Martin Winterkorn müsste man jetzt sein. Was könnte man sich nicht alles leisten von dem Top-Salär des VW-Chefs? Ein Haus mit Personal, eine eigene Stiftung für das gute Gewissen und ein hübsches Plätzchen unter den Reichen der Republik wären einem sicher. Oder nicht? Ob 17 Millionen Euro (abzüglich Steuern) tatsächlich reichen, um einen Menschen reich zu machen, ist fraglich – und hängt schwer von der persönlichen Perspektive ab.
Denn wer ist eigentlich reich? Wer „zufrieden“ ist, wie Marcus Tullius Cicero es einst formulierte, oder „ohne Begierden“ (Seneca)? Wer seine Millionen nicht mehr zählen kann (Paul Getty) und sich keine Ratschläge von anderen mehr anhören muss (Aristoteles Onassis)? Oder wer über die Produktionsmittel verfügt, wie uns Karl Marx lehrte? Schwierig!
Für Sechsjährige ist die Antwort noch einfach. Als unser Pfarrer sie dazu kürzlich in der Kirche befragte, hieß es gleich: „Unser Nachbar, der hat drei Porsches.“ Oder: „Ich – ich habe mehr Geld im Sparschwein als meine Schwester“ und: „Mein Onkel, der ist Millionär.“ Der Geistliche hätte gerne ein paar wohltönendere Dinge gehört, im übertragenen Sinne: Reich ist, wer Freunde hat, wer Familie hat, wer geliebt wird. Die erhofften Antworten kamen auch, wenngleich recht fadenscheinig, von den älteren Kindern. Viertklässler wissen eben, was Erwachsene hören wollen. Als fiese Materialisten outen die sich nicht mehr. Hoffentlich macht Hannes diese Sozialisation auch noch mit. „Reich ist der Räuber Hotzenplotz“, sagt der. „Weil er so viel hat: Stiefel, Goldkisten, Messer und die Kaffeemühle von der Großmutter.“ Dass die Sachen allesamt geklaut sind, interessiert ihn überhaupt nicht. „Da hätten die anderen besser aufpassen müssen.“