Budweiser will eine Filiale auf dem Mars eröffnen, in Deutschland sprießen neue Brauereien nur so aus dem Boden. Wohin mit dem ganzen Bier? Eine Spurensuche in Bier-Meldungen.
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In Münster wird jetzt wieder “Dackel”-Bier gebraut, in Wünschendorf steht eine neue Brauanlage. Regionale Meldungen wie diese liest man in letzter Zeit immer häufiger. Selbst manche Kirche erzeugt jetzt ihr eigenes Bier, um sich mit dem Erlös einen neuen Innenputz oder Dachstuhl zu gönnen. Und sogar auf Aida-Kreuzfahrtschiffen stehen inzwischen eigene Brauanlagen, die mit Meerwasser betrieben werden. Den Vogel aber schießt der Bierkonzern Anheuser-Busch InBev ab. Mit seiner Marke Budweiser will er als erster auf den Mars expandieren und hat für Vorversuche bereits Malz auf die ISS geschickt.
Im Jahr 2017 wurden wir Zeugen einer zunehmenden Biervermehrung. “Bier” steht neuerdings gleichberechtigt neben “Wein” in der Luther-Bibel, es wurde in diesem Jahr Bier aus Esskastanien gebraut, aus Brotresten, und gewiss experimentiert gerade irgendwo jemand mit Bier aus Kartoffeln. Dass Google jüngst sein Bier-Emoji anpasste, in dem die Schaumkrone nicht mehr auf einem halb vollen, sondern auf einem ganz gefüllten Glas thront, war nur folgerichtig.
Jetzt aber steht eine neue Frage im Raum: Wer soll das aus allen Leitungen quellende Bier eigentlich trinken? Die Deutschen verbrauchen ja seit Jahren nur noch – in diesem Blog ist es oft genug erwähnt worden – um die 100 Liter pro Kopf, die Menge ist rückläufig (wobei im Grunde nicht viel dagegen einzuwenden ist, wenn Bier bewusster und zugleich in besserer Qualität getrunken wird). Und die Supermärkte, die in den letzten Monaten für eine erfreulich breite Bierpalette sorgten, beginnen angeblich mit dem Ausdünnen der Regalreihen.
Das Schwarzwald-Rätsel
Besonders schwer, aber nicht unverschuldet, traf es in diesem Jahr die Ravensberger Brauerei. Sie hatte ihr Bier etwas zu vollmundig etikettiert, brachte damit einen Konkurrenten auf die Palme, erhielt eine Abmahnung und musste innerhalb kürzester Zeit 50.000 Liter Bier unters Volk bringen. Man ließ sich Abverkaufaktionen, Gewinnspiele und neuartige Bierverklappungs-Partys einfallen. Ein Elend. War das ein Vorbote der Zukunft? Das wäre unwürdig fürs Bier.
Wie aber geht man mit einem Überangebot am besten um? Einige Meldungen der letzten Monate machen hellhörig. Dass immer wieder 600 Kisten Bier und mehr vom Laster fallen und auslaufen, muss wohl ein Zufall sein. Dass bei Köstritzer vor wenigen Tagen 250 Fässer Bier gestohlen wurden, verlagert eigentlich nur das Problem. Ebenso wie die Tatsache Rätsel aufgibt, dass sich im Schwarzwald offenbar gerade der Brauch zu etablieren beginnt, frisch verheirateten Brautpaaren als Hochzeitsgruß 900 Kisten Bier mit 18.000 überwiegend leeren Flaschen in den Vorgarten zu stellen. Denn zuvor müssen die Flaschen ja im Geheimen geleert und gehortet worden sein. Aber von wem?
Sicher, es gibt Bier, von dem man sagt, dass es zum Hineinlegen sei, aber ist wirklich zu begrüßen, dass mancher es für Wellness hält, sich in einen Trog mit Bier zu legen? Leuchtbier, ja bitte, aber nur wenn es nachher auch ausgetrunken wird. Bier ist ein zu wertvolles Produkt, als dass man es durch Nichttrinken zwecktentfremden sollte. Und selbst jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums ist es bei der Haarpflege oder im Pizza-Teig zu gebrauchen.
Bier macht schlauer
Sollte man angesichts dieser praktischen Tipps nicht vielleicht doch die 100 Pro-Kopf-Liter Bier fürs nächste Jahr schon jetzt einkaufen? Bier soll ja teurer werden. Wenn man zum Jahresende beim besten Willen nicht weiß, wohin mit dem Gerstensaft, bleibt immer noch die Möglichkeit, die wir einem Interview aus dem Manager-Magazin entnehmen: Bier schmeckt besser zu Kaviar als Champagner. Doch auch hierbei sollte man nicht zu sehr über die Stränge schlagen. In Maßen genossen entwickelt das Bier (und wohl auch der Kaviar) seine größten Vorzüge.
Diese Weisheit haben im vergangenen Jahr wieder zahlreiche verdienstvolle Studien bestätigt. Hier die erstaunlichsten neuen Erkenntnisse:
Wer mehr Bier trinkt, bricht sein Studium seltener ab
Studie enthüllt: Bier macht schlauer – und gesünder dank Xanthohumol
Ein Bier reicht: Alkohol hilft bei fremden Sprachen
Der dem klug dosierte Bierkonsum zu verdankende Bildungsvorteil ist trotz der Affinität von Studenten zur Kneipe noch nicht richtig erkannt worden. Wenn die Durstigen künftig mit den Wissensdurstigen teilen, steht uns ein gesundes, mehrsprachiges Jahr 2018 bevor.
Prost, Skal, Cheers und Salute!