Gleich zwei liebe Kollegen weisen mich kurz nacheinander auf einen Aufsatz hin, der gelassen macht. Schon wegen des Jahres, in dem er publiziert wurde: 1876. Also in der guten alten Zeit. Der Verfasser greift einen damals aktuellen Vorfall auf: Jemand war an der Universität Rostock mit der Dissertation „Abriß der römischen und christlichen Zeitrechnung“ promoviert worden. Das gedruckte Werk erwiesen gleich zwei Rezensionen, in der Historischen Zeitschrift und in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen, als ein umfassendes Plagiat, begangen am Skript einer Vorlesung, die Philipp Jaffé zuletzt acht Jahre zuvor an der Berliner Universität gehalten hatte. 40 von 63 Seiten. Der Erbe des verstorbenen Jaffé klagte vor Gericht, der Beklagte wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, die Schrift aus dem Handel genommen. Doch der Doktortitel ist davon nicht berührt, ihn kann allein die Universität entziehen, was offenbar zur Zeit der Niederschrift des Aufsatzes noch nicht geschehen war. Der Autor zeichnet den Plagiator mit dem Florett: „Freilich wird derjenige Doktor, der diesen seinen doch nicht so gar bescheidenen Titel wenn nicht mit Recht, so doch von Rechts wegen führt, wenn er solche Kollegen neben sich findet, die Frage nicht unterdrücken können, ob er nicht dieses gelehrten Anhängsels entledigt sich als einfacher „Herr“ dem Gentleman näher fühlen würde.“
Allein, der Vorfall an sich hätte den prominenten Autor kaum veranlaßt, an so prominenter Stelle zur Feder zu greifen. „Aber an dem speciellen Fall ist am Ende wenig gelegen.“ Der Mißstand war ein viel größerer: „Gegen den einzelnen Promotionsakt also soll kein Tadel gerichtet werden; um so härter aber trifft und um so schwerer verurteilt er dasjenige System, aus dem solche Vorgänge hervorgehen und hervorgehen müssen. Ich meine die sogenannte Promotion in absentia, die Erteilung des Doktorgrades an jeden, der eine von dem Einsender für die seinige erklärte und sachlich genügende wissenschaftliche Arbeit der Fakultät überschickt und die Gebühren bezahlt.“ Diese Art der Promotion war bis zu diesem Zeitpunkt die bei weitem häufigste, und so produzierte eine kleine Universität wie Jena, die nur wenige Hundert Studierende zählte, mehr als fünfzig Doktoren im Jahr.
Professionelle Ghostwriter? Keine neue Erfindung. Überforderte Prüfer, ein zum Fehlverhalten einladendes System? Auch schon dagewesen: „Jeder erfahrene akademische Lehrer wird es bestätigen, daß bei persönlicher Stellung zum Examen der eigentlich infame Mißbrauch der akademischen Graduierung nicht eintritt. Wo diese aber nicht gefordert wird, sind allerdings begreiflicherweise Fälle selten, wie der hier zur Sprache gebrachte und der vor einigen Jahren bei einer anderen nach demselben System promovierenden Fakultät vorgekommene, daß die von zwei Bewerbern mit der Versicherung sie selbständig verfaßt zu haben eingereichten Abhandlungen wörtlich gleich lauteten. Aber es ist notorisch, daß in zahlreichen Fällen der gleiche Betrug ungestraft geübt wird. Es bestehen gewerbmäßige Anstalten, welche dergleichen Abhandlungen den Benötigten beschaffen; wie denn in dem zuletzt genannten Fall das Mißgeschick dadurch herbeigeführt wurde, daß die beiden Doktoranden sich an dasselbe Geschäft gewandt und verschiedene Universitäten namhaft gemacht, dann aber der eine von ihnen ohne Wissen des Lieferanten der Abhandlung die Universität gewechselt hatte. Man wird ferner einräumen müssen, daß bei aller Verachtung, die solche Erschleichung verdient, doch die Anstalten, die also promovieren, an derselben mitschuldig, ja