Was Führungskräfte sich heute alles gefallen lassen müssen! Economy-Flüge, Drei-Sterne-Absteigen, Dienstwagen ohne Ledersitze – es downgradet an allen Ecken und Enden. Und wir reden hier nicht über irgendwelche Mittelständler, sondern über Daimler, Siemens, SAP, die einen Reisebann ausgesprochen haben. Ja, sogar die Berater, McKinsey und Konsorten, sollen neuerdings Fahrgemeinschaften bilden und per Video konferieren. Dafür sitzen sie dann abends zuhause bei der Familie, und nicht in sündteuren Restaurants in London oder München.
Das zehrt am Selbstwertgefühl der Leistungsträger, ist doch klar. Da hilft es wenig, wenn die Konzernchefs die Magerkost als gesund preisen, als Aufbruch in eine neue Firmenkultur, als Beitrag zum Umweltschutz. Denn wie bitte fühlt es für den stolzen Daimler-Ingenieur an, wenn er in der Holzklasse nach Asien fliegen muss? Und wenn zu allem Überfluss die Hansel vom minderwertigen Zulieferer an ihm vorbei in die Business-Class marschieren? Mehr Demütigung geht nicht. Von den ungleichen Startbedingungen nach der Ankunft in China ganz zu schweigen. Die Economy-Tortur ließe sich allenfalls durch reichlich Aufputschmittel ausgleichen, was ja auch keine Lösung ist.
Nein, die Zeiten sind hart für die Schwaben unter dem Stern. Es brodelt, berichten unsere Freunde. Besonders unbeliebt sind derzeit Dienstreisen nach Ungarn, genauer gesagt nach Kecskemet, wo Dieter Zetsche ein neues Werk für die A- und B-Klasse hochziehen lässt. Dazu braucht es allerhand Verstärkung aus der Heimat, völlig klar. Die dorthin entsandten Monteure und Manager trifft nun die volle Wucht der aktuellen Reiserichtlinie: Heimflüge spendiert Daimler erst für Einsätze in mehr als 1000 Kilometer Entfernung – Luftlinie versteht sich! Von Sindelfingen nach Kecskemet aber sind es in der Luft exakt 886 Kilometer, also wird nicht gezahlt, auch wenn die Fahrt über Straßen und Feldwege die 1000er Marke überschreitet. Heimweh in der Puszta kann so grausam sein.