Biopolitik

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Babyklappen: Der Ethikrat erklärt zurück und wer rettet die Welpen?

| 7 Lesermeinungen

An öffentlichen Auseinandersetzungen herrscht kein Mangel in Deutschland. Interessant erscheint die Frage, wann sich allgemeines Gerede zu einer Debatte formt....

An öffentlichen Auseinandersetzungen herrscht kein Mangel in Deutschland. Interessant erscheint die Frage, wann sich allgemeines Gerede zu einer Debatte formt. Ein wesentliches Merkmal könnte sein – wir leben ja in einer Zeit allgemeiner Relativierungen, da will ich gerade an diesem Punkt nicht absoult werden – dass Argumente gewechselt werden und zumindest nicht nur Unterstellungen hinausposaunt. Wer das auch so sieht, mag sich fragen, ob es beim Thema „Babyklappen und anonyme Geburt“ noch zu einer öffentlichen Debatte kommt, oder ob die allgemeine Aufregung nach der Veröffentlichung der Erklärung des Ethikrates schon Top of the Hop war.

Jetzt hat der Ethikrat selbst jedenfalls erstmal nachgelegt und liest in einer Presseerklärung den Kritikerinnen und Kritikern seiner Empfehlung die Babyklappen und die Möglichkeiten der anonymen Geburt in der gegenwärtigen Form abzuschaffen, die Leviten:

„Edzard Schmidt-Jortzig, betonte am heutigen Dienstag, dass der Ethikrat keineswegs – wie es von manchen Kritikern vorgebracht wird – das Leben eines Kindes geringer gewichtet als die Kenntnis um seine Herkunft. Vielmehr geht der Ethikrat nach Prüfung aller verfügbaren Erkenntnisse davon aus, dass Babyklappen die Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Kind aussetzen oder sogar töten könnten, von dem Angebot der anonymen Kindesabgabe nicht erreicht werden. Es ist auch zu bedenken, dass die Zahl der Kindstötungen durch das Angebot anonymer Kindesabgabe nicht gesunken ist und dass forensisch-psychiatrische Gutachten gegen die Annahme sprechen, dass Frauen, die ihr Kind getötet haben, in der Lage gewesen wären, es in eine Babyklappe zu bringen. Die Angebote anonymer Geburten und institutionalisierte Babyklappen geben grundsätzlich falsche Signale, indem sie eine normal erscheinende Handlungsoption offerieren. Bei der ethischen Bewertung der Angebote anonymer Kindesabgabe darf nicht vergessen werden, dass die Stärkung der elterlichen Verantwortung die dominierende moralische Maxime ist.“

Für Kulturpessimisten wird es spannend zu beobachten, ob die zurecht gedampfte Presseerklärung vermag, was die auch nicht übermäßig ausführliche, aber doch immerhin um eine gründliche Argumentation bemühte Stellungnahme selbst nicht vermocht hat: Die Intention der Autorinnen und Autoren, sowie die Gründe ihrer Kritik zu vermitteln und deutlich zu machen, dass es in diesem bioethisch-gesellschaftspolitischen Konflikt mal nicht um den Konflikt Selbstbestimmungsfreaks vs. Lebensschützer (was auch immer das genau sein mag) geht, sondern ein bisschen um Fragen von Recht und Freiheit zum Rechtsbruch, um die Effizienz von Schutzmechanismen, vielleicht auch um die Bedeutung der Abstmmung….

Während sich die Politik zum Thema wieder etwas beruhigt hat (die aufgeregten Stellungnahmen der ersten Tage fehlen nicht, aber das Ziel des Ethikrates wird ohne Unterstützung in den Parteien auch nicht zu erreichen sein…), lassen die Medien es nicht so schnell wieder los (auch dieses Blog hier kann ja hartnäckig sein). Dort finden sich erhellende Texte, beispielsweise das Interview des Hamburger Abendblatts mit einer jungen Frau, die ihr Kind in die Babyklappe legte und heute wieder zu Hause versorgt. Als Auszubildende bei einer Bank versuchte sie, ihre Schwangerschaft zu verbergen. Nach der Geburt, die sie alleine zu Hause bewerkstelligte, brachte sie ihren kleinen Sohn erstmal ins Krankenhaus, wo es nach einer Woche entlassen wurde:

