Der Deutsche Ethikrat hat gekreißt und hat, nein, keine graue Maus hervorgebracht,sondern eine recht lesenswerte Stellungnahme zum Thema Präimplantationsdiagnostik (PID) (dazu im Einzelnen mehr in der Print-Ausgabe der FAZ). Die Stellungnahme ist schon deswegen gelungen,weil sie erläutert, worum es bei der PID eigentlich geht. Wer weiß denn schon, was Blastomeren sind (S. 6 der Stellungnahme) und was eine Blastozyste (ebd.)? Und wer könnte in der Diskussion so ohne weiteres erläutern, was die Dreierregel bei der IVF ist (S.19 ff.) und wieso die Einführung der PID dazu führen würde, dass sie nicht mehr sinnvoll aufrecht erhalten werden kann, mithin die Zahl der erzeugten und dann zerstörten Embryonen deutlich größer werden wird? Ethikberatung ist also zuerst einmal – im guten Sinne – Volkshochschule, zumindest wenn es um ein so sperriges Thema wie die PID geht, das nur sinnvoll diskutieren kann, wer die biologischen Hintergründe kennt. Angesichts des allgemein gerne und freudestrahlend erklärten deutschen Desinteresses an Naturwissenschaften (jaja, auch ich hatte keinen spaß an Mathematik und wurde von einem schlechten Chemie- und Biolehrer geplagt) tut sich hier, wie bei vielen bioethischen Themen, ein gewisser Abgrund auf. Insofern ist der Ethikrat zu loben und insofern ist es auch zu begrüßen, dass dort mittlerweile drei Professorinnen und Pofessoren sind, die hauptberuflichin der medizinischen Forschung tätig sind,speziell im Bereich der regenerativen Medizin (Prof. Dr. Heike Walles hat den Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin inne, Prof. Dr Frank Emmrich leitet das Translationszentrum für Regenerative Medizin in Leipzig und Prof. Dr. Stefanie Dimmeler leitet das Institut für Kardiovaskuläre Regeneration an der Universität Frankfurt a. M.). Allerdings frage ich mich: Warum kommen eigentlich alle drei Forscherinnen und Forscher gerade aus diesem Feld? Und wieso finde ich bei keinem der drei in der Publikationsliste, die der Ethikrat von ihnen veröffentlicht hat, auch nur einen ethisch geprägten Titel? Überrascht es da, dass diese drei ganz einheitlich für eine Zulassung der PID eintreten?
Und wie sieht es sonst im Ethikrat aus: vier christliche Theologen, einer davon katholischer Weihbischof (Dr. Anton Losinger), einer evangelischer Landesbischof im Ruhestand (Prof. Dr. Christoph Kähler), einer ehermaliger EKD-Vorsitzender (Prof. Dr. Wolfgang Huber), einer katholischer Moratheologe an der Universität Freiburg und Herausgeber der Zeitschrift für Medizinische Ethik (Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff) – auch diese vier, nicht überraschend, eindeutig verortet als Befürworter eines Verbots der PID.
Nicht ganz so eindeutig ist die auch recht große Zahl der Juristen: acht Volljuristen prägen die Arbeit dort. Von denen haben allerdings mehrere beachtliche Zweitberufe: drei waren mindestens im Range von Staatssekretären in der Politik (Ulrike Riedel für die Grünen, Jürgen Schmude und Kristine Weber-Hassemer für die SPD), einer ist heute Technikfolgenforscher an der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Alfons Bora). Von den Juristen sind sechs für eine bedingte Zulassung der PID, zwei (Riedel und Bora ) sprechen sich für das Verbot aus.
Weiterhin im Ethikrat sitzen eher vereinzelte Medizinhistoriker und Medizinethikerinnen, ein Transplantationsmediziner und Gesundheitsökonom, Philosophen, eine weitere Technikfolgenforscherin, ein Psychologe und mit Dr. Peter Radtke einem promovierten Philologen, der in den Medien arbeitet, ein einziger Mensch mit einer allgemein als schwer charakterisierten Behinderung.
