Keine Krise in Ostasien: Die Ökonomen der Weltbank stellen der Region zum Jahresende ein gutes Zeugnis aus. China habe die Talsohle durchschritten, die Schwellenländer könnten auf die heimische Nachfrage bauen, und selbst ein Schock aus dem Westen sei abzuwettern.
Von Christoph Hein
Ein bißchen Frieden, eine gute Prise Entwarnung kurz vor Weihnachten: Die Ökonomen der Weltbank haben am Mittwoch einen äußerst positiven Ausblick auf die Lage in der Wachstumsregion Asien vorgelegt. China habe die Talsohle durchschritten. Die Entwicklungs- und Schwellenländer seien so gut aufgestellt, dass sie sogar „externe Schocks”, also weitere massive Probleme im Westen, gut abwettern könnten. Die Wachstumsraten blieben aufgrund des heimischen Konsums hoch. Und selbst die Lage in Europa sehe deutlich besser aus, als noch vor einem halben Jahr. Inzwischen kommen 40 Prozent des weltweiten Wachstums aus der Region Ostasien-Pazifik.
Wenn es dem Bericht der Weltbanker in Ostasien überhaupt Probleme gibt, dann durch Geldströme aufgrund der lockeren Geldpolitik im Westen. Sie könnten zu Blasen an den Kapital- und Immobilienmärkten Asiens führen und so die Asiaten zwingen, in die Wechselkurse einzugreifen. Zudem müsse die Region mit dem Risiko leben, dass sich die Ströme kurzfristig umkehrten und das Geld über Nacht abgezogen werde. „Angemessene Wechselkursarrangements und eine Entwicklung der Kapitalmärkte könnten ein Polster gegen unerwünschte Einflüsse von Kapitalströmen bieten”, sagte Bert Hofman in Singapur, der Chefvolkswirt der Weltbank für die Region. Allerdings betonte die Bank auch hier die positive Seite des Transfers gen Osten: der Löwenanteil der Gelder aus dem Westen fließe bislang in Form von Auslandsinvestitionen nach Asien und schaffe so dort Arbeitsplätze und erhöhe die Produktivität.
Die Wachstumsrate in Ostasien und dem Pazifikraum werde von 5,8 Prozent in diesem auf 6,6 Prozent im nächsten und übernächsten Jahr anziehen. Der Zuwachs liegt einen halben Prozentpunkt unter der Vorhersage aus dem Mai, aber oberhalb der Vorhersage der Bank aus dem Oktober. Die Entwicklungsländer Ostasiens dürften in diesem Jahr um 7,5 Prozent, 2013 um 7,9 und 2014 um 7,6 Prozent wachsen. Getrieben wird dieses Wachstum weiterhin von einer stabilen Entwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, in China: Dort sehen die Weltbanker eine Wachstumsrate von 7,9 Prozent in diesem Jahr, 8,4 Prozent 2013 und 8 Prozent im Jahr 2014 vorher. „Die Abschwächung in China scheint die Talsohle erreicht zu haben”, heißt es im Bericht der Weltbanker. Für Burma (Myanmar), das sich von kritischen Blicken der Investoren begleitet rasch öffnet, rechnet die Weltbank mit einer Wachstumsrate von 6,5 Prozent im nächsten Jahr. Diese Prognosen zählen zu den ersten, die überhaupt für die Entwicklung des von der Militärjunta abgewirtschafteten Landes vorgelegt werden. „Sogar außerhalb Chinas treibt die heimische Nachfrage das Wachstum, etwa in Indonesien, Malaysia oder auf den Philippinen”, sagt Hofman. „Deshalb bleiben die Wachstumsraten dort weiterhin recht stark.” Er verwies auch auf das rasche Wachstum der Dienstleistungsindustrie in den genannten Ländern und Vietnam, das ein Beleg für langfristig steigende Einkommen dort sei. „Die meisten Länder der Region haben ihre starken makroökonomischen Fundamentaldaten erhalten und sollten in der Lage sein, Schocks von außen zu widerstehen”, sagte Hofman.