Eigentlich wollte der Münchener Wiesn-Chef Josef Schmid den Bierpreis auf dem Oktoberfest für drei Jahre deckeln. Doch der Münchener Stadtrat hat die „Bierpreisbremse” heute abgelehnt.
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In München ist der Bierpreis eine bierernste Angelegenheit. Heute hat sich sogar das große Plenum des Stadtrates damit befasst. Nach wochenlangem Gezerre haben die Stadträte eine Deckelung der Bierpreise auf dem Oktoberfest aber überraschend klar abgelehnt. Die CSU war zwar dafür, fand aber wenig Zuspruch. Der Vorschlag des fürs Oktoberfest zuständigen Bürgermeisters Josef Schmid (CSU) ist damit durchgefallen.
Schmid hatte im Februar vorgeschlagen, für drei Jahre eine Bierpreis-Obergrenze auf dem Oktoberfest einzuführen. Die Maß auf der Wiesn sollte in dieser Zeit nicht teurer als 10,70 Euro sein, soviel hatte ein Liter Bier beim Fest im vergangenen Jahr gekostet. Der Hintergrund dieser „Bierpreisbremse“ war Schmids Furcht, die Wirte könnten die gestiegene Pacht für ihre Bierzelte auf die Verbraucher umlegen. Denn nach Schmids Plänen, sollen die Wirte künftig deutlich mehr Pacht für ihre Zelte zahlen, um die gestiegenen Kosten für die Organisation des Festes zu übernehmen. Wegen zunehmender Terrorgefahr würden die Sicherheitsvorkehrungen immer teurer. Die Stadt will von den Wiesn-Wirten daher statt bisher 3,5 Millionen künftig insgesamt rund 8 Millionen Euro Pacht kassieren. Die bisherige Standgebühr für die Bierzelte, die sich an der Quadratmeterzahl orientiert, will Schmid durch eine Umsatzpacht ersetzen. Die Organisationskosten für das Fest hätten sich allein im vergangenen Jahr um rund 5 Millionen Euro erhöht. Um den Wirten zumindest ein Stück weit entgegenzukommen, hatte Schmid auch vorgeschlagen, das Fest dauerhaft um einen Tag zu verlängern: Statt am Sonntag sollte künftig erst am Montag Schluss sein. Über alle drei Punkte (Preisobergrenze, Pachtänderung, Zusatztag) wurde heute nacheinander einzeln abgestimmt. Aber nur die Pachtänderung wurde vom Stadtrat angenommen.
- Nicht einig: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und sein Stellvertreter Josef Schmid (CSU)
Schon als Josef Schmid im Frühjahr seine Pläne im Alleingang präsentierte, sorgte der CSU-Mann damit für einen Sturm der Entrüstung. Tagelang wütete in den Münchener Boulevardmedien ein Sturm im Bierglas. In der rot-schwarzen Rathauskoalition rumorte es kurzzeitig gewaltig. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) rüffelte seinen Stellvertreter: Der Streit sei „unwürdig“ und schade dem Ansehen der Stadt. Schmid solle endlich mit den Festwirten sprechen und den Streit beenden. Schmid fühlte sich brüskiert und giftete zurück, er brauche „keine Nachhilfe in Dialogfähigkeit“ und auch keine Hinweise „mit wem ich wann zu sprechen habe“. Die SPD warf der CSU vor, sich populistisch als Klassenkämpfer für die Wiesn-Besucher aufzuspielen.
Im großen Plenum des Münchener Stadtrats hatte sich am Mittwochvormittag früh abgezeichnet, dass Josef Schmid mit seiner Bierpreisbremse durchfällt. Die SPD-Stadträte warfen der CSU Populismus vor. SPD-Stadtrat Helmut Schmid fragte, was eigentlich schlimm daran sein solle, wenn der Maßpreis um 50 Cent steigen würde: „Selbst ein Kampftrinker, der 10 Maß trinkt, muss dann ja nur 5 Euro mehr zahlen“. Er rechnete vor, dass der Bierpreis auf der Wiesn über die Jahrzehnte sogar billiger geworden wäre: 1950 habe ein Deutscher im Schnitt 82,3 Minuten arbeiten müssen, um sich eine Maß leisten zu können, heute seien es weniger als 28 Minuten.
Auch die Grünen waren gegen die Bierpreisbremse. Es sei betriebswirtschaftlich klar, dass die Wirte die Kosten umlegen würden. Wenn sie den Bierpreis nicht erhöhen dürften, würde eben das Hähnchen mehr kosten. Die CSU kämpfe hier plötzlich für eine „sozialistische Marktwirtschaft“. FDP-Stadträtin Gabriele Neff wetterte: „Ludwig Erhard würde sich im Grabe umdrehen“. Auch die Bayernpartei stimmte der Bierpreisbremse nicht zu. Brigitte Wolf von der Linkspartei war genervt, dass sich überhaupt die Vollversammlung des Stadtrats mit Bierpreisen befasse, die eigentliche Ursache dafür sei, dass es einen Dauerwahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters gebe.
CSU-Mann Josef Schmid versuchte zwar, sich gegen die Vorwürfe zu wehren, fand aber nicht genügend Rückhalt. Die Bierpreisbremse sei „sozialistische Marktwirtschaft“, musste er sich wiederholt anhören: „So ein Schmarrn“, sagte Schmid: „Die Wiesn ist kein Markt, sondern eine öffentliche Einrichtung.”
Der Münchener Kartellrechtler Mark-E. Orth begrüßte die Entscheidung des Stadtrats. „Die Bierpreisbremse hätte dem Wettbewerb geschadet“, sagt Orth. Die Bierpreise könnten langfristig nur in Zaum gehalten werden, wenn es einen stärkeren Wettbewerb der Zeltwirte untereinander gäbe. Er kritisiert auch die noch immer geltende Regelung, wonach die Wirte ihre Bierpreise vor dem Fest bei der Stadt „anmelden“ müssen. Besser wäre, wenn die Bierzelte ihre Preise auch während des Festes noch ändern könnten. Zudem könnte die Stadt für mehr Wettbewerb sorgen, indem sie die Zelte nicht wie bisher immer an dieselben Wirte vergibt, sondern schon hier auf mehr Wettbewerb achte.