Wie heißt es in § 4 des Ethikratsgesetzes: „Der Deutsche Ethikrat besteht aus 26 Mitgliedern, die naturwissenschaftliche, medizinische, theologische, philosophische, ethische, soziale, ökonomische und rechtliche Belange in besonderer Weise repräsentieren. Zu seinen Mitgliedern gehören Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den genannten Wissenschaftsgebieten; darüber hinaus gehören ihm anerkannte Personen an, die in besonderer Weise mit ethischen Fragen der Lebenswissenschaften vertraut sind. Im Deutschen Ethikrat sollen unterschiedliche ethische Ansätze und ein plurales Meinungsspektrum vertreten sein.“
Insbesondere mit Blick auf die Gewichtungen zwischen den einzelnen Sparten und eingedenk der Bedeutung, die Erfahrungen für die Herausbildung ethischer Positionen haben, wünscht man sich den Deutschen Ethikrat deutlicher pluralistischer: Es gibt ja nicht nur evangelische und katholische Theologen in Deutschland, sondern, auch islamische, hüdische und vielleicht sogar buddhistisch; auch die juristische Bank erscheint überbesetzt (auchwenn ich natürlich weiß, wie unverzichtbar und vielseitig wir Juristen sind) und spiegelt trotzdem nicht das ethische relevante juristische Deutschland wider; so wichtig die medizinische Forschung erscheint, gerade hier wäre mehr Pluralismus gefragt, es gibt ja nicht nur regenerative Medizin, sondern auch Geriatrie, Palliativmedizin oder Pädiatrie (ummal einfach so ins Blaue zu schreiben), und wieso im ganzen großen Ethikrat kein einziger Mensch sitzt, der sich intensiv mit Pflege befasst ist vermutlich eines der ganz großen Geheimnisse, die nie gelüftet werden….
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Die Pid führt zum...
Die Pid führt zum Konformismus unter den Lebenden und zum Pluralismus unter den Toten.
Guten Tag Herr...
Guten Tag Herr Tolmein,
prinzipiell geb ich Ihnen in vielen Punkten recht, insbesondere bezueglich der Vielseitigkeit. Vor allem die ganzen Pfaffen scheinen mir fehl am Platze (okay, die Erde ist eine verdammte Kugel – aber die Seele, die kommt direkt von Gott!). Allerdings wundere ich mich auch (ich bin Naturwissenschaftler, nicht Mediziner), was Sie sich genau unter einem „ethisch gepraegten Titel“ vorstellen. Die meisten Forschungsergebnisse sind nicht ethischer Natur – und Artikel, in denen ethische Fragen diskutiert werden, erscheinen nun einmal eher im Feuilleton (wo sie auch hingehoeren) als in peer-reviewed Journals (und normalerweise werden nur Artikel aus solchen Zeitschriften ueberhaupt in der Publikationsliste eines Wissenschaftlers aufgefuehrt). Mal davon abgesehen, sind diese Leute im Rat, weil sie Ahnung von der Materie haben, nicht weil sie sich durch tendenzielle Diskussion dieser Themen hervorgetan haben – und somit die beste Verbindung der ganzen Philosophen und Juristen zur technischen Realitaet.
Und zu guter Letzt noch meine Meinung: Die Moral/Ethik hat sich noch immer der Technik angepasst – und sie wird es auch diesmal tun! Hier stehn wir dann und formen Menschen – nicht nach unserm Bilde, sondern Uebermenschen. Mal sehen, wie herrlich weit die es dann bringen.
Beste Gruesse aus dem Land der unbegrenzten Moeglichkeiten,
Prometheus
warum sitzen im ethikrat nicht...
warum sitzen im ethikrat nicht überwiegend menschen, die betroffen sind? wie sie andeuten, behinderte, frauen, die abgetrieben haben, eltern, die wegen möglicher erbkrankheiten bisher keinen nachwuchs geplant haben?
warum gibt es überhaupt einen ethikrat zu dieser thematik? könnten wir nicht einen ethikrat berufen, der empfehlungen für menschen ausspricht, die nicht für sich selbst entscheiden wollen oder sich das nicht zutrauen und denen, die sich diese entscheidung zutrauen die entscheidung selbst überlassen, ob und was sie an möglichkeiten nutzen, nachwuchs zu bekommen?
manchmal fühle ich mich mehr entmündigt als sonst.
