Von Christoph Hein
Einmal mehr steht Singapur am Pranger als Fluchtort für Schwarzgeld. Der Stadtstaat lebt gut von seinen Banken. Aber er wehrt sich immer stärker gegen den Ruf, illegale Praktiken zu dulden.
Dass es erst den Ankauf einer CD gebraucht hätte, um zu erkennen, dass Geld aus der Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und ganz sicher auch von deutschen Konten nach Singapur fließt, darf getrost bezweifelt werden. Seit Jahren tingeln Privatbankiers durch Europa, und preisen die Vorteile des Anlagestandortes am Äquator. Aber nein, natürlich nicht, um dorthin Schwarzgeld zu transferieren. Legal soll es schon zugehen, wenn man sein Geld 13000 Kilometer entfernt unterbringt.
Das wünscht sich auch Singapur. Der Stadtstaat wird wählerisch. Immer lauter wehrt er sich gegen den Ruf als Geldwäschezentrum. „Illegale Gelder, die Schutz vor forschenden Blicken suchen, wollen wir hier nicht”, sagt Ravi Menon, Geschäftsführer der Singapurer Zentralbank. „Nur ein kompetenter, vertrauenswürdiger und sauberer Finanzplatz kann ein erfolgreicher Finanzplatz sein.” Ins selbe Horn stößt Singapurs Ministerpräsident Lee Hsien Loong: „Wir haben keinerlei Interesse, ein Geldwäschezentrum zu sein.”
Allerdings gab es dazu durchaus auch andere Ansichten. Vor ein paar Jahren musste der anerkannte Asienvolkswirt von Morgan Stanley, Andy Xie, sein Institut Hals über Kopf verlassen, nachdem er sagte, Singapur baue seinen Wohlstand auf der Geldwäsche der Indonesier auf. Auch ein europäischer Bankier sagt, natürlich kontrolliere man die Herkunft der Anlegergelder, aber alles sei eben nicht zu kontrollieren. Dann zuckt er die Schultern.
Auf der „grauen Liste”, auf der die OECD-Staaten jene Länder sammeln, die sich weigern, Daten über Kontoinhaber austauschen, steht das so ordentliche Singapur seit 2009 nicht mehr. Das Finanzministerium arbeitet an
einem Gesetz, das das Waschen von Geldern aus unversteuerten
Einkommen zur Straftat macht.
Trotz des Kursschwenks bietet die reiche Tropeninsel – gemessen an der Bevölkerung zählt das Eiland mit 188000 die meisten Millionärshaushalte der Welt – Anlegern viel: Ein bombensicheres Bankgeheimnis, einen Spitzensteuersatz von 20 Prozent aber keine Kapitalertragssteuer, einen stetig aufwertenden Singapore Dollar, eine Bewertung mit „Triple A” durch die Ratingagenturen, die außerhalb Europas sonst nur Kanada und Australien besitzen, einen heißen Immobilienmarkt, hervorragende Unis sowie eine gute Gesundheitsversorgung. Kein Wunder, dass immer mehr Superreiche den Weg auf das Atoll am Äquator finden. Gerade erst kaufte die reichste Australierin, Gina Rinehart, zwei Luxuswohnungen in Singapur für gut 43 Millionen Australische Dollar (37,4 Millionen Euro). Vor ihr zog Nathan Tinkler, der reichste Australier unter 40 Jahren, nach Singapur um. Neuseelands Milliardär Richard Chandler kam 2008, im Jahr zuvor siedelte sich Anlegerguru Jim Rogers in an, und rührt seitdem die Werbetrommel.
„Wir werben mit dem Gesamtpaket”, sagt ein Schweizer Bankier in Singapur. Dieses geschehe auch in Deutschland auf Anlegerseminaren, bei „exklusiven Events”, auf Nachfrage der Klienten. „Natürlich fliegen wir die dann auch mal hier herüber, immer mit Ehefrau. Sie sollen spüren, ob sie sich wohlfühlen.” Lange galt das Formel-1-Rennen, gefördert von der Schweizer UBS, als beste Möglichkeit, Anlegern Singapur schmackhaft zu machen.
Mit ihren Anstrengungen stoßen die Bankiers auf offene Ohren. „Setzen sich die Wachstumsraten der Vergangenheit fort, werden Hongkong und Singapur am Volumen gemessen gemeinsam die Schweiz als Offshore-Bankenzentrum in 15 bis 20 Jahren überholen”, schätzen die Berater von Boston Consulting. Im vergangenen Jahr hätten auf Schweizer Konten rund 2,1 Billionen Dollar ausländischer Anleger gelegen, in Hongkong und Singapur seien es summiert rund eine Billion gewesen. Die Bank Julius Bär erklärte jüngst, 15 Prozent der von ihr verwalteten Vermögen, rund 33 Milliarden Euro, lägen in Asien. Die Spitze in Asien nehme UBS mit gut 180 Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen ein, heißt es. Schätzungen nach werden in Singapur deutlich mehr als eine halbe Billion Dollar private Anlegergelder verwaltet, der jährliche Zuwachs wird auf gut 20 Prozent geschätzt. Dabei sind nicht die Europäer, sondern die Asiaten die wichtigsten Kunden der Privatbankiers in Singapur. „Nur rund ein Zehntel der Vermögen in der Stadt stammt aus Europa und Nordamerika”, schätzt Boston Consulting.
Die Schweizer Banken – von UBS über Julius Bär bis zu Credit Suisse – sind in Singapur extrem gut vernetzt. Die Staatsfonds Temasek Holdings und Government of Singapore Investment Corp haben sich an UBS und Credit Suisse beteiligt, Spitzenbanker wechseln von den Schweizern zu den Staatsfonds. Allerdings stöhnen die Banken unter einem Luxusproblem: Sie bekommen nicht genug Berater für ihre Privatkunden. Nicht nur die Universitäten helfen deshalb mit eigenen Studiengängen, sondern UBS hat eine eigene Akademie, den edlen Wealth Management Campus im Stadtstaat errichtet.
In der Tat wusste man lange...
In der Tat wusste man lange vor den Steuer-CDs davon. Aber es lässt sich damit jetzt natürlich hervorragen Stimmung machen:
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“Die Schweizer Banken – von UBS über Julius Bär bis zu Credit Suisse – sind in Singapur extrem gut vernetzt” stellt es so dar, wie wenn es nur die Schweizer Banken wären. Nur ein lächerlich tendenziöser Artikel macht sowas!