ und Köder unabdingbar sind, kommen eher selten über den Status von Stichwortgebern hinaus. Wer da nicht vertraglich Vorsorge getroffen hat, braucht sich über nichts zu beklagen.
    .
    Bewunderung hat das ZDF allerdings dafür verdient, dass sie diesen mittleren Schwachsinn nahezu unbestritten in der Öffentlichkeit bislang erfolgreich vermarktet hat und immer (noch) „Dumme“ findet, die sich als Feigenblatt oder ähnliches verwursten lassen. 😉

  9. franket sagt:

    <p>@all:</p>
    <p>.</p>
    <p>Ich...

    @all:
    .
    Ich hatte Prof. Pernicka jetzt einfach direkt angemailt, und hier ist seine Antwort, die er mir hier zu veröffentlichen gestattete (Punkte des Umbruchs wegen eingefügt):
    .
    Sehr geehrter Herr Franke,
    .
    ich habe von der Produktionsfirma am 12.1.2010, also zwei Wochen vor
    Ausstrahlung, einen (unvollständigen) Filmtext erhalten mit wenigen Stunden
    für eine allfällige Korrektur. Ich habe einige grobe sachliche Fehler
    korrigiert. Zumindest einige Korrekturen sind nicht angenommen worden. Beim
    Rest bin ich nicht mehr sicher. Jedenfalls ahnte ich bereits, was kommen
    würde, und habe der Produktionsfirma Folgendes geschrieben:
    .
    ————-
    Sehr geehrter Herr ….,
    .
    anbei sende ich Ihnen meine Anmerkungen zu dem Filmtext. Ich hoffe, dass wir
    nicht dargestellt werden als Leute, die den Troianischen Krieg suchen. Ich
    vermisse die Aussage, dass alle Pflanzen und Tiere, die in der Ilias erwähnt
    werden, in der Troas heimisch sind. Es gibt nichts, was eindeutig GEGEN die
    Verortung des Geschehens in der Ilias rund um den Hisarlik spricht. Dafür
    gibt es auch nichts, was für eine Verortung in Kilikien spricht. Das fehlt
    ebenfalls.
    .
    Übrigens wurde in einem früheren Film nach meinem Namen „Troia-Projekt“ als
    Erläuterung im Untertitel verwendet. Das wäre besser als „Archäologe“. Das
    könnten manche doch als Anmaßung empfinden. Hoffentlich lässt sich das noch
    ändern. Mit freundlichen Grüßen, Ernst Pernicka
    ——————–
    .
    Diese Nachricht ist nicht m.E. ist nicht „sehr freundlich“.
    .
    Ich halte mich zwar nicht für einen Medienprofi aber ich habe doch viele
    Jahre Erfahrung mit Journalisten aus verschiedenen Branchen. Ich glaube
    daher schon, dass ich zwischen fairer und unfairer Behandlung unterscheiden
    kann. Obwohl ich diesen beiden Herren in Troia viel Zeit gewidmet habe, um
    ihnen die Thematik zu erläutern […], haben sie ihr Konzept nicht dargestellt. Bei anderen
    Produktionen habe ich vorab ein Konzept erhalten und konnte auch Anregungen
    geben. In diesem Fall habe ich Text und Bilder blind und (leider)
    vertrauenselig geliefert und erhielt keine Information, was damit passieren
    würde. Das werde ich in Zukunft so nicht mehr mitmachen.
    .
    Es gab schon einmal einen ähnlich Vorfall bei einem Interview für die ZEIT.
    Ich erhielt den Text erst nach der Drucklegung und konnte die sachlichen
    Fehler nicht mehr korrigieren. Seitdem steht sogar noch im Internet, dass
    ich den Fundort „an die Türkei zurückgeben“ müsse. Der Fundort gehört nicht
    mir und ich kann ihn deshalb nicht zurückgeben.
    .
    Mit freundlichen Grüßen, Ernst Pernicka
    .
    Sehr geehrter Herr Franke,
    .
    Sie können meine Nachricht für diesen Zweck verwenden. Es gibt eine kleine formale Einschränkung: Bis zu den Sprachaufnahmen für den Film waren zwei Tage Zeit. Wegen anderer Verpflichtungen blieb für mich real nur ein halber Nachmittag übrig.
    Mit freundlichen Grüßen, Ernst Pernicka
    ___________________
    Prof. Dr. Ernst Pernicka
    Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
    Eberhard Karls Universität Tübingen

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