in gewissem Sinne mehr schuldig sind als die einzelnen Pseudodoktoren. Man erwäge doch, wie nahe jene Einrichtung denselben die Versuchung legt, wie leicht sich der einzelne, zumal der wenig Gebildete und der Ausländer, überredet mit einer solchen falschen Versicherung eine am Ende gleichgültige und keinem schädliche Handlung zu begehen. Ist der Spielhalter schlimmer oder der Spieler? der Verführer oder der Verführte? Und diese Verführer sind die höchstgestellten Lehrer der deutschen Jugend, die Vertreter unserer Universitäten, auf die Deutschland – darf man sagen stolz sein kann?“
Gewiß, dieser Frontalangriff auf „Doktorenfabriken“ und „Fälschungsgeschäft“ hatte eine klare Zielrichtung. Anders als im Fall zu Guttenberg ging es diesem Wissenschafts-Politiker nicht darum, einen (angeblich) existierenden Standard zu bewahren, er wollte die Universität im Gegenteil revolutionieren. Denn von ihrer langen Geschichte her war es keineswegs von Anfang an deren einziges und vornehmstes Ziel gewesen, neue, bessere Erkenntnis zu produzieren. Sie vergab vielmehr Titel und Prestige, vermittelte Wissen, mit dem sich Herrschaft begründen und rationalisieren ließ. Sie war eingebunden in den monarchischen Fürstenstaat und eine ständisch gegliederte Gesellschaft. Ihre Professoren waren meist schlecht bezahlt und angewiesen auf zusätzliche Einnahmen; die besten Denker wirkten oftmals gar nicht an Universitäten. Die Attacke in den meinungbildenden Preußischen Jahrbüchern muß als Teil einer großen Umwälzung gesehen werden, hin zu einer professionalisierten, autonomen, nur der Vermehrung von Erkenntnis verpflichteten und strengste Maßstäbe anlegenden Universität als Stätte von Forschung, die ihr Ziel in sich selbst hat. „Die Wissenschaft hat ja auch keinen Zweck, wenigstens nicht was die praktischen Leute so nennen.“ Die mündliche Prüfung des angehenden Doktors sollte in diesem Sinne die (erste) Krönung des gemeinsamen Forschens und Lernens sein – selbstverständlich unter Führung Preußens, denn es habe „auch hier, wie in so vielen anderen Dingen, der preußische Staat sich dadurch zu seiner heutigen Stellung legitimiert, daß er in seinem Bereich dieses Unwesen nicht geduldet hat“ – ein Hoheslied auf „unsere alten ehrenhaften Beamten“, die „solchem Betrug steuerten, wo sie es konnten“.
Für den Autor besteht kein Zweifel, „daß die Regierung, die dergleichen duldet, weit schwerere Mitschuld trägt als der einzelne Universitätslehrer, der, wenn er das Sündengeld einsteckt, zwar nicht mit Recht, aber doch mit einem gewissen Schein sich vorredet, daß er ja für die Einrichtung nicht könne“. Sündengeld – wunderbar. Heutzutage hat im Zeichen der sog. Leistungsorientierten Mittelverteilung übrigens auch die schiere Zahl der vollzogenen Promotionen einen Einfluß darauf, wie viel Geld eine Universität oder Fakultät vom Land zugewiesen erhält. Institutionelle Vorgaben induzieren Verhalten nicht direkt, aber sie beeinflussen es bisweilen, auf die eine oder andere Weise. Und die neuen Doktorfabriken gibt es längst.
Was hat das alles mit der Antike zu tun? Nun, durch den Autor des Artikels.
Theodor Mommsen, Die deutschen Pseudodoktoren, Pr. Jbb. 37, 1876, 17-22, wieder in: Reden und Aufsätze, Berlin 1905, 402-409.
Jetz ist der Moment gekommen,...
Jetz ist der Moment gekommen, wo ich meine Rezension zu Frank Kolbs „Tatort Troia“ in Ihren Blog pasten kann – auch dort geht es um Verfälschungen. Frank Kolb beklagt auch, dass die Doktorarbeiten, die im Rahmen des Troja-Projektes geschrieben wurden, bis heute nicht veröffentlich seien – in seinen Augen ein Skandal.
