Biopolitik

Biopolitik

Dieses Blog ist geschlossen. Es ist als Archiv über die biopolitische Debatte 2008 bis 2012 hier weiter einzusehen. Aktuelle Entwicklungen zum Thema

Sterbehilfe: leitet Käßmann Kurswechsel der EKD ein?

| 17 Lesermeinungen

Tabus zu brechen ist in den modernen Gesellschaften schon fast eine Art Volkssport geworden. Kein Wunder, umgibt es einen doch mit einer gewissen Aura und ist...

Tabus zu brechen ist in den modernen Gesellschaften schon fast eine Art Volkssport geworden. Kein Wunder, umgibt es einen doch mit einer gewissen Aura und ist gleichzeitig höchst ungefährlich. Eines der wenigen Tabus, das zu brechen einen ernsthaft zum Aussenseiter machen könnte, wäre das Tabu, gegen Tabubrüche zu sein. Auf längere Sicht würde aber auch dieser Tabubruch wohl geduldet werden, denn er bliebe genauso wirkungslos wie die anderen Tabubrüche. Das liegt zum einen daran, dass es kaum noch Tabus gibt – weil einerseits die offenen Verbote und Reglementierungen um sich greifen, auf der anderen Seite erweisen sich zumindest die modernen Industriegesellschaften bei allem Drang zur Konformität als so stark segmentiert, dass es zu keinem Grundverständnis mehr kommt, das ein Tabu errichten könnte.

Angesichts dessen verwundert es auch einen, an sich nicht für kirchliche Fragen zuständigen, eher säkular orientierten Blogger wie mich ein wenig, was sich im Umfeld der Wahl von Bischöfin Margot Käßmann derzeit an Enttabuisierungsbemühungen abspielt. Den Anfang machte der Schweizer (!) Kirchenpräsident Thomas Wipf, zugleich auch Präsident des Rates der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, der sich berufen fühlte in seinem Grußwort an die in Ulm tagende Synode die wichtigsten Fragen der Zeit aus theologischer Sicht anzugehen: Nach der Ostausdehnung der Evangelischen Kirchen und einem Exkurs über den Minarettbau im christlich geprägten Abendland stand da das Thema Sterbehilfe ganz weit oben auf seiner Agenda:

„Wir können den Menschen, die unsere Kirche ausmachen, viel mehr an öffentlicher Debatte, und Urteilskraft zumuten. Das gilt auch für ein sensibles und komplexes Thema, das uns, den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund, mit der EKD in einer guten Weise zusammengeführt hat. Das ist das Thema Sterbebegleitung und Sterbehilfe. Gerade da haben wir gelernt: Wir können das nicht mehr nur länderorientiert und kirchenorientiert angehen. Wir brauchen den Austausch. Wir müssen die unterschiedlichen kulturellen und gesetzlichen Voraussetzungen, die öffentlichen Diskussionen zugrunde legen.“

 Die praktische Umsetzung dieses Postulats länderübergreifend, nicht kirchenorientiert und multikulturell zu debattieren hatte dann dieses Ergebnis:

 „Für uns bleibt die Frage: Könnte es sein, dass aus historisch sehr verständlichen Gründen gewisse schwierige Fragen im Bereich Sterbebegleitung und Sterbehilfe in Deutschland nicht gestellt, nicht öffentlich debattiert werden, was dann dazu führt, dass wir als Schweizer Kirchen mit dem Phänomen mit dem unschönen Namen Sterbehilfe konfrontiert werden, das uns sehr belastet. [dieser Wortlaut entspricht der Fassung des Textes, den die EKD auf Ihrer Webseite abgedruckt hat; auf der Seite der Schweizer Evangelischen Kirche ist, wie nach Veröffentlichung des Blogs mitgeteilt wurde – s.u. – , ein anderer Wortlaut abgedruckt: statt Sterbehilfe heißt es dort „Sterbetourismus„, mit Blick darauf, dass die Schweizer Version wohl die Zutreffende sein dürfte, aber an der Grundaussage des Grußwortes, dass in Deutschland schwierige Fragen der Sterbehilfe nicht gestellt würden, nichts ändert, habe ich das Blog nachträglich geringfügig modifiziert, OT] Dafür ist der Grund nicht nur in der Schweizer Gesetzgebung zu suchen, sondern – ich frage – vielleicht auch, weil hier – nochmals: aus verständlichen Gründen – die Fragen, die auch die Menschen hier beschäftigen, nicht gestellt werden.“

