Tante Frieda hat ihren Lebensabend kalkuliert – und festgestellt: Die Freiheit liegt auf See. Der Kapitän auf dem Kreuzfahrtschiff verlangt weniger Geld von ihr als die Herrschaften vom Seniorenstift. Dort zahlt sie gut 3000 Euro im Monat, das schwimmende Altersheim komme sie günstiger; zumindest mit dem perfekten Timing, sagt Tante Frieda. Und ihre Nachbarin kennt eine, deren Freundin seit zwei Jahren schon auf hoher See ist und behauptet, das funktioniert tatsächlich.
Die Schiffe seien dermaßen billig heutzutage, ungeahnte Möglichkeiten tun sich da auf für eine rüstige 80-Jährige wie meine Tante, die schon in Afrika unterwegs war, als die Hippies noch das Einmaleins gelernt haben: Nil rauf und runter. Mal Aida, mal MSC oder Costa, ein paar Schleifen durchs Mittelmeer, bis es dort zu kalt wird, dann ab Richtung Südsee. Und dabei spart sie angeblich auch noch: 70 Euro pro Tag hat sie ausgerechnet, genug für die ein oder andere Exkursion, Trinkgelder und die unausweichlichen Transfers. Fünf Mahlzeiten am Tag (und zwar in der Regel Gourmet statt Großküche), eine Flasche Wein und das Bordorchester sind inklusive. Ebenso Pool, Fitness-Geräte, Shampoo, Handtücher und Erste Hilfe. Sogar für Dialyse-Stationen ist auf manchen Schiffen gesorgt.
Ins Stift kann sie immer noch ausweichen – als Bettlägerige dann, mit Pflegestufe drei. Denn Rund-um-die-Uhr-Betreuung, das bieten die Kähne noch nicht.