Die Lektüre der aktuellen Bilder und Zeiten Beilage ruft große Freude und eine kleine Enttäuschung hervor. Freude durch das große Interview mit Raimund Wünsche, bis vor kurzem Direktor der Staatlichen Antikensammlungen in München. Eine tour d’horizon durch das klassische Griechenland und seine Rezeption, mit vielen erhellenden Einsichten und gegenwartskritischen Sottisen („Nackt waren nur die jungen Leute beim Sport, und die haben danach ausgesehen. Beim Anblick der meisten, die sich heute im Münchener Englischen Garten entblößen, hätte es die Griechen gewürgt.“). Auf der Fragesteller zeigt sich ganz auf der Höhe: Daß Perikles (wahrscheinlich) im Jahr 434 (wahrscheinlich) ein Scherbengericht überstand, ist kein ganz gängiges Detail.
Kleine Enttäuschung: die Schmythologie, wie immer auf Seite 2 unten. Das Stichwort „kairophob“ – „Situationsangst empfindend“. Wie immer glänzend lapidar an Beispielen erklärt. Aber dann die Fußnote unter dem Strich: „von chairos„, „günstiger Zeitpunkt“. Im Blatt mit griechischen Lettern, was es nicht besser macht. Korrekt ist natürlich kairos. Nur zu gern hätte ich den Oberlehrer steckenlassen. Aber die Schmythologie trägt das Motto: „Wer kein Griechisch kann, kann gar nichts.“