Nun weiß ich, wie es ist, wenn das Leben aus der Balance rutscht. Es gibt kein Halten mehr, alles versinkt im Chaos, privat und beruflich. Kürzlich haben wir Robert, einen ehemals vielversprechenden Freund aus Paris, wiedergetroffen. Als wir vor Jahren zuletzt Kontakt hatten, rauschte der Diplomat mit höheren Ambitionen ab in Richtung Hongkong, bestens präpariert: die Familie eingepackt, Vokabeln gepaukt, zwei Pflichtseminare überstanden (wie tickt der Asiate und wie überlebt die Ehe in der Fremde?).
Eine neue Heimat für die Katze war gefunden, schnell wurde noch eine Goodbye-Party gefeiert und weg waren sie. Aber in Hongkong kam Robert nicht klar – mit der Arbeit nicht, dem Chefbüro ohne Fenster, den Intrigen. Verrat witterte er an allen Fronten, hinter jedem Kollegen, jeder Email und auch daheim. Irgendwann konnte er keine U-Bahn mehr betreten ohne Panikattacke. Robert brach zusammen und flog zurück nach Deutschland zum Arzt. „Burn out“, lautete die Diagnose. In einer Privatklinik bauten sie ihn sechs Monate lang wieder auf. Der Alte ist er nicht mehr. Die Karriere ist vorbei, sagt er selbst. Die Ehe auch. Um die Kinder kämpft er. „Und um die Kunst, sich am Leben zu freuen.“