Balance-Akt

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Spielt sich die Wirtschaft nur in den Chefetagen ab? Nein, nein!

Mama Herzlos im Advent

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Der Advent ist eine tückische Zeit für den Familienfrieden. Bei uns gingen die Probleme los, als die Feuerwehr vor der Tür stand. Freundlich lächelnd bauten...

Der Advent ist eine tückische Zeit für den Familienfrieden. Bei uns gingen die Probleme los, als die Feuerwehr vor der Tür stand. Freundlich lächelnd bauten sie sich da auf, in voller Montur. Hannes‘ Augen leuchteten nur so vor Bewunderung. Für ihn standen da die Helden aus seinen Bilderbüchern. Ich dagegen sah nur die große rote Spendendose in ihrer Hand.

Und herzlos wie ich bin, schließe ich die Tür, ohne ihnen etwas zu geben. Unser Fünfjähriger war schwer entsetzt von seiner Mama. Heulend rannte er auf sein Zimmer. Den gleichen Eklat hatten wir schon, als die Polizei bei uns klingelte, um uns vor Einbrechern in der dunklen Jahreszeit zu warnen. Auch sie trugen Uniform, kamen zu dritt, zwei junge, schmucke Kerne und eine nette Kollegin. Die wollten gar kein Geld, doch das verstanden die Kleinen gar nicht. „Warum gibst Du denen kein Geld, Mama? Das ist doch die Polizei“, fragten sie mich wütend.

Vielleicht hätte ich ihnen das Geld aufdrängen sollen. Hätte ich unter anderen Umständen auch. Aber zuvor waren schon diverse Hilfsorganisationen da sowie der Taubstumme, dem wir ein Päckchen überteuerter Postkarten abgekauft haben. Und der alte Mann, der für missbrauchte Kinder sammelte. Da hatten die Kinder schon geschrien: „Wenn Du nichts gibst, holen wir unsere Spardose.“ Mein Mitgefühl hatte zudem eine Frau mit verletztem Igel aufgebraucht, um den wir uns kümmern sollten. Selbstverständlich hatten wir auch bei der Aktion „Weihnachten aus dem Schuhkarton“ mitgemacht ebenso wie beim Wichteln in allen Klassen und Vereinen. Irgendwann kommt dann der Punkt, da reicht es mir. Da werde ich wütend. Diesmal traf mein Zorn leider erst die Feuerwehr und dann, noch viel schlimmer, zwei unschuldige Ponys. Mit denen zog eine Zirkus-Fachkraft in unserem Städtchen von Haus zu Haus, um Futter für die Zotteltiere zu erbitten. „Die verhungern jetzt wegen Dir“, brüllte Hannes, als ich, über Tierquälerei und Spendenmafia zeternd, die Tür zuwarf. Er glaubt seither fest daran, dass der Weihnachtsmann mir in diesem Jahr nichts bringt.


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