Wo soll das nur hinführen, paffte mich kürzlich der Tischnachbar während eines Dinners an. „Mit diesen Bachelor-Bürschlein.“ Das Urteil über die Jungakademiker fällt eindeutig aus: „Luschen allesamt.“ Die älteren Herren gegenüber nicken beifällig und so redet man sich genüsslich in Rage: Wo soll der Aufschwung herkommen, das Wachstum? „Doch nicht von diesen Helden, die schon von der Feierabend-Limo träumen, bevor die Arbeit angefangen hat“, höhnt mein Nebenmann. Wo keiner mehr Chef werden will. Ach, diese Hänflinge, die Burnout haben noch ehe das erste Praktikum zu Ende ist.
Leistungsträger stellt er sich anders vor. Männer (von Frauen war gar nicht die Rede) seines Kalibers eben: Self-Made-Unternehmer, seit Jahrzehnten in vier Zeitzonen zu Hause, ein Haudegen, der Entschleunigung für eine Krankheit hält und Gender für ein asiatisches Gemüse. Der stramm auf die 75 zugeht, ohne je an den Ruhestand gedacht zu haben. Wie denn auch? Die Töchter züchten Pferde, der Versuch mit dem Sohn ist gescheitert, vor Jahren schon, „aber lassen wir das“.
Die Menschen zwischen 20 und 30, so hat er gelesen, hätten eine andere Werteskala: Sie träumen nicht vom Aufstieg, sondern von einer intakten Familie und Freunden. Sie glauben an die Liebe, den Klimawechsel und machen sich für Gorillas stark. „Nichts als Ansprüche“, zetert der Unternehmer. Polyglotte Polohemden-Würstchen seien das, fragen im Vorstellungsgespräch schon nach Betriebspsychologen, Elternzeit, Teilzeit-Modellen, Homeoffice, Betriebskita und Work-Life-Balance-Programmen. „Glauben Sie, ich würde heute 3000 Mitarbeiter beschäftigen, wenn ich Teambuilding-Kurse besucht hätte oder betriebliche Yoga-Stunden?“
Lieber Kalchas,
natürlich war...
Lieber Kalchas,
natürlich war meine Meinung – als Frau – bei dem Thema nicht wirklich gefragt. Der Tischnachbar war einer jener geselligen Alleinunterhalter, die die Denkanstöße anderer nicht wirklich benötigten… Allerdings hat er eingeräumt, dass vielleicht doch nicht alles Luschen seien – ein paar Haudegen gibt es immer in jeder Generation. Am Ende des Abends waren alle mit sich und ihrem Leben versöhnt, würde ich sagen.
<p>Deja vu? A familiar...
Deja vu? A familiar complaint?
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Schoener Kommentar werte Bettina Weiguny. Hat mir gefallen.
Vieles davon hoeren wir schon seit einiger Zeit und kommt einem sehr bekannt vor.
Hatten wir sowas nicht auch schon in frueheren Generationen? Nur die Details haben sich geaendert. Anstelle von Kruger Rands und Gold Bullion zu sammeln, verkaufen wir jetzt Aktien in Gold Minen, die noch unsichtbar im Kanadischen Bush vergraben sind….und von bissigen Mosquitoes bewacht werden.
Mir klingt es jetzt noch in den Ohren als der oder jene Verwandte sagte jedem der es hoeren wollt: „Der, der bringt’s zu nix“. ( meaning moi). Nicht die richtige Motivierung, sagten die, oder was sonst damals passend war.
Als ich Fame und Fortune in Nord Amerika suchte, sagten die mir „Bleib im Land und naehr dich redlich.“ Als ob ich vom Schicksal zum unredlichen Lebensunterhalt verdammt waere.
Ich glaub jede Generation hat was ueber die neue, juengere zu sagen.
Manchmal erwische ich mich selbst wenn ich meinen erwachsenen Nachkommen, wichtige Weisheiten und Ratschlaege geben will.
Irgendwie kommt mir all dies sehr bekannt vor, besonders wenn ich es jetzt wiederholt sehe — wo die alten Combatants den (angeblichen) Greenhorns Raete geben wollen. Besonders wenn ein junger Bursche — nun ja der ist 38 Jahre alt — im Fernen Osten eine Boeing 737 fuer eine erfolgreiche Linie fliegt.
Ergo: Let’s give the young boys and girls a break. And let’s see how well they turn out. Good Luck all you Buerschlein mit und ohne Bachelor.
Pax vobiscum
<p>Vielleicht hat er ja .......
Vielleicht hat er ja …. Recht, der „zeternde“ Unternehmer? Lässt sich leicht widerlegen: Man zeige mir ein neues Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten, dass in Teilzeit aufgebaut wurde. Wenn das nicht gezeigt werden kann, hat der Unternehmer Recht. Und wir sollten dankbar sein, dass die ein bequemes Angestelltenverhältnis suchenden Weicheier (noch) durch nach einer eigenen Firma strebenden, ältere, paffende und zeternde Herren ausgeglichen werden. Die zweite Kategorie ist nämlich unersetzlich …
Gruss,
Thorsten Haupts
<p>Zunächst einmal: Sehr...
Zunächst einmal: Sehr schön geschrieben und in Sachen Meinungsbildung alle Türen offen gelassen.
Es bringt hier rein gar nichts, sich über die Meinung von 75 jährigen Unternehmern aufzuregen, welche es durch ihr überdurchschnittliches unternehmerisches Engagement verpassten, das Interesse beim eigenen Nachwuchs für das Unternehmertum zu wecken. Auch nützt es nichts, sich über ein System aufzuregen, mit dem man selbst vielleicht so viel Kontakt hat, wie viele 75-Jährige zum Internet (diese Sache, die sich sowieso nicht durchsetzt).
Was sehr schön ist: Man kann daraus lernen. Die Familie ist wichtig und sollte auch in einem vollen Terminkalender das eine oder andere Mal in der Woche einen Platz finden. Dann klappt es mit dem Unternehmernachwuchs eventuell auch.
Das hier schreibt übrigens einer von diesen schlaffen Bachelor-Bürschlein mit zu viel Freizeit, welche nebenher eine Ausbildung absolvierten und sich nun nach knapp 3,5 Jahren Vollzeitarbeit inklusive Ausbildung und Teilzeitstudium selbstständig gemacht hat. Das Bürschlein kommt ganz nebenbei selbst aus einer Unternehmerfamilie, welche diese Bachelor-Geschichte „gar nicht mal so übel“ fand.
<p>Hat er Sie wirklich...
Hat er Sie wirklich angepafft? Während des Dinners? Paffen ist für mich das Inhalieren der Verbrennungsprodukte des Tabaks.
Interessieren würde mich, ob Sie nur zugehört oder auch gegengehalten haben. Am besten mit Bluffen: Ihr Urgroßvater habe im 1. Garderegiment zu Fuß gedient, Ihr Großvater sei Direktor einer Napola gewesen, Ihr Vater beim Corps Borussia und Sie selbst in West Point. Oder anders und wider besseres Wissen: Diese Bachelor-Sch…e hätten die 68er und die Sozis angerichtet. Wie isses ausgagangen?
Gruß K