Die Frage so zu stellen, heißt sich hinsichtlich der Antwort gewiß zu sein. Klingt ja auch gut, sich dafür einzusetzen, dass Fragen, die die Menschen beschäftigen, gestellt werden können. Ich frage mich aber, wie ich es dann eigentlich geschafft habe veritable zweieinhalb Meter Bücher bundesdeutscher oder ins Deutsche übersetzter Autoren und (großer) Verlage in meinem Regal zu versammeln (und die Schrift von Binding/Hoche, Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens..Ihr Maß und ihre Form nimmt höchstens einen Zentimeter Raum ein), dazu nochmal etliche Megabyte archivierter Texte auf der Festplatte und täglich zwei bis drei google-Alert Meldungen zu „Sterbehilfe“, die sich alle damit beschäftigen, Antworten auf Fragen zu geben, die hier angeblich „nicht öffentlich debattiert werden.“ Und auch das Thema „Suizidbeihilfe“, dessen Handhabung sich in Deutschland und der Schweiz unterscheidet, wird in der Bundesrepublik seit langem debattiert – wenn auch mit anderen Ergebnissen als in der Schweiz. 

Da man in der Schweiz für Bücher bundesdeutscher Verlage bedauerlicherweise zwar etwas mehr bezahlt, sie aber in den dortigen Buchhandlungen alle erhältlich sind und auch über schweizer Internet-Anschlüsse auf bundesdeutsche Homepages zugegriffen werden kann, taugt der Verweis darauf, dass hier vielleicht die Alpen den wahrnehmenden Blick verhinderten, nichts. Also bleibt vor allem die Vermutung, dass Pfarrer Wipf in Wirklichkeit gar nicht damit unzufrieden ist, dass hier nicht diskutiert wird, sondern, dass ihm die Ergebnisse dieser seit Jahren viele Seiten Papier füllenden Debatte (noch) nicht gefallen und er in Wirklichkeit, eher diplomatisch als sprachlich elegant verpackt, deswegen dazu anregen wollte, dass auch in der Bundesrepublik der ärztliche begleitete Suizid in weitem Umfang ermöglicht wird (strafrechtlich verboten ist er ja, wie hier schon gelegentlich dargestellt, nicht). Da ich kein Freund des Prinzips der Nicht-Einmischung bin, spräche gegen eine solche Anregung aus dem benachbarten Ausland an sich nichts … außer dass man sie nicht befolgen sollte: Die Gründe dafür werden gegenwärtig auch in der Schweiz diskutiert, wo die gegenwärtige Entwicklung im Bereich des Suizids von zunehmend mehr Menschen und Gruppen kritisch gesehen wird  (der historische Bezug von Herrn Wipf blendet übrigens aus, dass auch aus dem in dieser Hinsicht gänzlich unbelasteten und höchst diskussionsfreudigen England einige dutzend Menschen bislang zum Sterben in die Schweiz gefahren sind…).

Die neue Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die viel gelobte Frau Käßmann, hat die Worte ihres schweizer Kollegen zum Anlaß genommen, sich auch mit dem Thema Sterbehilfe zu befassen. Schon Ihre Wahrnehmung der Äußerung von Wipf erscheint bemerkenswert. Wir erinnern uns: Wipf hatte sich Gedanken über angeblich Denk-und Frageverbote gemacht. Bei Käßmann wird daraus in einem Deutschlandfunk-Interview:

Käßmann: Es gab ja ein Grußwort des Schweizer Kirchenpräsidenten, der gesagt hat, vielleicht seid ihr in Deutschland aufgrund euerer Vergangenheit in eueren Kirchen so rigoros im Denken, dass Menschen nun in die Schweiz kommen, denkt darüber noch einmal nach.

