Ich bin Pionier einer neuen Arbeitskultur. Denn ich habe kein festes Büro, komme, wann ich will und gehe, ohne dass es jemand merkt. Ich schreibe nachts, im Garten oder der Kinderarzt-Praxis, wann immer ich Zeit finde. „Mobile Working“ nennen die Manager das heute: flexibel, effizient, ergebnisorientiert.
Einer, der meinen Arbeitsstil groß rausbringt, ist Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm. Der Personalchef von Deutschlands größtem Arbeitgeber entwirft neue „Arbeitswelten“, wagt den „Paradigmenwechsel“, wie er intern ankündigt. Der Vorstand hat das Projekt „Paradigm Shift – Siemens Office“ im Februar abgesegnet, ein „Leitfaden“ ist erstellt, jetzt folgt das weltweite Rollout. Federführend ist Siemens Real Estate, aber alle ziehen an einem Strang – Corporate Human Resources, Corporate Information Technology, Sektoren, Cross Sector Businesses, Cluster und Länder. Ganz großes Kino also.
Natürlich fallen der Bürorevolte auch „liebgewonnene Gewohnheiten“ zum Opfer. „Der feste Büroarbeitsplatz wird zum Auslaufmodell“, sagt Russwurm. Richtig so! Denn was finde ich, wenn ich den verwaisten Schreibtisch eines Kollegen übernehme? Obst- und Aspirindepots, Zahnbürsten, Bilder von Ehepartnern und Kindern oder andere Peinlichkeiten. Bei Siemens ist jeder Arbeitsplatz künftig clean, ein „Freiraum für Kreativität und Individualität“. Man wählt zwischen Projektarbeitsplätzen, Kreativräumen, ruhigen Bereichen für konzentriertes Arbeiten und verbringt mehr Zeit „bei den Partnern in der Wertschöpfung“. Wo immer die sich gerade herumtreiben. Alles maßgeschneidert, wie Russwurm verspricht. An die Stelle der Überwachung durch den Chef tritt die „Vertrauenskultur“. Stichwort ergebnisorientierte Mitarbeiterführung, individuelles Zeitmanagement, Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Familie. Balancemäßig ist an alles gedacht, kann ich nur sagen. Bravo!
Aber nicht jeder Hansel kann sich freuen! „Vertrauen ist keine Einbahnstraße“, warnt Russwurm. Das muss man sich erarbeiten. Wer seinen Schreibtisch verliert, der solle es „als Auszeichnung“ verstehen. So sehe ich das auch.
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Also für mich wäre diese ständige Mobilität Nichts, denn ich bin mir sicher, mir würde die Selbstdisziplin und Standhaftigkeit fehlen, um nicht ständig abgelenkt zu werden. Allerdings fände ich einen zeitweisen Ausbruch für sehr anregend. Einen Tag in der Woche – abgesehen vom Wochenende – schönes Wetter genießen und dabei ganz lässig und locker die Arbeit erledigen. Das wäre eine willkommene Abwechslung.