Diese Gleichung hat manchen reich gemacht: Solange China wächst, braucht es Stahl, damit Erz und Kohle, und somit steigen die Rohstoffpreise. Nun aber schwächt sich die Konjunktur in China ab. Und die Bergwerkskonzerne streichen ihre Ausbaupläne zusammen. Damit steht ein wichtiger Konjunkturindikator auf Dunkel-Gelb.
Von Christoph Hein
Eine ganze Generation kennt nichts anderes als Wachstum: Seit 21 Jahren legt Australiens Wirtschaftsleistung von Jahr zu Jahr zu. Auch im zweiten Quartal wuchs der Fünfte Kontinent mit 3,8 Prozent im Jahresvergleich schneller als jede andere westliche Industrienation. Nun aber beginnt es die ersten zu frösteln, Zweifel halten Einzug: Denn das Rückgrat des australischen Exports, die Bergwerkskonzerne, treten auf die Bremse.
Seit Juli ist der Preis für Eisenerz um gut ein Drittel gefallen. Die Margen der Rohstoffriesen schmelzen. Dies in Zeiten, wo das Fördern von Erz und Kohle nicht nur durch wachsende Umweltauflagen immer teurer wird. Auch die Löhne haben massiv zugelegt. Lastwagenfahrer im australischen Outback erhalten sechsstellige Jahresgehälter, Schlosser oder Ingenieure müssen als „Fifo” (fly-in, fly-out) für die Zehn-Tages-Schicht aus tausenden von Kilometern entfernten Metropolen in die Minen im Nordwesten des riesigen Landes geflogen werden.
Das ging solange gut, wie Nordasien den Australiern deren Rohstoffe aus den Händen riss. Aufgrund des schmelzenden Wachstums Chinas, des Weltmarktführers in der Stahlproduktion, ändert sich dies aber gerade. „Wir stecken in einem ziemlich harten Prozess langfristig sinkender Preise”, sagt Marius Kloppers, der nach einigen Fehlgriffen umstrittene Vorstandsvorsitzende von Weltmarktführer BHP Billiton. Der Preis für Eisenerz befindet sich seit zwei Monaten im freien Fall. Derzeit kostet die Tonne noch rund 88 Dollar, soviel wie zuletzt im schwierigen November 2009. Die australische Fortescue Metals Group etwa brauche aber einen Eisenerzpreis oberhalb von 115 Dollar je Tonne, um ihre Schulden zu begleichen, rechnen Analysten vor. Zwischen Januar und Juli legte die Stahlproduktion in China nur noch um 2,1 Prozent auf 420 Millionen Tonnen zu, in der Vergleichsperiode vergangenen Jahres wuchs sie noch um gut 10 Prozent. Kloppers Worte spiegeln sich in denen von Zhang Dianbo, dem Einkaufsvorstand von Baosteel, Chinas größtem börsennotierten Stahlkonzern und wichtigstem Kunden Kloppers: „Mit der Verlangsamung von Industrialisierung, Verstädterung und Ausbau der Infrastruktur fällt auch Chinas Nachfrage nach Stahl. Der Durchschnittsanstieg der Nachfrage sollte bis 2015 gut 4 Prozent betragen. Dahinter aber steht nun ein Fragezeichen.”
So halten neue Töne Einzug in der bislang vor Kraft strotzende Branche: BHP Billiton streicht nun sein Entwicklungsteam für das geplante größte Uran- und Kupferbergwerk der Welt zusammen, Olympic Dam im Norden Adelaides. Den Ausbau für 38 Milliarden Dollar wird es nicht geben. Andrew Cripps, der Bodenschatzminister des Kohle-Staates Queensland, erklärte 413 Stellen in seinem Ministerium abbauen zu wollen.
Die Vorsicht hält nicht nur in Australien Einzug: Brasiliens Bodenschatzkonzern Vale sagte, die „Goldenen Jahre” Chinas seien vorüber. Aluminiumkonzern Norsk Hydro will das Kostenschneiden beschleunigen und warnt vor schwachen Ergebnissen schon im dritten Quartal. Die Schmelzanlage Kuri Kuri mit 180000 Tonnen Jahresproduktion in Australien soll geschlossen werden. Der russische Bauxit- und Aluminum-Riese Rusal wolle eine Schmelze auf Jamaica schließen, erklärte der dortige Energieminister. Das Unternehmen selber kündigte an, die Produktion zu drosseln um die Preise zu stützen. Konkurrent Alcoa will den Ausstoß weltweit um 12 Prozent senken, denjenigen in der Atlantik-Region um weitere 5 Prozent. Weltmarktführer BHP Billiton schiebt 2011 angekündigte Investitionen in Höhe von 68 Milliarden Dollar über fünf Jahre nun auf unbestimmte Zeit auf. Fortescue streicht 1,6 Milliarden Dollar von geplanten Investitionen über 6,5 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Der Aktienkurs brach daraufhin am Mittwoch um 10 Prozent ein, die Ratingagenturen stuften Fortescue herab.
Angesichts der Vollbremsung verlangt das Volk nach Erklärungen. Die lieferten nacheinander erst der australische Schatzkanzler Wayne Swan, dann seine Chefin, Ministerpräsidentin Julia Gillard. „Das, was wir als Rohstoffboom bezeichnen, sollte als eine Serie von mehreren Booms verstanden werden – ein Boom bei den Preisen, einer bei den Investitionen und einer bei den Exporten. Der Preisboom hat seinen Höhepunkt überschritten, der Investitionsboom läuft aber noch weiter. Wenn er sich abschwächt, wird der Exportboom einsetzen.” Es bleibt zu hoffen, dass die Chinesen diese Einschätzung teilen.
Oh weh, was für ein Jammer....
Oh weh, was für ein Jammer. Die Preise für Rohstoffe fallen einmal. Was gibt es da für ein Theater, jeder Investor muss mit so etwas einmal rechnen. Auch bei Silber und Gold wird der Boom einmal aufhören. Spätestens mit der neuen Währung nach dem Euro. Aber die Preise erholen sich wieder, ob bei Gold ist fraglich, denn dies braucht man kaum in der Wirtschaft.
Aber das Fortescue Metals Group höhere Preise als 115 $ braucht um die Schulden zu bedienen, aber die Preise derzeit bei 88 $/t liegen, zeigt die Maßlosigkeit des Wachstums. Es wird sich Geld geliehen um schnellst möglich max. Umsatz und Profit zu machen. An ein stottern des System wird nicht gedacht, Solidität, hoher Eigenkapitalquote waren bisher unwichtig. Man schaue nach ThyssenKrupp, gut aufgestelltes Unternehmen, gute Dividende, aber in jeder kleinen Konjunkturdelle, bei jeder Fehlinvestition bekommt es Schwierigkeiten, eben wegen dem hohen Schuldenanteil. Ist aber bei den meisten DAX Konzernen ähnlich, international noch brutaler.
Hatten wir in mehreren Wirtschaftskrisen zuvor auch, hoffentlich bleiben uns die starken Auswirkungen vergangener Krisen erspart. Bei der dilettantischen deutschen Regierung, dem Bundestag, den Parteien und dem blauäugigen Wähler kann ich kaum daran glauben.
Naja, bei dem starken Wachstum...
Naja, bei dem starken Wachstum seit über 20 Jahren, sollten die Unternehmen sich aber auch mal langsam darauf eingestellt haben, dass es nicht immer weiter bergauf gehen kann. Jetzt heißt es solide wirtschaften und effektiver als der Wettbewerb arbeiten.