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Meine Rezension:
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Troja als Trojanisches Pferd der Türkei zum EU-Beitritt
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Dieses Buch ist ein absolutes must-read für jeden historisch Interessierten. Frank Kolb entlarvt einen hochexplosiven Cocktail aus politischen und wirtschaftlichen Interessen, Verbiegungen und Fälschungen von Grabungsergebnissen und deren Deutung, bis hin zur Bedienung von Zeitgeist und Wunschdenkens des Publikums.
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Grundlage:
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Wer verstehen will, was bei der Troja-Grabung schiefgelaufen ist, muss sich zunächst etwas mit der türkischen Staatsideologie vertraut machen: Atatürk schuf gewissermaßen eine Neugründung des osmanischen Vielvölkerstaates im Kleinformat, nämlich beschränkt auf die anatolische Halbinsel. Gemäß der neuen Ideologie des „Anatolismus“ gäbe es von Urzeiten an eine gemeinsame „anatolische“ Identität aller Völker auf türkischem Staatsgebiet. Auf diese Weise vereinnahmt die Türkei kulturell alles für sich, was auf ihrem Staatsgebiet jemals geschah: Die neolithische Agrarrevolution in der Jungsteinzeit, das Hethiterreich, aber auch die ionischen Naturphilosophen, Herodot von Halikarnassos oder Homer und eben Troja. Indem man Homer nicht zuerst als griechisch sondern als „anatolisch“ definiert, kommt man zu der (selbst dann noch ziemlich kurzschlüssigen) Behauptung, dass die griechische Kultur ihre Blüte allein der anatolischen Kultur verdanke. Kurz: Man beansprucht nichts weniger als die Wiege der Menschheitskultur, der Zivilisation schlechthin zu sein.
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Gemäß der türkischen Staatsideologie steht die „Zivilisation“ über den einzelnen „Kulturen“, die gleichberechtigt nebeneinander leben würden. Diese scheinbare Selbstbescheidung der türkisch-islamischen Kultur als eine Kultur neben anderen im eigenen Land findet in der Realität natürlich nicht statt, wie das in allen Vielvölkerstaaten so üblich ist: So wie in der Sowjetunion unausgesprochen die russische Kultur die Leitkultur war und so wie in Jugoslawien Serbien den Ton angab, so ist in der Türkei natürlich eine massive türkisch-islamische Leitkultur am Werke. Der „Anatolismus“ ist nicht nur eine völlig ahistorische Konstruktion, sondern dient auch der Machtsicherung der türkisch-islamischen Leitkultur, die sich hinter einer offiziellen Ideologie von der Gleichberechtigung der Kulturen umso unhinterfragter ausleben kann, denn auf diese Weise muss man z.B. niemandem einen Minderheitenstatus einräumen. Der „Anatolismus“ existiert vor allem in den Köpfen von gebildeteren Türken, die breite Masse ist ohne ideologischen Umweg türkisch-nationalistisch orientiert.
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Was hat das alles mit Troja zu tun?
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Frank Kolb gibt uns die Antwort: Seit Manfred Korfmann 1988 in Troja zu graben begann, wurde die historische Interpretation von Troja und Homer Schritt für Schritt im Sinne des „Anatolismus“ umgebogen. Homer sei ein Anatolier, dem sich die europäische Kultur verdanke. Überhaupt müsse man die Entstehung der westlichen Kultur endlich „von Osten her“ verstehen lernen. Um den Mythos von Troja am Leben zu erhalten, wurde die Siedlung am Hissarlik zu einer bedeutenden „anatolischen“ Handelsmetropole hochgejubelt.
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Der Sinn hinter all dem ist klar: Hier wollte sich die Türkei in ihrer Staatsideologie selbst bestätigt sehen und sich kulturell als ein Staat etablieren, der zur europäischen Kultur dazu gehört, ja mehr noch, der die Wiege der europäischen Kultur sei! Assistiert wurde Korfmann bei seinen Deutungen von dem Gräzisten Joachim Latacz, dessen Buch „Troia und Homer“ mit einer ganzen Reihe unhaltbarer Thesen zum Bestseller wurde.
