Von Managern lernen, heißt siegen lernen, sage ich immer: Wer Karriere machen will, sollte denjenigen nacheifern, die es geschafft haben. Deshalb „priorisiere“ ich neuerdings. Genau das nämlich machen die Herren der Wirtschaft. Die setzen keine Prioritäten mehr, jetzt wird priorisiert, was das Zeug hält; Aufgaben und Projekte werden priorisiert, Ziele, Vorstandsbereiche, ja, sogar Länder und Kontinente. Wow!
Mir kommt das Priorisieren ganz gelegen, ich beherrsche es deutlich besser als das Fokussieren. Gut, dass diese elende Mode nun abklingt! Seit Jogi Löw und seine Fußballer den Managern das Wort geklaut haben, setzt es jeder Depp ein. Immer und überall wird fokussiert. Dass dieser Vorgang den Führungskräften zu banal ist für die höheren Tätigkeiten des Geldverdienen, verstehe ich zu gut.
Ganz fokussiert auf eine Sache war ich sowieso nie, immer ist mir ein Teil der Aufgaben weggerutscht. Jetzt hat alles, was ich nicht schaffe oder nicht mag, einfach keine Priorität. Wenn ich Hannes nach dem Kinderturnen vergesse – gut, dann war das eben eine „C-Aufgabe“, Jules Flötenkonzert ging vor. Meine Zeit ist schließlich endlich, die Ressourcen beschränkt, wie in jedem Konzern.
Diese Kolumne ist wichtig, eine klassische A-Aufgabe, anders als die Reportage über die Mähdrescher-Prinzessin, auf die mein Chef seit langem wartet, oder der wöchentliche Anruf bei meinen Eltern. Wenn ich mich heute allerdings wieder nicht bei meiner Mutter melde, muss ich sie hochstufen, sonst gibt es Ärger. Das ist der Nachteil! Permanent wirbeln mir die Prioritäten durcheinander, egal, wie ich die Listen anlege. Heute sollte ich beispielsweise dringend klären, ob unser Auto vollkaskoversichert ist, gestern spielte das noch keine Rolle – da hatte es auch noch keine Beule. Und wann, bitte, ist der Haushalt so wichtig, dass ich aufräume? Wie lange können wir von dem leben, was in der Vorratskammer liegt? „Und wann“, fragt mein Mann, „priorisierst Du mich mal?