Diese Woche startet im Kino ein neuer ‘Sandalenfilm‘. Regie bei Der Adler der neunten Legion führte Kevin Macdonald, die Hauptrollen werden von zwei hierzulande noch relativ unbekannten Schauspieler-Modellathleten verkörpert (Channing Tatum, Jamie Bell). Donald Sutherland spielt eine Nebenrolle. (Hier der Trailer und einige Hintergrundinformationen)
Der Film führt in die vielbeschworenen Dark Ages der britischen Geschichte zwischen der Spätzeit der römischen Herrschaft und Alfreds Kampf gegen die Wikinger, eine verworrene Epoche, die den historischen Hintergrund der Artus-Sage bildet. Diese ist in älteren Hollywood-Produktionen wie Richard Thorpes Die Ritter der Tafelrunde (1953) visuell im Hochmittelalter angesiedelt worden, was insofern plausibel ist, als die Artus-Sage mit all ihren typischen Elementen in der Tat literarisch erst im 13. Jahrhundert greifbar ist. Eine neuere, m.E. unterschätzte Version, King Arthur (2003), folgt zum Teil einer These des Historikers R.G. Collingwood (Roman Britain and the English Settlements, Oxford 1936) und zeichnet Arthur als Befehlshaber einer sarmatischen Reitereinheit in der römischen Armee, der beim Abzug der Römer mit einigen Gefolgsleuten in Britannien bleibt und die Bevölkerung gegen herandrängende Barbaren schützt. Weg vom Ritterfilm, zurück in die (späte) Antike, so die Losung. Doch am Ende blieb der Film auf halbem Wege stehen. Der Regisseur beklagte sich: „Aber mein King Arthur ist nicht der, der im Kino läuft. Die Tonalität meiner Version war anders, vor allem war sie nicht jugendfrei. Wenn man einen Film dreht, der im dunklen fünften Jahrhundert spielt, dann muss es blutig und hart zugehen. Meine Ritter der Tafelrunde waren so etwas wie der Wild Bunch oder das Dreckige Dutzend.“ So ist der Director’s Cut auf der DVD auch vierzehn Minuten länger als die Kinofassung.
Völlig gescheitert und nachgerade zur Karikatur eines Historienfilms über die Römerzeit geraten ist Die letzte Legion; in dieser kruden Geschichte sucht der halbwüchsige Kaiser Romulus Augustulus mit wenigen Getreuen in Britannien die titelgebende Legion und das Schwert Iulius Caesars, um mit beider Hilfe das Imperium zu retten. Als klar ist, daß dies nicht gelingen kann, wirft er das Schwert weg, und es bohrt sich just in den Felsen, aus dem Artus es dereinst herausziehen sollte, um England zu einen und mit seinen Rittern ein mächtiges Königreich zu errichten. Der sonst so brillante Colin Firth läuft den ganzen Film über mit einem Gesicht herum, das zu sagen scheint: Was mache ich hier bloß?
Der Adler der neunten Legion borgt Titel und Setting (vermutlich aber nicht viel mehr) beim gleichnamigen, 1954 erschienenen und auch hierzulande vielgelesenen Jugendbuch von Rosemary Sutcliff. Die Encyclopedia Britannica nennt die Autorin „not only the finest writer of historical fiction for children but quite unconditionally among the best historical novelists using English. A sound scholar and beautiful stylist, she made few concessions to the presumably simple child’s mind and enlarged junior historical fiction with a long series of powerful novels about England’s remote past, especially that dim period stretching from pre-Roman times to the coming of Christianity.“
Sutcliff baute ihr Buch auf einer kleinen Fußnote der römischen Militärgeschichte: Die neunte Legion Hispana, einst von Caesar erstmals, dann von Oktavian erneut aufgestellt, stand während eines großen Teils ihrer Einsatzgeschichte in Britannien, seit 71 in York. Dort verlor sich ihre Spur in der Zeit Hadrians (Kaiser 117-138). Das Wort vom „Verschwinden dieser Legion“ findet sich etwa bei Mommsen in einer Fußnote. Eine kurze Notiz bei Fronto spricht von vielen durch Britannier getöteten Soldaten während Hadrians Regierung, und die Althistorie nahm an, die Legion sei ca. 117 bei einem Barbarenüberfall auf Eburacum (York) vernichtet worden. Nach der Wiederunterwerfung der Feinde i.J. 119 wurde dann der Bau des Hadrianswalls in Angriff genommen. In der Tat gab es lange Zeit keine Urkunden über die legio VIIII, die jünger als 108 waren. Doch die Untersuchung der Karrieren von Offizieren dieser Legion und Neufunde von Inschriften machen es sehr wahrscheinlich, daß die Legion nicht in York massakriert wurde oder gar bei einer Expedition nach Norden auf mysteriöse Weise spurlos verschwand. Sie wurde vielmehr einfach aufs Festland verlegt, vielleicht nach Nijmegen, und später dann aufgelöst (hier der vorzügliche wikipedia-Artikel)
Im Film ist das natürlich alles viel schöner. Zwanzig Jahre nach dem geheimnisumwitterten Verschwinden der Legion unter ihrem (historisch nicht belegten) Kommandanten Flavius Aquila ist dessen Sohn Marcus geradezu besessen von der Idee, seinen Vater zu rächen und den goldenen Legionsadler zurückzuholen. Als Anführer einer kleinen Einheit in Britannien (!, s.o.) erwirbt er sich den Ruf eines mutigen und entschlossenen Kämpfers. Eine Verwundung scheint das Ende der Militärkarriere zu markieren. Doch als ihm berichtet wird, der Adler sei jenseits des Hadrianswalls gesichtet worden, macht er sich auf den Weg ins Barbaricum, begleitet von einem britannischen Sklaven, der die Römer haßt, aber Marcus sein Leben verdankt. Und niemanden wird es überraschen, daß die Identität des Sklaven etwas mit dem Verschwinden der Legion zu tun hat …
Nachtrag: Der heute erschienene ‚Filmdienst‚ bespricht den Film positiv: Dieser „erinnert mit seinem Füllhorn an Motiven und Mythen – von Familienehre, die mit nationaler Identität verknüpft wird, über den Kontrast zwischen einer imperialistischen Hochkultur und eingeborenen „Wilden“ bis zu den Themen Loyalität und Vertrauensbruch – an einen klassischen Western. (…) Trotz der angeschnittenen Themen und der vielen Bezüge, vom Western über Mel Gibsons Braveheart bis zu Ridley Scotts Gladiator, ist der Film aber vor allem ein actionbetontes Adventure-Movie mit perfekt inszenierten Schlachtszenen, packenden Verfolgungsjagden (die, welch schöner Anachronismus, zu Fuß absolviert werden) und einer ganz eigenen Vision. Kameramann Anthony Dod Mantle hat das abgeschottete, menschenleere, fast farblose Hochland mit beklemmendem Realismus eingefangen.“
In der Tat, "King Arthur" ist...
In der Tat, „King Arthur“ ist vielleicht der beste von diesen Filmen. Er bringt ein wenig intellektuelles Niveau in die Sache, historisch realistischen Hintergrund, und zeigt herrlich böse Sachsen.