„Nach einer knappen Woche wurde er entlassen. Und da hab ich ihn in die Babyklappe in der Goethestraße gelegt. Ich wollte ihn ja eigentlich behalten, aber brauchte Zeit, um die Dinge zu regeln. Ich hatte ja kaum Zeit gehabt, mich auf das Baby vorzubereiten. Ich hatte es ja verdrängt. Das, was normalerweise während der Schwangerschaft hätte geschehen sollen, dafür brauchte ich die Zeit. Auch mit meiner Mutter zu reden. Und von der Babyklappe wusste ich, dass ich mich dort melden kann, in der gesetzlichen Frist.
Abendblatt: Welche Gefühle hattest du, als du ihn in die Klappe gelegt hast?
Sarah: Ein schlechtes, ich hab gedacht, ich bin eine schlechte Mutter. Aber ich brauchte dieses Zeitfenster, um das mit meiner Mutter und meiner Familie zu regeln.

Das Interview macht deutlich, dass auch in dieser Debatte Zwischentöne gefragt sind: Die Babyklappe hat hier kein Menschenleben gerettet, sie hat auch kein Kind um die Kenntnis seiner Herkunft gebracht. Stattdessen hat sie einer jungen Mutter eine kurze Pause ermöglicht – was die Frage aufwirft, ob es dafür nicht bessere und sicherere Lösungen gäbe. Die Interviewpartnerin ist, wen wundert es, eine große Verfechterin der Babyklappe, und attackiert, auch das nicht verwunderlich, den Ethikrat:

Abendblatt: Du hast die Entscheidung des Ethik-Rates gehört. Der Rat stellt sich gegen die Babyklappen.
Sarah: Das verstehe ich nicht, das entscheiden die, obwohl die überhaupt nicht wissen, wie man sich fühlt, was in einem vorgeht. Keiner von denen war in solcher Situation.“

Das klingt plausibler als es ist. Denn auch die, die Babyklappe geschaffen haben, werden nicht in einer „solchen Situation“ gewesen sein und Betroffenheit ist – auch wenn stillschweigend das Gegenteil vorausgesetzt wird – kein Garant für eine gute Politik. Schade, dass die Interviewerin Gita Ekberg ihr Gespräch so schlich und suggestiv ausklingen lässt.

Ganz anders und gar nicht betroffen argumentiert dagegen Renzo Spielmann in der Tagespost, der dem Ethikrat „Kulturvergessenheit“ vorwirft, was in gewisser Hinsicht unzutreffend ist, weil der Ethikrat in seiner Stellungnahme durchaus die historische und kulturelle Dimension der Babyklappen und der anonymen Geburt anreißt. Es trifft andererseits aber zu, weil die aus der Geschichte vergleichbarer Argumente Spielmanns, der sich als Verfechter eines „katholischen Realismus“ sieht, vom Ethikrat nicht aufgegriffen werden. Spielmann vertritt die These:

Dass es keine Findelkinder mehr geben soll, hat auch etwas mit dem Perfektionswahn der Moderne zu tun.

Er resumiert nach seinem Streifzug durch 900 Jahre Geschichte:

Man schafft mit sozialen Maßnahmen und jenen Beratungsstellen, die der Ethikrat so massiv gefördert sehen möchte, die beste aller möglichen Welten. Und schaut am elenden Einzelfall vorbei. Die Ausnahme gilt als unmöglich. Die Empfehlung des Deutschen Ethikrates ist daher so abstrakt, so sehr von Expertentum geprägt wie die Daten, die hier um jeden Preis erfasst werden müssen, so allgemein wie die Statistiken, die die Notwendigkeit von Babyklappe und anonymer Geburt gegen jede historische Erfahrung widerlegen, so irreal wie die ungeborenen Kinder, die im Kalkül erst gar keine Rolle spielen, und so gleichgültig wie das Recht, das hier keinesfalls Unklarheit und Ausnahme dulden soll.

