Nina will unser Haus verkaufen. Seit Wochen liegt sie uns mit dem Ansinnen schon in den Ohren. Weiß der Himmel, warum. Es ist ihr nicht zu entlocken. Nur der Verkaufspreis ist fix: Eine Million Euro will sie dafür haben.
Wir haben aufgegeben, ihr zu erklären, dass wir das Haus gerne behalten möchten. „Da habt ihr eben Pech“, kommt dann retour. Und wenn wir anmerken, der von ihr angesetzte Preis sei zu hoch („Das gibt der Markt nicht her.“), wird sie bockig: „Alle wollen ein Haus hier, wir haben eins. Also krieg ich das Geld auch.“ Schließlich ist sie in der vierten Klasse, beherrscht den Zahlenraum von Null bis eine Million – rauf und runter.
Seither finden wir merkwürdige Multiplikationen und Additionen auf ihrem Schreibtisch – unterm Strich endet die Neunjährige immer als Millionärin. Entweder, indem sie 4000 sehr schöne Bilder malt und verkauft, 40 Vorträge vor den Bochumer Stadtwerken hält, das erste fliegende Auto erfindet, 700 Jahre lang Haare schneidet oder unser Haus verkauft. Letzteres hat sie rot eingekringelt als bevorzugte Variante, um zu Geld zu kommen. Obwohl, sie scheut auch vor harter Arbeit nicht zurück. 500.000 Bücher würde sie lesen, seit sie im Kinderfernsehen erfahren hat, dass Schüler an manchen Schulen in Amerika zwei Dollar pro Buch erhalten, das sie lesen, als staatlich bezuschusste Motivationshilfe.
Auch von uns erhofft sie sich einiges: Schließlich zahlen manche Eltern ihren Kindern Geld, wenn sie Klavierüben – 50 Cent pro halbe Stunde. Andere erhalten diesen Betrag für jeden Tag, an dem sie auf Süßigkeiten verzichten, auf Fernsehen, iPad-Spiele oder Schimpfwörter. Ganz schön krank irgendwie. Und ich frage mich, was die kleinen Millionäre mit dem ganzen Geld machen. Nina will sich Schokolade kaufen, einen Pool und Torwart-Handschuhe. „Von Adidas, wie Manuel Neuer.“