Und dann denkt die neue EKD-Ratsvorsitzende auf die, schon bekannte, indirekt das Ziel anvisierende und stets ein „so habe ich das gar nicht gemeint“ parat haltende Art:

Daran habe ich angeknüpft. Ich finde schon, wir müssen diesen Wunsch hören nach einem selbstbestimmten Tod. Ich bin gegen aktive Sterbehilfe, das will ich ganz klar sagen, aber noch einmal fragen, wie wir Menschen besser ermutigen können, ihren eigenen Tod zu bedenken, und dass Patientenverfügungen jetzt mit dem neuen Recht auch wahrgenommen werden. Ich finde, wir sollten das nicht so scharf ablehnen als Evangelische Kirche.

Nun hat die Evangelische Kirche Patientenverfügungen bislang gar nicht „so scharf“ abgelehnt und auch sonst das Thema „Sterbebegleitung“ nicht umschifft oder gar Menschen entmutig, „den eigenen Tod (zu)  bedenken“: Die „Woche für das Leben“ 2004 stand beispielsweise ganz im Zeichen eines Einsatzes für Palliativmedizin, ehrenamtliches Engagement in Hospizen und menschenwürdiges Sterben, die Evangelische Kirche empfiehlt auch eine „Christliche Patientenverfügung“ (die meines Erachtens wie alle formularmäßigen Verfügungen ihre Tücken hat). Allerdings hat die Evangelische Kirche in der Vergangenheit eine kritische Position zu dem jetzt Gesetz gewordenen Entwurf  des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Stünker vertreten: Einerseits würde darin die Position des Bevollmächtigten nicht ausreichend gestärkt, andererseits fehle eine sogenannte Reichweitenbegrenzung. Käßmann will diese Position offenbar relativieren – und möglicherweise noch weiter gehen, wenn sie betont, dass Palliativmedizin „sehr oft dazu führen kann, dass der Tod vorzeitig eintritt“ und das respektiert werden müsste:

Käßmann: Natürlich stehe ich für das Leben ein, aber ganz klar und ich habe auch ganz klar eben gesagt, das wiederhole ich noch mal, dass ich absolut gegen aktive Sterbehilfe bin. Aber Menschen zu begleiten auf ihrem Weg ins Sterben, passive Sterbehilfe zu leisten, zu wissen, dass Palliativmedizin, also schmerzlindernde Medizin sehr oft auch dazu führen kann, dass der Tod vorzeitig eintritt, wenn es auf das Sterben schon zugeht, ich finde, wir müssen respektieren, dass Menschen das für sich selbst entscheiden wollen.

Die Käßmann’sche Position ist irritierend, weil sie zwei Dinge miteinander verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben: bewußte Verkürzung des Lebens und palliativmedizinische Behandlung. Wer beides in so engen Zusammenhang miteinander bringt, muss sich fragen (lassen), warum er oder sie das tut – und worum es tatsächlich in erster Linie geht: darum, die Möglichkeiten Leben gezielt zu verkürzen zu stärken oder um die Verbesserung der Möglichkeiten palliativmedizinischer Behandlung. Tatsächlich spricht gegenwärtig nämlich viel dafür, dass eine kunstgerechte palliativmedizinische Behandlung  das Leben eher verlängert, als verkürzt, weil sie den Körper entlastet, die Lebensqualität erhöht und damit auch Kräfte mobilisiert. Definitiv lebensverkürzend sind dagegen Maßnahmen, die mit Palliativmedizin nichts zu tun haben, die man aber auch überwiegend nicht als die von Bischöfin Käßmann abgelehnte „aktive Sterbehilfe“ qualifizieren wird:  Abbruch der Sondenernährung bei Wachkoma-Patienten, gezielte – und so nicht indizierte – Überdosierungen von Schmerzmitteln in der Onkologie, Unterlassen von Antibiotikabehandlungen bei Lungenentzündungen dementer Patienten…..