Mythos und Literatur wissen dagegen: Es ist furchtbar, ohne Kenntnis der eigenen Herkunft zu leben. Aber das Leben kann nicht unter allen Umständen „perfekt“ beginnen. Sondern es muss erstmal beginnen, um sich entwickeln zu können. In seiner Leipziger Rede bezog sich Max Nassauer auch auf das Gleichnis vom einen verlorenen Schaf, über das die anderen 99 erstmal vernachlässigbar sind. Höchste Zeit, dem Ethikrat ein wenig Menschheitserfahrung – und ganz viel katholischen Realismus beizubringen

 Das Plädoyer für die Möglichkeit Ausnahmen zu schaffen ist klug gedacht und höchst bedenkenswert (wenn auch nicht ganz stringent, aber das wird einen Autoren, der sich für die Möglichkeit von Unklarheiten einsetzt einleuchtenderweise wenig stören). Es setzt aber voraus, dass den Betreibern und Verfechterinnen von Babyklappen auch das Ausnahmsweise ihres Engagements bewußt ist. Daran habe ich, insbesondere angesichts der aktuellen Debatte Zweifel: Babyklappen und die Möglichkeiten der anonymen Geburt, so erscheint es mir, werden nicht weniger sozialtechnokratisch als Lösungen für ein gesellschaftliches Problem präsentiert. Auch an einem weiteren Punkt überzeugt mich Spielmann gegen den Ethikrat nicht: Das Recht sollte die Ausnahme nicht im Detail regeln, das verbietet sich von selbst, es kann aber und sollte unbedingt vorsehen, dass es Ausnahmen geben darf, das gilt zumindest dann, wenn, wie hier eine Vielzhal soziale Einrichtungen mit vergleichsweise viel Geld und menschlichem Einsatz eine fast flächendeckende Struktur geschaffen hat, die Menschen auch ermutigt einen Weg jenseits der Norm zu beschreiten.

Nachtrag am 19. Dezember 2009: Eine norddeutsche Leserin hat mich auf ein Phänomen aufmerksam gemacht, das mich im Land der Tierfreunde natürlich eigentlich nicht hätte überraschen sollen: was den Babies recht ist, ist den Welpen billig – mittlerweile häufen sich die Welpenklappen. Aus dem Alltag einer Welpenklappen-Betreiberin berichten beispielsweise die Lübecker Nachrichten, standesgemäß prominent auf Seite 1 der Printausgabe. 

„Ich kannte die Babyklappe und habe mir gedacht, so etwas könnte es doch auch für Welpen geben“, sagt die 31-jährige Gründerin der Tierhilfe. 85 Kilometer von Lübeck entfernt gibt sie jungen Tieren eine zweite Chance. „Gerade hier auf dem Land gibt es häufig ungewollten Nachwuchs, der dann ertränkt oder erschlagen wird.“  

Den Titel „einzige Welpenklappe Norddeutschlands“ trägt das Unternehmen aber zu Unrecht. Denn auch in Aurich, das im zweifelsohne norddeutschen Ostfriesland liegt, wird eine Welpenklappe betrieben, die den Anspruch erhebt, die erste Welpenklappe Deutschlands zu sein:

„Sie sind auf der Seite der ersten Welpenklappe in Deutschland gelandet. Die Intention der Welpenklappe,die von uns gegründet wurde beruht darauf, ausgesetzten Hundebabys nach Untersuchungen, Impfungen und Wurmkur ein neues zu Hause zu verschaffen. Die Welpenklappe ist eine private Einrichtung, das Grundprinzip der Welpenklappe ist ähnlich dem der Babyklappen im gesamten Bundesgebiet.“

In Dallgow-Döberitz gibt es auch eine Welpenklappe, die sogar von einem echten Verein betrieben und im Web beworben wird:

Bild zu: Babyklappen: Der Ethikrat erklärt zurück und wer rettet die Welpen?

Bild: Welpennothilfe e.V.

Allerdings berichtet hier die Berliner Morgenpost von besonderen Problemen: die Welpenklappe muss wegen Überfüllung geschlossen werden, bis der 45 Mitglieder starke Verein wieder Kapazitäten hat, sich um neue Welpen kümmern zu können. Man weiß gar nicht, was man sich da wünschen soll….

