„Warum wurde Verteidigungsminister zu Guttenberg im Jahr 2010 Medienstar und Gesundheitsinister Rösler nicht?“ Fragt strenggenommen weder sich noch uns Hans Leyendecker in der „Süddeutschen.“ Die Antwort, die mit dem Privatvermögen der Guttenbergs zu tun hat und dem Pflichtbewußtsein des ausn Vietnam stammenden Gesundheitsministers, fällt denn auch nicht wirklich erhellend aus. Was sowieso schade ist, weil Erhellendes – gerade jetzt in diesen trüben Tagen – immer gut tut. Es ist aber auch bedauerlich, weil die Gelegenheit vertan wurde sich über den Zusammenhang von Ressortverantwortlichkeit und Glamourfaktor Gedanken zu machen und darüber: Wäre zu Guttenberg als Gesundheitsminister eine ähnlich strahlende Lichtgestalt? Hätten er und seine von „Bild“ gehypte Frau Stephanie zu Guttenberg auch einen ambulanten Pflegedienst auf dem platten Land mit Kerner im Troß besuchen können, die geriatrische Station eines Kreiskrankenhauses mit anschließendem Talk in einer psychiatrischen Klinik über die Nöte der nach den Pychisch Kranken Gesetzen untergebrachten Patienten (wo sich vielleicht sogar der eine oder andere Soldat finden könnte, dessen Posttraumatische Belastungsstörung nach einem Kriegseinsatz bedrohliche Ausmaße angenommen hat) ? Die Fragen stellen, heißt auf Ihre Beantwortung verzichten zu können – aber vielleicht greift das Thema 2011 ja nochmal jemand auf: Wieso kann man alsMilitärpolitiker besser strahlen, als als Gesundheitspolitiker (und bitte sage niemand, es liege an dem Lobbyismus, der in der Krankenversorgung die politischen Rahmenbedingungen so ausgesprochen eng erscheinen läßt: die Rüstungsindustrie dürfte da der Pharmaindustrie in nichts nachstehen) ?
Auch wenn 2011 auf diese Frage keine Antwort liefern wird, steht doch biopolitisch einiges an Themen auf der Tagesordnung: Neben der bereits recht kontrovers diskutierten Frage nach der Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik (PID), die durch ein Gesetz beantwortet werden wird, wird auch die Auseinandersetzung um eine Neuregelung der Organspende aller Voraussicht nach das Parlament beschäftigen. Durchaus Gewicht könnte dabei der Vorstoß des konservativen maltesischen EU-Gesundheitskommissar John Dalli haben, der Anfang Dezember Änderungen in der deutschen Gesetzgebung gefordert und die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung vorgeschlagen (in der Union hatte er damit allerdings teilweise Empörung provoziert, weil die Äußerung als Einmischung in die – im wahren Sinn des Wortes – inneren Angelegenheiten empfunden wurde).
Im außerparlamentarischen Raum werden die (Dauer-)Bemühungen, die Spenderzahlen zu erhöhen schon seit geraumer Zeit intensiviert, unter anderem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die in den Kinos zwar lieber gegen Alkoholmißbrauch von Jugendlichen zu Felde zieht, im Internet aber mit der Kampagne „Organpaten“ versucht das Organspende stärker als „Mitmachthema“ zu etablieren.
Weniger im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen die vom Patientenbeauftragten der Bundesregierung Zöller für 2011 geplanten Eckpunkte für ein Patientenrechtsgesetz – auch das ist kein ganz neues Projekt. Bislang konnten die Ärztekammern entsprechende Vorstöße abblocken, dabei könnte die auch sonst so viel beschworene Rechtssicherheit doch auch den Behandlern von Nutzen sein. Ob die Idee, einen Entschädigungsfonds in das Rechtesystem zu integriere so schlau ist, kann man dagegen bezweifeln: in den zahlreichen Arzthaftungsverfahren, die es gibt liegt die Hürde meist nicht bei der Bemessung des Schadensersatzes, sondern in der Frage, ob überhaupt eine Haftung besteht und zu welchen Folgen ein eventueller Fehler geführt hat. Warum, wenn das gekkört ist, nicht der konkrete Schädiger bzw. dessen Versicherung zahlen soll, sondern ein übergreifender Fomds erschließt sich mir nicht. Interessant erscheint mir dagegen ein zweiter Vorschlag von Herrn Zöller, der sich zu recht, offenbar über das Bewilligungsverhalten vieler Krankenkassen ärgert: Wenn die Krankenkasse nicht innerhalb von vier Wochen über einen Hilfsmittelantrag oder den Antrag auf Durchführung einer bestimmten Behandlung entscheidet, gilt der Antrag automatisch als bewilligt. Da kann man nur empfehlen: Anträge stellen.
Bundesärztekammer Präsident Hoppe hat ja für 2011 schon einen Positionswechsel der Ärzteschaft zur ärztlichen Suizidbegleitung angekündigt. Kommt es dazu wirklich, könnte auch eine Reform des Betäubungsmittelrechts ins Haus stehen, denn wenn der Arzt kunstgerecht zum Sterben verhelfen will, wird er auch Wert darauf legen, die entsprechenden Medikamente verschreiben zu können. Ob Fehler in diesem Bereich dann auch vom großen Entschädigungsfonds finanziert werden, ist eine Frage, die ich nicht nur in rechtlicher Hinsicht interessant finde. Und was wäre der Behandlungsfehler? Analog wie bei den „Kind als Schaden“-Prozessen, die Kosten, die ich aufbringen muss, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren? Dieses Blog bleibt am Thema dran.
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