Balance-Akt

Balance-Akt

Spielt sich die Wirtschaft nur in den Chefetagen ab? Nein, nein!

Im Café mit George Clooney

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Ich habe George Clooney gesehen. Nein, nicht im Kino, in echt - zumindest fast. Eine Freundin hat mich mitgeschleppt in die High-Potential-Lounge ihres...

Ich habe George Clooney gesehen. Nein, nicht im Kino, in echt – zumindest fast. Eine Freundin hat mich mitgeschleppt in die High-Potential-Lounge ihres Dax-Konzerns. Dort sitzt er an der Café-Theke, unser Wonneproppen. Schlank, graumeliert, gepflegter Drei-Tages-Bart. „Das ist unser Mann für die harten Fälle, der wirft jeden raus, den man los werden möchte“, flüstert Babette mir zu, „wie George Clooney in ‚Up in the air‘. Ist er nicht süß?“ Wohl wahr. Und durchaus charmant, wie sich herausstellt, als wir ins Gespräch kommen. Als „Global Change Manager“ stellt George Clooney sich mir vor. Vor ihm liegt ein obskures marxistisches Blatt auf dem Tresen, das mir gar nichts sagt. So was liest er immer, klärt Babette mich später auf. Die perfekte Tarnung.

Was genau er so macht, frage ich ihn. „Was man von mir erwartet: Ich ekle Leute raus“, entgegnet er. Derzeit schnüre er wieder „employee support packages“. „Supername für das Gnadenbrot beim Rauswurf“, sagt Babette spöttisch. Er nickt und mustert die Kollegin. Je schneller und geräuschloser die Kollegen verschwinden, desto mehr Boni für ihn. Ein bisschen quälen, schikanieren, zermürben, alles nach einem von ihm entwickelten Baukasten-System, irgendwann geben selbst die Unkündbaren auf. Und als Zuckerl gibt’s dann ein Gespräch mit einem „career transition consultant“ auf Firmenkosten, eine Art Vorstufe von der Berufsberatung auf dem Arbeitsamt. Unser Revoluzzer grinst. So läuft das eben. „Und irgendwann schnüre ich mein eigenes Entlassungspaket“, sagt er und spült den Milchkaffee in einem großen Schluck hinunter. „Es sei denn, ich übertreffe meine Zielvorgaben.“


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