Biopolitik

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Die Kunst, das Abstimmen zu lassen – Patientenverfügung von der Tagesordnung genommen

| 1 Lesermeinung

Der Koalitionsausschuss kreisste und er gebar keine Maus. Der Bundestag wird am Donnerstag wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht anders als bisher...

Der Koalitionsausschuss kreisste und er gebar keine Maus. Der Bundestag wird am Donnerstag wenn nicht noch ein kleines Wunder geschieht anders als bisher verlautbart nicht über die mittlerweile vier Entwürfe zum Patientenverfügungsgesetz abstimmen. Damit könnte das Thema für diese Legislaturperiode ganz – man möchte es in diesem Zusammenhang gar nicht schreiben – gestorben sein. Anlaß für das vorläufige Aus der Parlaments-Debatte sind die in diesem Blog dargestellten Geschäftsordnungsfragen: Über wen wird zuerst abgestimmt.

Spannend wird jetzt, ob der Druck groß genugn werden wird, auf jeden Fall doch noch vor der Sommerpause abzustimmen, oder ob Hoffnungen auf einen neuen Anlauf unter neuen Voraussetzungen wachsen und das Projekt „Patientenverfügungs-Gesetz“ in die nächste Legislaturperiode mitgenommen werden wird.

Letztenendes hängt das auch davon ab, ob die Position ist: Egal was für ein Gesetz, Hauptsache irgendein Gesetz. So klingt besispielsweise der Appell des Palliativmediziner Gian Domenico Borasio, der in dieser Zeitung und auf dieser Webseite veröffentlicht wurde:

„Trotz aller bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen soll hier deshalb erneut ein dringender Appell an die Bundestagsmitglieder ergehen: Lassen Sie die Gesetzgebung zur Patientenverfügung nicht scheitern! Nach dem derzeitigen Stand ist es für die Praxis wenig relevant, ob nun der Stünker-, der Zöller- oder ein Mischentwurf zum Gesetz wird. Ein Scheitern des Gesetzgebungsverfahrens hätte aber schwerwiegende Konsequenzen für Patienten und Familien. Sie haben es in der Hand.“

Aber auch Borasio meint es vermutlich gar nicht so, denn er findet nur „wenig relevant“ ob der Stünker-Entwurf oder der Zöller-Entwurf sich durchsetzen. Interessant wäre dagegen zu erfahren, ob er auch bereit wäre hinzunehmen, dass sich der von ihm wenig geliebte Bosbach-Entwurf durchsetzt, wenn andernfalls kein Gesetzentwurf beschlossen werden würde….? Daran kann man mit guten Gründen zweifeln. Dann lautet der Appell aber sehr viel weniger eindrucksvoll in Wirklichkeit: „Liebe Abgeordnete, stimmen Sie auf jedem Fall einem Gesetzentwurf zu, den ich auch gut finde….ehe Sie aber dem falschen Gestzentwurf zustimmen, lassen Sie es doch lieber sein.“ Oder wie sehen Sie das?

Sie können dieses Blog oder die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gerne kommentieren – Sie müssen sich dafür nicht anmelden.


1 Lesermeinung

  1. Lutz Barth sagt:

    Tja, so isses, dass...
    Tja, so isses, dass „Parlamentsleben“.
    Indes aber gilt:Die Feiern zum 60jaährigen Bestehen unseres Grundgesetzes können nicht darüber hinwegtäuschen – wir befinden uns in einem irdischen Jammertal einer Diktatur einer Ethik, die sich berühmt, moralischen Ansprüchen gerecht zu werden. Die „Leitkultur“ einer großen Volkspartei erweist sich als eine unüberwindbare Hürde für unser aller Grundrecht auf Selbstbestimmung, da offensichtlich ein Dialog nicht gewünscht ist.
    Vielleicht sieht sich noch der Bundespräsident in der Lage, kraft seiner moralischen Integrität und seines hohen Amtes auf die Parteien insofern „einzuwirken“, als dass diese sich zum konstruktiven Dialog bereit erklären.
    An der Notwendigkeit eines Patientenverfügungsgesetzes kann es doch keinen Zweifel geben! Die zur seinerzeitigen Anhörung geladenen Sachverständigen sind sich in dieser Frage einig und da erweist es sich als „Insolvenzerklärung“ allen ersten Ranges, wenn die „Parteien“ es nicht mehr für nötig erachten, sich über mögliche Kompromisse zu verständigen.
    Die „Geschäftsordnung“ selbst erweist sich als das „geringste Übel“, geht es doch um eine moderne Form der ethischen Inquisition!

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