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Einflussnahme aus Politik und Wirtschaft:
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Laut Frank Kolb fanden die Ausgrabungen von Korfmann unter einem massiven politischen und ökonomischen Erwartungsdruck statt, und es sieht ganz so aus, als ob Korfmann das lieferte, was man von ihm erwartete. Dafür wurde Korfmann mit der türkischen Staatsbürgerschaft geehrt und bekam als zusätzlichen Vornamen den Namen „Osman“ verliehen. Deutsche Politiker mit Türkei-Ambitionen hofierten das SPD-Mitglied Manfred Osman Korfmann. Korfmann meinte, der Islam sei „nichts anderes als eine Reformation des Christentums.“ Auch „bezüglich der Blutcharakteristika“ (!) unterschieden sich die „heutigen Bewohner Anatoliens von den Europäern in Nichts“, meinte Korfmann, und lobte die „Bindungen an den Boden und seine Vergangenheit“ in der türkischen Kulturpolitik. Anstelle von Fachvorträgen habe Korfmann auch schon einmal längere Plädoyers für den EU-Beitritt der Türkei gehalten.
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Hauptfinancier der Ausgrabungen Korfmanns sei die DaimlerChrysler AG gewesen, die einerseits in der Türkei ökonomisch sehr engagiert ist, andererseits mit Edzard Reuter einen Vorstandsvorsitzenden hatte, der über seine Familiengeschichte eng mit der Türkei verbunden war. Der Konzernsprecher sagte laut Kolb: „Wie er (Korfmann) es versteht, die Geschichte Troias immer wieder auch als ‚anatolische‘ Geschichte zu erzählen, fällt auch auf den Sponsor DaimlerChrysler … ein Gewinn an Glaubwürdigkeit, der angesichts des wirtschaftlichen Engagements des Konzerns in der Türkei, aber auch angesichts von drei Millionen in Deutschland lebenden Türken gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.“ Und: „Das homerische Troia ist für viele auch der erste Ort, der Ort nämlich, von dem aus man das Abendland, seine Literatur, seine Kultur, ja seinen Geist verstehen muss“. An Heinrich Schliemann habe der Konzernsprecher gelobt, dass dieser „möglicherweise angebrachte methodische oder wissenschaftliche Hinterfragungen hinter die Public-Relation-Notwendigkeit zurückstellte“, und: „Die Erfolgskontrolle des Sponsoring … ist die Medienresonanz.“
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Die unerwünschte Kritik:
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Es ist klar, dass wissenschaftliche Kritiker, die das politisch erwünschte Traumbild angreifen, auf massiven Widerstand stoßen. Der Hügel von Hissarlik war nachweislich keine große Handelsmetropole und lag auch nicht an großen Handelsrouten. Es war vielmehr, so Kolb, eine erstaunlich unbedeutende „Burgsiedlung“. Das Projekt von Korfmann hat, so zeigt es Kolb, Grabungsergebnisse überinterpretiert und teilweise auch verfälscht.
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Es ist überhaupt sehr zweifelhaft, ob der Trojanische Krieg um diesen Hügel geführt wurde, und nicht erst in mythischer Rückschau von einem Ort in Griechenland aus einer ferneren Vergangenheit an diesen erst später von Griechen besiedelten Ort transferiert wurde, wie es die historisch-kritische Textkritik glaubwürdig herausgearbeitet hat. Auch sind die östlichen Einflüsse bei Homer in der Wissenschaft schon längst bekannt, sie dürfen jedoch auch nicht übertrieben werden. Eine Einordnung von Troja und Homer als „anatolisch“ ist wissenschaftlicher Unsinn wie das ganze Konzept des „Anatolismus“. Frank Kolb kann das alles sehr überzeugend darlegen und belegen. Sein Buch ist auch fachlich äußerst lesenswert, es ist keineswegs nur eine wissenschaftspolitische Polemik. Zahlreiche Fußnoten lassen keine Wünsche nach Belegen und Literatur offen.