 

 

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7 Lesermeinungen

  1. "Vielmehr geht der Ethikrat...
    „Vielmehr geht der Ethikrat nach Prüfung aller verfügbaren Erkenntnisse davon aus, dass Babyklappen die Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Kind aussetzen oder sogar töten könnten, von dem Angebot der anonymen Kindesabgabe nicht erreicht werden.“
    Na gut. Dann muss die Politik das eben ändern!

  2. Devin08 sagt:

    Der Kirchen liebste Saat und...
    Der Kirchen liebste Saat und der Mangel an authentischer Weltanschauung
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    Die „Findelkinder“ waren den Kirchen immer schon die liebste Saat. Es ist mit Sicherheit nicht falsch anzunehmen, dass so mancher Prediger genau solchen „Gewächsen“ entspross. Und solange eben solch Eigeninteresse der Kirche, wie ja auch im ideologisch/theologischen Bereich deutlich erkennbar, nämlich unter dem Stichwort: Schutz des Ungeborenen, fein säuberlich aus der Debatte herausgefiltert, bzw. eben mal offen eingestanden wird, kann ein wirklicher Diskurs, ein ideologiekritischer also, wohl kaum entstehen.
    .
    Das mal vorausgesetzt, wäre dann die eigentlich wichtigere, und solchermaßen eben auch geleugnete, Dimension die, welche nach den wahren Gründen sucht, warum heute, und dies in unserem Land, nicht in der Sahelzone oder in anderen irdischen Höllen, junge Mütter ihre Kinder aussetzen, bzw. gar töten.
    Das mag in vielen Einzelfällen dann so harmlos daherkommen, wie im Fall dieser hier genannten Mutter, aber als Massenphänomen wäre das damit unterbelichtet.
    .
    Die Rede ist hier von den sozialen und kulturellen Krisen, die heute Mütter, junge Mütter gar, durchstehen, wenn sie sich mit einer Schwangerschaft auseinandersetzen.
    Das Patriarchat, zumal ein kirchlich konnotiertes, ist objektiv am Ende, sowohl als Hort als auch als plausible ideologische Matrix. Und doch ist es allgegenwärtig. Hier, im Westen, nicht im Orient (dort auch, aber ganz anders!), gibt es ein solches, das sich modern gewendet zeigt, nämlich selten salbungsvoll-theologisch agierend, da sich in aller Regel politisch gebend. Und doch ist es überall als jene heimlich-unheimliche theologische Macht, welche das Patriarchat eben in diese kirchliche Form kleidet, der letztmöglichen womöglich. Ich rede da nicht von Verschwörung, die mag es auch geben – ich möchte nicht wissen, wie viele Politiker ihre eigentliche Macht der einen oder anderen Kirchenmacht zu verdanken haben, um nach dort dann auf alle Zeit tributpflichtig zu sein -, nein, die Rede ist von den Inhalten unserer verrechtlichten bürgerlichen Welt.
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    Schon bei der Frage, ob sie das Kind austragen will oder nicht, unterwirft sie sich staatlicher, resp. kirchlicher „Beratungsmacht“. Dann folgt der Mutterpass, der sie zum Objekt einer omnipotenten Gesundheitsverwaltung macht, dazwischen, davor und danach liegt das Standesamt und nicht selten endet die Odyssee beim Scheidungsrichter, dem Jugendamt, dem Sozialamt, dem Finanzamt (wegen Änderung der Steuerklasse) und so weiter und so fort.
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    Nicht deutlich erkennbar, aber doch spürbar die Macht der Kirche, die all diese Wege begleitet, vor allem dann, wenn es um diese „Saat“ geht. Es ist diese, welche vor allem interessiert, nicht ihr eigenes Selbst, nicht ihr Subjekt-Sein, ihr Objekt-Sein.
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    Patriarchat als die Dreieinigkeit von Staat-Kirche-Mann. Als unmittelbare Gegeninstanz zum eigenen Nicht-Subjektsein, der eigenen Ohnmacht, dem Nicht-Sein als selbstständiges Subjekt.
    Frauen von heute sollen glauben, dass sie dem Manne gleich gestellt sind, so die Gendersemantik, in Wahrheit aber sind sie nach wie vor unentbehrlich für die Reproduktion dessen, was dem einen das Humankapital, dem anderen der materiale Stoff für seine von Seelen bevölkerten himmlisch-irdischen Plenen. Je mehr sie aber selber zu Humankapital werden, die Frauen von heute, und dies in harter Konkurrenz zu den Vätern ihrer Kinder, zum Subjekt also – endlich – in der bürgerlichen Waren- und Arbeitsgesellschaft, stellen sie ihre solchermaßen subalterne eben Nicht-Subjekt-Rolle (Roswitha Scholz/Das Subjekt ist der Mann) laut oder auch wie so oft leise in Frage.
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    Und angesichts des Mangels einer authentischen „Weltanschauung“ – der Feminismus ist ja auch nur eine Version der bürgerlichen „Subjektideologie“ , was von Frau nur bedingt antizipiert werden kann, soweit sie nämlich zur bürgerlichen Klasse gehört (und auch als „proletarische Frau“ ist sie nicht Vollsubjekt, was ja auch die Theorie des Sozialismus noch nicht so richtig auf der Höhe der Zeit hat ankommen lassen) -, ergreift im Kopf der Frau etwas anderes diesen Platz: Angst und Verzweiflung, ja Hass auf die eigene Frucht, Vernichtungswut gegenüber jener „Saat“. Unfruchtbar sollst du sein, vernimmt sie als innere Stimme, nicht froh ob deines zweifelhaften „Glücks“. – Nihilismus und Fatalismus, Todeswunsch und Mordgelüste ergreifen so leicht von ihr Besitz.
    .
    Kirchen wie Ethikrat lösen keines dieser Probleme, schon gar nicht, wenn sie solches verschweigen. Ja und nicht zu vergessen: Der Nihilismus in seiner vormodernen Form, wo also „Gott noch nicht tot war“, im Nietzscheanischen Sinne, aber auch nicht in protestantischer Sinne Lesart dem Menschen offenbart, wäre natürlich einer kirchlichen Theologie zugänglicher als jede moderne Form von Weltanschauung bzw. Philosophie. Die Kirchen sind also nicht wirklich daran interessiert an diesem ideologischen Dilemma der Frau zu rütteln. Ohnmächtig soll sie bleiben, nicht wissend, und ihr Schicksal, wenn auch manchmal wütend dagegen, ertragen
    .
    Daher erfordert der öffentliche Diskurs eine ungeschminkte Auseinandersetzung um die Lage der „postmodernen“ Frau im Kapitalismus, im Rahmen der Formulierung einer Theorie, die auch der Klassenwirklichkeit der Frau Rechnung trägt.

