Balance-Akt

Imre und die Russen

Unsere Kinder wollen jetzt alle Skilehrer werden. Oder Schreiner. Oder Gärtner. Schuld ist Imre, ihr Tiroler Skilehrer mit holländischen Wurzeln und hanseatischer Mutter. Eine Woche lang hat er ihnen Carven, Tiefschnee- und Rückwärtsfahren beigebracht. Aber nicht nur das: Er hat ihnen auch die „zehn Grundlagen des Lebens“ erläutert, wie unsere 13jährige beeindruckt berichtet.

Welche das genau sind, verrät sie leider nicht. Auf jeden Fall aber ist Imre ganz anders als wir, also witzig. Er war mal Ski-Rennfahrer, hat Architektur studiert, abgebrochen und arbeitet heute als Schreiner. Oder auch als Gärtner. Ein echter Kerl eben.

Angst kennt er nicht. Auch nicht vor den Russen, die unser Tiroler Skidorf im Winter stürmen. Seine Skilehrer-Kollegen dagegen haben gelegentlich Muffensausen auf der Piste: Wenn sie die Kurven der Russen-Knirpse kritisieren und der Papa/Leibwächter dann wütend einschreitet. Offen sagen würden sie das nie, schließlich sind die Nikitas ihre besten Kunden, mit teuren Privatstunden und allem Pipapo. Nur Imre darf so reden über die Klientel aus dem Osten. Er ist mit einer Russin verheiratet, er kennt sich da aus.

Wie dem auch sei: Die Russen in Tirol (nur die kennen Imres Kollegen) sind bullige Kerle, von der Statur her ihrem russischen Neubürger Gérard Depardieu nicht unähnlich, und haben offensichtlich Geld. Viel Geld.

Von unserem Freund, einem Key-Account-Manager mit russischem Großaktionär, wissen wir mit Russen umzugehen: „Frage nie, was sie früher gemacht haben und woher das Geld kommt“, doziert er, so haben sie es in diversen interkulturellen Workshops eingetrichtert bekommen. Auch er ist voller Angst vor den Männern aus dem Osten. Das muss aber nichts heißen. Er fürchtet sich auch vor ganz harmlosen Dingen wie Kühen, Sesselliften und Karrierefrauen.

 

 

 

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