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Politischer Gegenwind:
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Latacz schrieb zu dieser Kritik: „Ankara … ist, wie ich höre, über diesen unnützerweise vom Zaun gebrochenen Streit nicht erfreut. Es wäre nicht gut, wenn wir in politische Verwicklungen geraten würden mit der Türkei.“ Die türkische Altertumsbehörde bezeichnete die Kritik von Frank Kolb als Beleidigung des türkischen Staates. Ein Museumsdirektor, der Kritiker zu einer Podiumsdiskussion einlud, sei von Bundestagsabgeordneten damit bedroht worden, seinen Posten zu verlieren, sollte der die Einladung nicht rückgängig machen.
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Bei der FAZ wurde die Kritik laut Frank Kolb zunächst abgewimmelt, u.a. von Patrick Bahners. Patrick Bahners schrieb damals an Kolb: „Ihre Vorwürfe … sind so abwegig, dass die Leser an unserem Vertrauen in die eigene Berichterstattung zweifeln müssen, würden wir solche Gegenreden publizieren.“ In dem Artikel „Warum Däniken?“ in der FAZ vom 11.10.2001 polemisierte Patrick Bahners dann gegen die Kritiker. Es handelt sich um denselben Patrick Bahners, der später Chef des FAZ-Feuilleton wurde und im Jahr 2011 mit dem unsäglichen Buch „Die Panikmacher“ an die Öffentlichkeit trat, in dem er berechtigte Islamkritik ganz im Sinne des türkischen Ministerpräsidenten Erdogans als intolerante Panikmache abqualifizierte.
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Zangger und Atlantis:
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Eberhard Zangger vermutete bereits vor Korfmann, dass es am Hügel von Hissarlik eine große Unterstadt gäbe, und verknüpfte diese Idee mit der These, dass mit Platons Atlantis das bronzezeitliche Troja gemeint gewesen sei. Mit beiden Ideen lag Zangger falsch, doch griff Korfmann die irrige Idee von der Unterstadt später auf, ohne Zangger als Quelle anzugeben, so Kolb. Vielmehr war Zangger mit dem Vorwurf abgetan worden, er sei ein „Däniken“. Aber die Idee mit Atlantis und die daraus entstehende Kritik von Zangger an Korfmann war ein erster und öffentlichkeitswirksamer Querschläger gegen Korfmanns Deutungshoheit, mit dem Korfmann so wohl nicht gerechnet hatte.
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Zanggers Atlantis-These ist zwar falsch, aber sie war fachlich eben doch viel zu gut und zu niveauvoll, so dass sie im Zusammenprall mit Korfmanns fragilen Thesen für ersten Zündstoff sorgte. Was Kolb so nicht darstellt, weil es nicht sein Thema ist: Die Zangger-Debatte hat auch eine enorme Bedeutung für die Atlantis-Forschung: Zangger hatte einen Maßstab für eine realistische Atlantisthese gesetzt, und damit einen wichtigen Beitrag geleistet, eine teils sehr pseudowissenschaftlich abgehandelte Fragestellung wieder ein gutes Stück näher an die Wissenschaft heranzuführen.
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Fazit:
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Frank Kolb hat ein ganz großes Lehrstück geschrieben über die Verfälschung von Wissenschaft unter dem Einfluss von politischen und ökonomischen Erwartungshaltungen, und wie schwierig es ist, sich bei Medien und Publikum Gehör zu verschaffen und wissenschaftlichen Standards zur Geltung zu verhelfen. Es ist ebenso ein Lehrstück darüber, welche Fehler man bei der Interpretation alter Texte im Lichte von Ausgrabungsfunden nicht machen sollte; der historische Kern alter Texte kann manchmal gefalteter und geschachtelter sein, als man meint. Ohne eine fundierte historisch-kritische Textinterpretation hilft einem keine Ausgrabung weiter. Konkret konnte man wieder einmal einiges darüber lernen, wie tief sich türkische Interessenpolitik in Politik, Wirtschaft und Kultur Deutschlands hineingefressen hat.