Balance-Akt

Keine Mutter ohne Smartphone

Wenn die Konzerne das wüssten! Da erlassen sie Smartphone-Verbote am Wochenende, kommen mit email-freien Freitagen daher oder sperren die digitalen Zugänge zum Büro nach 18 Uhr – alles zum Wohle ihrer Mitarbeiter, damit die nicht absaufen im Strudel der digitalen Kommunikation.

Und was tun die? Hintergehen die gutgemeinten Verbote einfach. Ich sammle die Belege! Neuerdings häufen sich montags Mails folgender Art: „Sorry, sehe Ihre Mail von Freitagabend erst jetzt. Wegen unserer Blackberry-Policy checke ich die Mailbox am Wochenende nicht. Nächstes Mal bitte einfach anrufen oder ne SMS schicken.“ SMS ist folglich erlaubt, Email nicht. Andere Firmen handhaben es dummerweise genau andersherum. Und ich soll mir jetzt merken, über welchen Kanal man wen wann wie erreicht: Per Email, SMS oder Twitter? Lieber altmodisch telefonieren, über Facebook kontakten oder skypen? Manche verweisen gar aufs Fax, oh Schreck. Wo steht das denn noch mal?

Privat geht das Drama weiter. Die halbwüchsigen Trainer unserer Kinder kennen nur noch Facebook: Bist du als Mutter nicht dabei, kriegst du halt nicht mit, dass ein Spiel abgesagt wurde. Drum bin ich dort jetzt Mitglied (kein Wunder, dass „reifere Frauen“ laut einer Studie die am schnellsten wachsende User-Gruppe sind) und sogar bei Skype, dem bevorzugten Medium unserer Achtklässlerin. Die Woche gingen dort mehrere Hilferufe ein: „Stell Dich mal on!“, „Hallooo?“, „Bitte!!“ und „Mama?!?!“ Leider war ich nicht „on“ und entdeckte Jules Panikattacken erst Tage später: Was sie zu Hause essen soll, ob ich ihr etwas ausdrucken könne, was ich von Schuluniformen halte, ob sie wirklich mit dem Rad zum Flöten fahren müsse, „es regnet!!! – kannst Du mich nicht bringen?“

Das Gute an meinem Digital-Blackout: Irgendwie scheint sie klargekommen zu sein, auch ohne mich. 

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