  3. BlackJack66 sagt:

    Ich finde der wichtigste Satz...
    Ich finde der wichtigste Satz steht hier ganz am Ende: die Menschen auch ermutigt einen Weg jenseits der Norm zu beschreiten.
    Da ist eine tiefe Wahrheit dahinter verborgen, wieso glauben wir Menschen immer, dass es für alle Menschen einen perfekten immer gleichen Weg geben muss? Den gibt es nicht, wenn den Menschen etwas auszeichnet, so ist es die Eigenschaft im Rahmen von Gegebenheiten, die manchmal nicht zu ändern sind, frei über sich zu entscheiden. Freie Entscheidung heißt, ich finde meinen Weg und nehme die Strapazen und die Konsequenzen, die meine Entscheidung für mich hat, in Kauf. Kuchen backen ohne Mehl geht nicht genauso wenig geht ein Leben ohne Konsequenzen dafür zu tragen.
    Ich habe das dieses Jahr auf die harte Tour auch noch mal lernen müssen. Eine Freundin hat einen Selbstmordversuch begangen, etwas für das ich Ihr auch Egoismus vorgeworfen habe, denn die Zurückgebliebenen würden die Last des „Ich habe versagt“ ein Leben lang mit sich rumtragen müssen. Nun meine Gedanken waren natürlich auch egoistisch geprägt. Ich musste lernen, dass die freie Selbstbestimmung des Menschen, eben den Suizid(versuch) auch mit einschliesst.
    Freie Selbstbestimmung zu Ende gedacht fordert eben auch die Möglichkeit der anonymen Babyklappe, denn sonst enden im schlimmsten Fall zwei Leben und im besten Fall muss halt ein junger Mensch aufwachsen mit dem Bewusstsein Nicht gewollt geworden zu sein. Die Alternative?