Bischöfin Käßmann hat in dem Deutschlandfunk-Interview nicht vertreten, dass sie diese Maßnahmen befürwortet – und mit ihrer, allerdings nicht näher erläuterten Ablehnung „aktiver Sterbehilfe“ hat sie sich ein Rückzugstor weit offen gehalten, sie wird ihre derzeit ziemlich wabernde Position aber erklären müssen, die sich dadurch auszeichnet, dass sie jetzt, nach Verabschiedung des Gesetzes über Patientenverfügungen das Thema Sterbehilfe prominent in die Debatte bringt und die gegenwärtig ansonsten nur darin klar ist, dass sie ein Feindbild attackiert, das es materialisiert in der Wirklichkeit gar nicht gibt… ob das die Evangelische Kirche ernstlich voranbringt mag man allerdings bezweifeln.  

Sie können dieses Blog gerne kommentieren. Sie müssen sich dafür nicht anmelden. 

 


17 Lesermeinungen

  1. Geehrter Herr Tolmein,

    Ihre...
    Geehrter Herr Tolmein,
    Ihre Bemühungen sind bedauerlicherweise einem Irrtum aufgesessen: Pfarrer Wipf hat nicht das Wort „Sterbehilfe“, sondern das Wort „Sterbetourismus“ benutzt. Es ist also das Phänomen „mit dem unschönen Namen Sterbetourismus“, das uns in der Schweiz sehr belastet. Der Abdruck auf den EKD-Seiten ist aufgrund eines offensichtlich fehlerhaften stenographischen Protokolls entstanden. Die Kollegen der EKD haben wir auf diesen Fehler bereits hingewiesen. Das Original der Rede können Sie unter https://www.sek.ch/ueber-uns/praesidium/wipf-thomas.html (s. 3 unten) einsehen. Dies verändert freilich auch die Grundlage Ihres Artikels.
    Freundliche Grüsse aus Bern, Thomas Flügge.

  2. Ben sagt:

    erhellende Gedanken - Danke....
    erhellende Gedanken – Danke.

  3. Ja, die Tabus! Ihr Bruch steht...
    Ja, die Tabus! Ihr Bruch steht am Anfang aller Neuerungen. Zum Beispiel Luther. Hätte er es nicht gewagt, gegen die Katholische Kirche zu protestieren („Protestanten“ heißen deshalb bis heute seine Anhänger), also ein Tabu zu verletzen, das in allen Köpfen verankert war, wären heute immer noch alle westlichen Christen dem Papst untertan. Der protestantische Tabubruch war ein unschöner, brutaler Akt, der vielen Menschen eine Kränkung ihres Selbstwertgefühls, ihres Narzissmus zufügte: Die Katholische Kirche nicht mehr allein selig machend, also nicht allmächtig – das Gefühl, automatisch an einer Allmacht teilzuhaben, wenn man eine Kirche betritt, also ein Stück erbauliches Sicherheitsgefühl, Überlegenheitsgefühl, Narzissmus, ist den Gläubigen geraubt. Priester als Mittler zwischen Gott und Mensch nicht unbedingt nötig: es geht auch ohne Priester: noch ein Stück Allmachtsgefühl, das man durch den Segen eines Priesters erlangen konnte, ein Stück Narzissmus, ist geraubt. Von Reliquien geht keine göttlich-schützende Kraft mehr aus – noch ein Stück Sicherheitsgefühl, Überlegenheitsgefühl, Narzissmus ist dahin.
    Und jetzt die Sterbehilfe: Einzelne Menschen schätzen ihr Leben am Ende als nicht mehr würdig ein und verlangen den Tod. Vergleichen sich mit einem qualvoll verendenden Tier, dem man den Gnadentod nicht verweigert. Wagen es, einen Angehörigen der Spezies homo sapiens, nämlich sich selbst, zum Tier herabzustufen, sprechen ihm eine auch durch Krankheit und Verfall uneinschränkbare gottähnliche Würde ab, was eine Beleidigung der gesamten spezies ist: wieder ein Stück Narzissmus dahin. Der Tabubrecher läuft heute nicht mehr wie Luther Gefahr, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden – da haben Sie Recht, Herr Tolmein! – , schafft aber böses Blut, macht sich unbeliebt: deshalb gehört auch heute noch ein gewisser Mut dazu! Aber der menschliche Narzissmus muss gezügelt werden, er darf nicht allmächtig sein!