@Prometheus: Ihr Beitrag passt...
@Prometheus: Ihr Beitrag passt zu Ihrem bescheidenen Pseudonym. Mir ist allerdings verschlossen geblieben, worin Sie mir prinzipiell zustimmen? Immerhin finde ich Ihre Auffassung des Verhältnisses von Ethik und Naturwissenschaft bemerkenswert. Erfreulicherweise ist sie unzutreffend, schon deswegen, weil – wie der aktuelle Streit zeigt – es nicht einfach eine „Anpassung“ der Ethik an die Technik gibt, sondern eine Vielzahl von Anpassungs-und Verweigerungsmöglichkeiten. Und es gibt eine ganze Reihe von ethischen Prinzipien – sei es die Ablehnung von Diskriminierungen, die Rechtfertigung eines Handelns im Notstand oder auch das Prinzip der Schadensvermeidung – die die Entwicklung der Technik gut überstanden bzw. begleitet haben. Und auch Naturwissenschaftler können sich fachlich mit Ethik und den Folgen Ihres Handelns befassen – sogar in peer-reviewed Journals oder gar in ethischen Fachzeitschriften.
Herr Tolmein, als ich die...
Herr Tolmein, als ich die Überschrift Ihres Blogeintrages las, schloss ich eine kleine Wette mit mir selbst: Auf eine Überrepräsentation von Medizinern, Theologen und Juristen. Und auf die vollständige Abwesenheit eines Menschen aus der Mehrheitsbevölkerung, die nicht aus Professoren besteht. Hängt das vielleicht zusammen? Vielleicht. Juristen haben es geschafft, im öffentlichen Bewusstsein von Experten für Recht zu Experten für Gerechtigkeit zu werden, die sie nicht sind. Und alle Beratungsgremien, die sich (auch) mit ethisch-juristischen Fragestellungen auseinandersetzen, haben die beunruhigende Tendenz, nicht einmal mehr entfernt widerzuspiegeln, was weite Teile der Bevölkerung für richtig oder falsch halten. Vom Ergebnis her gedacht ist es aber ziemlich gleichgültig, was Gelehrte auf hohem Abstraktionsniveau für ethisch vertretbar halten, wenn dies Ansicht nicht in einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird. Denn dort muss das Ergebnis ethischer Bewertung praktisch durchgesetzt werden, was nach aller Erfahrung auf Dauer schwierig wird, kann man die Bevölkerungsmehrheit nicht mitnehmen. Sinnvoll wäre also die Einbeziehung von „Otto Normalverbraucher“ – und sei es nur, um eine Rückmeldung zu bekommen, wie eine ethische Grunlagenstellungnahme bei ihrem eigentlichen Adressaten ankommen wird. Andernfalls entspricht das vorhersehbare Resultat der heutigen Lage – von wenigen Interessierten gelesen werden Stellungnahmen solcher Expertengremien ignoriert. Und das zu Recht – wegen praktischer Irrelevanz.
Den meisten Bürgern ist egal...
Den meisten Bürgern ist egal wer da Sitzungsgeld kassiert, denn die Gesetze werden auch für Ärzte und die sonstigen Ratsuchenden dieser wohl eher überflüssigen Einrichtung in den deutschen Parlamenten gemacht. Und das ist auch gut so. Es ist doch gut, dass es solche „Einrichtungen“ gibt, denn dort können die Reden geschwungen werden, mit denen ansonsten die Öffentlichkeit gelangweilt wird und wichtig kann man sich in einem solchen Gremium auch fühlen, ohne es zu sein.
Smile...wir sollten nicht so...
