Immer mehr einstige Vorzeigeindustrien des ostasiatischen Landes kämpfen ums Überleben. Seit einiger Zeit greift ihnen der Staat mit Finanzhilfen unter die Arme.
Der Industriestandort Japan gerät unter Druck. Die Elektroindustrie, in der Sony, Sharp oder Panasonic einst weltweit den Ton angaben, kämpft um das Überleben unter verschärftem Wettbewerb. Rekordverluste, das einstmals dominierende Fernsehgeschäft an die südkoreanischen Wettbewerber wie Samsung verloren; das frisst am Selbstbewusstsein des Landes. Ähnlich sieht es in der Chipindustrie aus. Auch die wurde von japanischen Unternehmen bis in die 80er Jahre hin dominiert. Mit dem Fall der Mauer, mit der ungebremsten Globalisierung begann der Niedergang der Japan AG. Seit einiger Zeit versucht nun der Staat – ganz in der Tradition japanischer Industriepolitik – den Niedergang des Industriestandorts zu stoppen. Neueste Maßnahme ist jetzt, dass ein japanisches Firmenkonsortium unter Führung des staatlich unterstützten Investmentsfonds Innovation Network Corporation of Japan (INCJ) den finanziell angeschlagenen Chiphersteller Renesas Electronics retten will. Ziel der Rettungsaktion sei es, mit Renesas den letzten verbliebenen großen Chiphersteller in Japan zu erhalten und zu verhindern, dass das Unternehmen in die Hände des amerikanischen Finanzinvestors KKR fällt. Das Konsortium unter Führung des Staatsfonds plant nach Angaben japanischer Medien vom Wochenende, mit mehr als 100 Milliarden Yen (985 Millionen Euro) bei Renesas einzusteigen und die Mehrheit zu übernehmen. Zum Konsortium gehören unter anderem Unternehmen wie der Automobilkonzern Toyota und der Elektrokonzern Panasonic, für die Renesas ein wichtiger Zulieferer ist. INCJ versuche auch, den Autobauer Honda oder den Kamerakonzern Canon zum mitmachen zu bewegen. Auch Bosch aus Deutschland soll um eine Teilnahme gebeten worden sein.
Im kommenden Monat schon will der Staatsfonds den Hauptanteilseignern – Mitsubishi Electric, Hitachi und der NEC-Gruppe – sowie den Gläubigerbanken seine Pläne vorlegen. Spekuliert wird, dass die Investitionen bei Renesas sogar über 120 Billionen Yen liegen könnten. Japans Auto- und Elektrokonzerne zeigen sich besorgt darüber, dass sonst KKR zum Zuge kommen könnte. Denn Heuschrecken, das wusste schon der frühere deutsche Arbeitsminister Franz Müntefering, richten nur Böses an. Der amerikanische Finanzinvestor hatte im August ebenfalls 100 Billionen Yen für eine 50-Prozent-Beteiligung bei Renesas geboten hatte. Er wollte dafür aber auch Vorstand und Verwaltungsrat austauschen. KKR wolle Renesas „nur zerschlagen und Geld machen”, warnen jetzt japanische Manager ganz im Sinne Münteferings. „Sie machen sich keine Gedanken über die Zulieferkette.” Die japanischen Unternehmen, die sich jetzt möglicherweise an dem Konsortium beteiligen, befürchten, dass die harsche Restrukturierung, die KKR dem Unternehmen verordnen will, die Preise für die wichtigen daumennagelgroßen elektronischen Steuerbausteine erheblich in die Höhe treiben könnte. Renesas finanziellen Probleme rühren auch daher, dass das Unternehmen spezielle Sonderanfertigungen für seine Kunden vorhält – auch wenn das nicht immer wirtschaftlich ist. KKR schlug stattdessen vor, sich stärker auf Massenproduktion zu konzentrieren und so die Kosten zu senken. Mit einer Beteiligung an dem geplanten Konsortium trügen die Unternehmen dazu bei, einen ihrer wichtigen Zulieferer zu retten.
Japanische Unternehmen haben bis in die zweite Hälfte der 80er Jahre hinein 80 Prozent des Weltmarktes bedient; heute ist Renesas das letzte große japanische Unternehmen, dass diese für Autos und Elektrogeräte wichtigen Chips produziert. Auch deswegen bemüht sich die japanische Regierung über den Staatsfonds INCJ das Unternehmen zu retten. INCJ ist mit Renesas bereits seit Februar wegen anderer Projekte im Gespräch. Vor einem Jahr war der Fonds damit aufgefallen, dass Sony, Toshiba und Hitachi unter dem Dach von INCJ ein neues Unternehmen, Japan Display, gründeten und ihre Produktion von kleinen und mittelgroßen Flachbildschirmen unter das Dach des Staatsfonds retteten. Das neue Geschäft mit Renesas fügt sich in diese neue industriepolitische Ausrichtung Japans.
Weder INCJ noch KKR werden...
Weder INCJ noch KKR werden Summen in der Größenordnung von 100 Billionen (also hunderttausend Milliarden) Yen in die Hand nehmen können — denn das wären etwa eine Billion (also tausend Milliarden) Euro. US-englische “billions” sind eben keine Billionen, sondern nur Milliarden. Bei der ersten Zahl hat das auch noch geklappt mit der Übersetzung, bei der zweiten und dritten ging’s dann wohl etwas zu hastig zu. Qualitätsjournalismus at work.
"... Renesas finanziellen...
“… Renesas finanziellen Probleme rühren auch daher, dass das Unternehmen spezielle Sonderanfertigungen für seine Kunden vorhält – auch wenn das nicht immer wirtschaftlich ist.”
…was nicht gegen die individuelle Leistung spricht, sondern gegen die praktizierte Vermarktung:
https://www.servicereport.eu/2012/service-excellence-richtig-vermarkten-kundenzufriedenheit-und-kundenbegeisterung-sind-fakturier