  4. Die richtige Erkenntnis, dass...
    Die richtige Erkenntnis, dass Nutzerinnen von Babyklappen und die forensische Population der Muetter, die ihr Neugeborenes toeten unterschiedlich sind, sollte doch eher Anlass geben zu ueberlegen, wer warum die Klappen nutzt. Hypothese: dies sind Frauen in hoechster Not, die durch ein Verbot der Klappen nicht mehr erreicht werden. Den kulturellen Paradigmenwechsel, der die Babyklappe als natuerliche Option bzgl. der weiteren Lebensplanung des eigenen Kindes offeriert, kann ich nicht erkennen.

  5. Maruku1981 sagt:

    @BlackJack66

    Nun ich...
    @BlackJack66
    Nun ich interpretiere diesen „wichtigsten Satz“ etwas anders. Es geht nicht darum Menschen bei ihrem eigenen individuellen Weg jehnseits der Norm willkürlich zu unterstützen. Nein, Ausnahmen sollten (wenn überhaupt) nur dort gestattet werden wo Menschen in eine bestimmte Situation hineingezwängt werden. Dort wo beispielsweise Verbrechen und Leid vorherrschen. Das hat nichts mit freier Selbstbestimmung zu tun. Und ich denke man sollte sehr wohl diejenigen scharf kritisieren, die Babyklappen aber eben genau für diesen Zweck missbrauchen. Der oben genannte Auszug aus dem Interview des Hamburger Abendblattes könnte es nicht deutlicher darstellen.
    Ich würde „Sarah“ am liebsten einen Auszug aus der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vorlegen.
    Artikel 29:
    Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entfaltung seiner Persönlichkeit möglich ist.
    Jeder ist bei der Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.
    In einer hoch individualisierten Konsumgesellschaft wie der unsrigen scheint man das wohl allzu oft zu vergessen.

  6. scorpio sagt:

    Woher stammt eigentlich diese...
    Woher stammt eigentlich diese Fixierung auf das „Recht um das Wissen um die eigene Herkunft“? Und woher stammt dieses Recht selbst? Ist es so rund siebzig Jahre alt und wurde in Deutschland verfasst? (Nachtigall, ick hör dir trapsen!)
    Der Verein SterniPark Hamburg betreibt in Hamburg zwei Babyklappen und bietet die Möglichkeit zu anonymen Geburten. Er zog aktuell eine positive Bilanz: seit sieben Jahren gibt es keine toten Neugeborenen mehr, 38 Babies wurden abgegeben, 15 davon wurden von ihren Müttern abgeholt.
    Anders gesagt, 38 junge Frauen entgingen einer Anklage wegen versuchtem Kindsmord. Ist das nichts wert? Oder will der Ethikrat einfach mehr Verurteilungen wegen Kindsmord? Dann soll er das ehrlicherweise auch genauso kundtun, dann soll er seine Maske fallen lassen!

  7. tolmein sagt:

    @scorpio: Hm... nicht alles...
    @scorpio: Hm… nicht alles was mit Identität zu tun hat ist nun gleich nationalsozialistisch. Das Recht, zu wissen, von wem man abstammt, ist auch kein Recht, das es nur in Deutschland gäbe. Es ist im common law bekannt, die skandinavischen Länder kennen es auch… im deutschen Recht leitet es sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab, das durch Artikel 2 des Grundgesetzes geschützt wird. Woher wissen Sie oder sternipark aber, dass die 38 Babies alle von ihren Müttern abgegeben wurden? Und wieso entgingen die Abgebenden deswegen einem Strafverfahren? Das ist ja gerade der Streit: Niemand weiß, was mit den Kindern geschehen oder nicht geschehen würde, wenn es die Babyklappen nicht gäbe. Vielleicht würde tatsächlich jemand versuchen, sie zu töten. Vielleicht würden sie aber auch einfach weiterhin zu Hause versorgt werden… Dem Ethikrat zu unterstellen, er wolle „mehr Verurteilungen wegen Kindsmordes“ erscheint mir recht weit hergeholt zu sein….

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