  4. Finanziert u.a. durch Mittel...
    Finanziert u.a. durch Mittel der Evangelische Kirche Hannovers (Bischöfin Käßmann) finden set drei Jahren in Niedersachsen Palliativpflege-Schulungen und Palliativ-Projekte in über 25 diakonischen Pflegeheimen und Pflegediensten statt. Dort lernen Mitarbeiterinnen die Unterschiede zwischen ativer und passiver Sterbehilfe kennen und verstehen auch die Möglichkeiten der Palliativpflege und Palliativmedizin.
    Die Ergebnisse sind scheinbar nur intern bekannt. Statt „wabernd“ geht es an der Basis „praxisbezogen“ zu: https://www.mediacion.de/service-download/dokumentationen/gesamtdokumentation-dw-nds-i.
    Die Frage nach der Begleitung von Menschen mit „Sterbewünschen“ kann meines Erachtens auf dem Hintergrund dieser palliativen Angebote diskutiert werden, aber auch seelsorglich und grundsätzlich (d.h.: z.B. philosophisch).
    Diese Ebenen und die ihnen eigenen Sprachwelten zu vermischen schafft die im Blog kritisierte Unschärfe.

  5. tolmein sagt:

    <p>@Flügge: Tatsächlich gibt...
    @Flügge: Tatsächlich gibt es, wie ich auf Ihren Hinweis sehe, – auch jetzt noch – zwei Fassungen des Grußwortes im Internet; da ich annehme, dass Ihre die Richtige ist, habe ich das Blog (siehe oben) in dieser Hinsicht modifiziert – an dem grundlegende Problem des Grußwortes, der unzutreffenden Behauptung in der Bundesrepublik würden aus historischen Gründen wichtige Fragen der Sterbehilfe nicht diskutiert, auf die dann Frau Käßmann aufsetzt, ändert das aber meines Erachtens nichts. Schönen Gruß Oliver Tolmein

  6. mapar sagt:

    Wirklich überraschend ist das...
    Wirklich überraschend ist das nicht. Ein größerer Teil der Kirchen in der EKD, vor allem die norddeutschen, haben sich von störenden christlichen Glaubensinhalten längst verabschiedet. Wer in diesen Organisationen an Gott glaubt gilt als rückständig (gemeint sind nur die Organisationen, nicht die Mitglieder, von denen viele doch noch irgendwie gläubig sind). Es sind Sozialbürokratien und eine Art SPD mit komischen Namen. So hindert sie auch nichts, dem Zeitgeist hinterherzulaufen („nah am Menschen“), egal welches Gesicht er hat (national oder sozialistisch, Gender-Mainstreaming, Feminismus, Abtreibung), eben auch wenn die Frage ansteht, ob man die wachsende Zahl der Kranken und Alten nicht wegspritzen sollte, natürlich aus humanen Gründen bzw. in Ausübung des „Selbstbestimmungsrechts“ (führt die „Selbstbestimmung“ nicht zum gewünschten Entschluß bzw. ist der Mensch nicht zum Entschluß fähig übernimmt man die Entscheidung fürs Sterben aus Menschlichkeit für ihn). Man kann eben ganz viel Leid aus der Welt schaffen (wer könnte etwas gegen dieses Ziel haben?), wenn man die Leidenden beseitigt. An Frau Käßmanns Haltung ist also überhaupt nichts überraschendes. Überaschend ist allenfalls die zögernde und verklausulierte Art, wie der Dammbruch gutgeheißen und vorbereitet wird. Aber das ist wohl das politische Geschick, durch das die Dame so weit gekommen ist. Die katholische Kirche hält hingegen ganz undemokratisch und uncool am unantasbaren Wert des menschlichen Lebens fest und bekommt natürlich den geballten Zorn der zum Töten bereiten Menschenbeglücker ab.

