Balance-Akt

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Spielt sich die Wirtschaft nur in den Chefetagen ab? Nein, nein!

Mein schöner Tag

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Mein Mann malträtiert mich. Seit zehn Jahren sind wir nun verheiratet, glücklich sogar. Nur haben wir drei Kinder, zwei Jobs und ein Problem: Er ist besessen...

Mein Mann malträtiert mich. Seit zehn Jahren sind wir nun verheiratet, glücklich sogar. Nur haben wir drei Kinder, zwei Jobs und ein Problem: Er ist besessen von der Idee, ich könne mir einen schönen Tag machen.

Die Furcht sitzt tief. Sobald er nicht bis ins Detail hinein über meinen Tagesablauf informiert ist, wähnt er mich bei einem Ayurveda-Wellness-Treatment, in einer Schoko-Wannenkur oder gar beim Gesichtspeeling. Er argwöhnt, ich könne mit anderen arbeitsunwilligen Müttern heimlich Champagner schlürfen, Sushi-Häppchen rollen und über Männer lästern. Oder er wähnt mich, noch schlimmer, bei der Buchung eines Selbstdarstellungs-Workshop. Und das, obwohl das Action Painting-Seminar im Altmühltal Jahre zurückliegt, genau wie die Tanztage mit Dimitri.

Um meinen Mann zu verwirren, schalte ich das Handy gelegentlich einfach aus oder gehe nicht dran. Das kommt einer Kriegserklärung gleich, denn für ihn beweist das: Seine Frau gönnt sich einen Mittagsschlaf, sie stählt ihre Bauchmuskeln oder schlendert mit den Kindern gemütlich durch die Botticelli-Ausstellung. Dass ich Schreiben könnte, der Gedanke käme ihm nie. Und selbst wenn: Schreiben ist aus seiner Sicht nur Hobby, zumindest bei mir.

Ich gestehe, in manchen Momenten habe ich über eine Therapie nachgedacht. Aber kürzlich kam mir eine bessere Idee. Ich bin für drei Tage auf einen Termin nach Berlin gefahren. Und er musste den Alltag mit unseren drei Kindern übernehmen. Unter anderem einen Geburtstag in einem Indoor-Spielplatz – an einem schneeverhangenen Nachmittag. „Du Arme,“ stöhnte er nur. Der Neid auf meine schönen Tage ist seither wie weggeblasen.


1 Lesermeinung

  1. geldim.org sagt:

    Im Stress des Alltags hat Ihr...
    Im Stress des Alltags hat Ihr Blog so etwas Erfrischendes, Aufbauendes an sich. Er ist wie Seelenmassage mit Lacheffekt in einer beauty-farm.
    Übrigens, ein gelegentlich heimliches Champagner-Frühstück mit Freundinnen und dabei ab und zu über Männer lästern, während der Mann die Kinder versorgen darf, ist auch schon die reinste Ayurveda-Kur.
    Beste Grüße
    Maria

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