Auch ein Jahr später ist die Zahl noch erschütternd: 2300 Humvees habe die irakische Armee bei der Einnahme Mossuls im Juni 2014 verloren, sagte Iraks Regierungschef Haider al Abadi am Wochenende. Die Einheiten des „Islamischen Staats“ (IS) nutzen die amerikanischen Militärfahrzeuge bis heute, um gegnerische Stellungen anzugreifen, indem sie die Wagen bis oben hin mit Sprengstoff füllen. Aber auch der finanzielle Verlust ist gewaltig: Zwar variieren die Preise für Humvees je nach Ausstattung und Bewaffnung, aber allein im vergangenen Jahr verkaufte die amerikanische Armee eine Lieferung von tausend Fahrzeugen für 579 Millionen Dollar an den Irak.
Das Eingeständnis Abadis kommt zu einem Zeitpunkt, wo ein Sieg gegen die sunnitischen Dschihadisten weit entfernt scheint. In Mossul ohnehin – die für dieses Frühjahr geplante Offensive wurde nach der Rückeroberung Tikrits mangels einer schlagkräftigen Verbindung kurzerhand abgeblasen. Aber auch in Anbar, wo der IS so fest im Sattel sitzt wie seit Anfang 2014 nicht mehr, als er Falludscha eroberte. Jetzt ist auch die Provinzhauptstadt Ramadi in ihren Händen.
Mangels anderer Alternativen wehren sich die Vereinigten Staaten nun offenbar nicht mehr gegen die Teilnahme schiitischer Milizen an der Rückeroberung Ramadis. Dass sie mit Angriffen aus der Luft allein die Männer Abu Bakr al Bagdadis nicht zurückschlagen können, ist ihnen bewusst. Da wird nun eben fragwürdigen paramilitärischen Einheiten das Feld überlassen, die ausgerechnet von Iran ausgebildet und finanziert werden.
In Syrien hat der mangelnde Wille, die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) effektiv militärisch auszustatten, ebenfalls zu seltsamen Entwicklungen geführt: Vier Jahre nach Beginn des Aufstands gegen Baschar al Assad mausert sich dort die Nusra-Front neben dem IS zur wichtigsten Miliz im islamistischen Anti-Assad-Lager. Der syrische Ableger Al Qaidas, der sich 2014 heftige Kämpfe mit dem IS lieferte, ehe die beiden Dschihadistengruppen getrennte Wege einschlugen, wird von Qatar, Saudi-Arabien und der Türkei gerade als Alternative zur FSA aufgebaut, um Verhandlungen mit dem Regime zu führen.
Die Beteuerungen Nusra-Front-Chefs Muhammad al Golani, nicht über die Köpfe anderer Oppositionsgruppen hinweg eine islamische Gesellschaftsordnung einzuführen, sollte Assad eines Tages wirklich gestürzt werden, sind allerdings zweifelhaft. Hunderte Zivilisten sind in ihrem Herrschaftsbereich getötet worden, und auch der wichtigste syrische Verbündete des syrischen Al-Qaida-Ablegers, Ahrar al Sham, ist für sein brutales Vorgehen gegen Kritiker bekannt. Der von den autoritären Golf-Staaten eingeleitete Strategiewechsel dürfte deshalb mittelfristig eher zur Stärkung religiöser Herrschaftsstrukturen führen als zu deren Schwächung. Auch der bewaffnete Arm des vom Westen anerkannten Exiloppositionsbündnisses, die Freie Syrische Armee (FSA), würde weiter an Einfluss verlieren.