Endlich, endlich gibt’s ein neues Thema auf Empfängen und Festen. Die Finanzkrise ist durch als Smalltalk-Plausch, der nahende Aufschwung auch. Der Jahreszeit gemäß, reden jetzt alle übers Fasten! Der Verzicht auf Alkohol, Fett, Kohlenhydrate und Süßes gehört längst zum guten Ton unter Managern. Wann laufen Sie den nächsten Marathon?
Karge Schrotkur und Heilfasten am Wolfgangsee, das war einmal. Heute geht man die Sache livestylig an: Man legt sich einen Diät- oder Fatburn-Coach zu, power-fastet auf La Palma oder Sylt, lässt sich sündteures Wasser aus Norwegen kommen (Madonnas Hausmarke, die auch radioaktiven Müll aus dem Körper schwemmt) und schwört auf Detoxing oder Volumetrics, auf Glyx-Diät, Atkins, exotische Ayurweda-Kräuter oder Pharo-Hypnose. Hauptsache mit Wohlfühleffekt!
Natürlich gehen wir alle weiterhin viel essen (die Gastronomie hat’s schwer genug). Geschäftsessen laufen eh unter „lean cuisine“. Neulich saßen wir in einem Großkonzern zusammen bei einer Messerspitze Fenchel-Gnocchi mit Safranwolke, einem Hauch Seeteufel auf Pinienspinat mit Tomatenschaum und einem Teelöffel Himbeersorbet mit Eisenkraut-Krokant. Ganz große Küche, ganz leicht, ehrlich. Nur war ich hinterher hungrig und habe an der Minibar gesündigt. Verdammt.
Um Body-Index-mäßig doch noch mitzuhalten, mache ich HwdP: „Hungern wie die Profis“. Denn jetzt beginnt die Modenschau-Saison – Berlin habe ich gerade verpasst, aber Paris, Mailand, New York, London kommen erst. Da hungern die Mädels sich aufs Kampfgewicht runter, Kilo um Kilo, von Schau zu Schau, bis einige von ihnen ganz verschwinden. Das Gute an meiner Diät: Beim Anblick der Hungerhaken vergeht mir der Appetit ganz von selbst.
<p>Wie zarter Neuschnee im...
Wie zarter Neuschnee im Dezember fallen die Schnittlauchhülsen auf den Schaumspiegel der Sauce auf Bettina Weigunys Teller. Großkonzern oder nicht, is eh wurscht, wenn man einen scharfen kritischen Artikel über „livestylige“ Ernährungsideen schreibt. Wie schläfrige Welpen legen sich die Monstrasitäten der modernen Anpassungsgesellschaft in ihrem Magen nieder, bis Bettina Weiguny sich dazu entschließ, ihren Blog-Eintrag auf der FAZ-Seite zu posten. Und der ist dann ein echter Informations-Coup und packt den Leser am Kragen, schüttelt den Leser durch. Ich trinke einen Kaffee auf Sie, was anderes gibt es bei uns im Büro nicht.