Das hatten wir lange nicht mehr: Fünf Tage ohne Kinder. Zu Hause übernehmen die Großeltern, wir fahren nach Davos zum Weltwirtschaftsforum – Urlaub ist das nicht, aber Freiheit. Hart erkämpfte allerdings.
Kaum nämlich haben wir das Ziel erreicht, gehen die ersten Hilferufe ein – wir verstehen kein Wort bei dem Geschrei, zum Glück reißt die Verbindung ab. Während Englands Premier David Cameron auf großer Bühne die Kanzlerin attackiert, bombardieren die Kinder mich per Handy und Mail: Ninas Torwarthandschuhe sind verschwunden. Es soll zu Tritten und Kniffen gekommen sein. Ich stelle mich stumm.
Als Desmond Tutu die Welt auf Friede, Faith und Frauenpower einschwört, muss ich Oma nebenher den Weg zum Kinderarzt („Nichts Schlimmes!“) erklären, vorsichtshalber suche ich auch die nächste Zugverbindung raus. Für alle Fälle. Und warum taucht gerade jetzt ein feuchter Fleck in unserem Keller auf? Opa ist beunruhigt. Die Märkte auch. Warum verbarrikadiert sich Oma stundenlang im Gästezimmer, wie Jule berichtet? Woher stammt ihr blaues Auge? Ist sie wirklich einfach nur gefallen, ohne Fremdeinwirkung? Ob es anderen berufstätigen Eltern auch so geht? Meine Nerven sind am Ende, das Treffen der Wirtschaftsbosse zum Glück auch. Und dann, als wir nach fünf Tagen zurückkehren, schweigen alle zu Hause verschwörerisch. Alles bestens, Mama, war da was?