  7. nevergiveup sagt:

    Leider wird oft vergessen,...
    Leider wird oft vergessen, dass Leiden sehr oft sehr sinnvoll sein können. Leiden gehören zum Leben dazu, wenn man Leben als Lernprozess und Vorbereitung auf eine unendliche Ewigkeit versteht. Als Kirche Jesu Christi, die die EKD nach ihrer Herkunft und Glaubensgrundlagen sein will und sein sollte, müssen die Aussagen von Jesus Christus Geltung haben oder man gibt den Anspruch auf, christliche Kirche zu sein und sollte sich dann auch einen anderen Namen überlegen, um wahrhaftig zu sein. In der Bergpredigt hat Jesus davon gesprochen, welchen Wert Leiden haben und dass es wichtiger ist, das mit der Seele geschieht, als was mit dem Leib geschieht! Sein Wort: „Wenn dein Auge, Fuß, Hand,… dich zur Sünde verführt, dann reiß es heraus und wirf es fort, denn es ist besser, dass dein Leib verdirbt als dass deine Seele ins höllische Feuer geworfen wird“. Da die Worte Jesu bis ins Tiefste wahr und zuverlässig sind, tut man gut daran, die ganze Diskussion um die sog. Sterbehilfe vor diesem Hintergrund zu sehen. Seit wann braucht ein Mensch Hilfe zum Sterben, das tut er doch sowieso! Der Begriff ist völlig falsch gewählt. Was der Mensch dringend braucht, ist eine EKD, die den Mut hat, den Menschen die Wahrheit von Sünde und Gericht zu verdeutlichen. Das wäre ein guter Tabubruch innerhalb dieser Organisation. Herr Tolmein hat völlig recht, wenn er darauf hinweist, dass schmerzlindernde Medizin am Ende des Lebens nicht notwendigerweise lebensverkürzend sein muss. Dies ist also etwas anderes als Sterbehilfe und im Gegensatz zur Abschaltung lebenserhaltender Maschinen und Schläuche dann auch nicht verwerflich.

  8. Muriel sagt:

    Schon putzig, wie Frau...
    Schon putzig, wie Frau Käßmann ihren Kollegen – mutmaßlich – bewusst falsch zitiert, um darauf dann ihre eigene Haltung zu begründen – leider nur ohne zu verraten, worin diese überhaupt besteht. Führungskraft sieht anders aus.
    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass dem Standpunkt der Kirchen zum Thema Sterbehilfe – wie bei vielen anderen Themen – in der öffentlichen Diskussion ein unverhältnismäßiges Gewicht beigemessen wird.
    https://ueberschaubarerelevanz.wordpress.com/2009/10/28/frisch-fromm-frohlich-kasmann/

  9. palliater sagt:

    "Die katholische Kirche hält...
    „Die katholische Kirche hält hingegen ganz undemokratisch und uncool am unantasbaren Wert des menschlichen Lebens fest und bekommt natürlich den geballten Zorn der zum Töten bereiten Menschenbeglücker ab.“
    Dem ist nichts hinzuzufügen.

  10. Greg Paul sagt:

    Nur kurz der Hinweis!...
    Nur kurz der Hinweis! Protestanten heißen nicht Protestanten, weil Luther „protestiert“ hat; gegen was hätte er auch „protestieren“ sollen und wo?

Kommentare sind deaktiviert.