Smile…wir sollten nicht so „streng“ sein – mit dem Ethikrat als Gremium als auch insbesondere mit seinen Mitgliedern, die gelegentlich sich uns als Universalgelehrte präsentieren und Gewichtiges zu ermelden haben, auch wenn gerade hierbei die vielgerühmte Wissenschaft auf der „Strecke zu bleiben droht“, bleiben doch nicht selten die Ethikratmitglieder nach den Sitzungen und Diskussionsrunden ihren Denkmustern „verhaftet“, in denen sie vorbildlich ihre Rolle als „Überzeugungstäter“ jenseits einer wissenschaftlichen Diskussion weiter spielen können. Auf gelegentlich „hohem Niveau“ wird debattiert und ein jedes Mitglied darf und soll seine Meinung äußern und im Eifer des Gefechts werden denn auch schon einmal zentrale Grundrechte – wie halt das Selbstbestimmungsrecht – versenkt. Der gute Ton allerdings gebietet hier allerdings mäßige Kritik, auch wenn es manchmal unerträglich ist, mit welcher Leichtigkeit manche Ethikratmitglieder über fundamentale Einsichten hinweg fegen, so wie einst Gottes Sohn es für unumgänglich hielt, u.a. einige Schriftgelehrten aus dem Tempel zu fegen.
Nun sind wir zwar von einer Seligsprechung mancher Ethikratmitglieder weit entfernt, aber manchmal kann schon der Eindruck entstehen, dass wir hier es mit einer besonderen Gattung der Wissenschaftler haben, die schon wissen, was für uns alle gut ist und dort, wo wir nicht hören wollen, gleichsam auch die ethischen Botschaften fühlen müssen. Wer von uns will denn schon als „unanständig“, „unmoralisch“ oder gar als „Dr. TOD“ und „Herrn über Leben und Tod“ bezeichnet werden? Nehmen wir die Botschaften eines „Rates“ einfach nur zur Kenntnis und besinnen uns dabei auf eine Werteverfassung, die – wem auch immer hierfür Dank zu schulden ist – uns einen ethischen und moralischen Entscheidungsspielraum belässt, ohne dabei von irgendwelchen „Überzeugungstätern“ instrumentalisiert zu werden.
@OliverTolmein: Ich stimme...
@OliverTolmein: Ich stimme darin mit Ihnen ueberein, dass der Ethikrat zu einseitig (naja, dreiseitig vielleicht) besetzt ist. Das empfand ich, auch ob der Ueberschrift, als eine Ihrer Kernthesen. Zugegeben, damit hat es sich auch schon einigermassen.
Anders als einige hier im Forum bin ich nicht der Meinung, ein Ethikrat, sofern man denn einen benoetigt, solle die Gesamtheit der Bevoelkerung widerspiegeln. Dafuer haben wir ja schliesslich das Parlament. Ein Ethik- oder sonstiger Rat macht in einer parlamentarischen Demokratie nur da Sinn, wo er als beratendes Expertengremium den Volksvertretern mit wissenschaftlich-technischem Sachverstand und dessen Einordnung (Philosophen, Historiker etc.) zur Seite steht, damit diese sich ihre EIGENE Meinung aufgrund der Faktenlage bilden koennen.
Die Diskussion ueber die Verantwortung der Wissenschaft ist so interessant wie langwierig (schon bei Duerrenmatt), vor allem wenn man betrachtet, wie schnell sich moralische Bewertungen innerhalb weniger Jahre mehrfach wandeln koennen (siehe Oppenheimer). Und vermutlich ist es vom einzelnen Wissenschaftler zu viel gefordert, direkt alle Folgen seines Forschens vorauszuahnen und zu bewerten.
Das „bescheidene Pseudonym“ habe ich mir uebrigens erst zugelegt, nachdem ich die letzten Zeilen meines Beitrags geschrieben hatte, wer weiss wer mir das in Jahren noch vorhalten koennte, falls unter Klarnamen veroeffentlicht. Wir moegen die Wahrheit ja nicht unbedingt sehen. Allerdings bleibe ich im Grossen und Ganzen bei meiner Aussage; lassen Sie mich diese kurz erlautern:
a) Ich behaupte nicht, dass alles was getan werden kann (z.B. neue Waffen) irgendwann moralisch akzeptiert wird.
b) Allerdings: Alles, was grundsaetzlich ueberwiegend progressive Folgen haben koennte, setzt sich letztlich durch.
c) Dazu bedarf es allerdings einer gewissen Latenzzeit, in der durchaus mit Kaempfen zu rechnen ist.
Beispiel PID: Wir diskutieren doch heute ueberwiegend ein Problem von Morgen. Heute ist es ja nur sehr begrenzt moeglich, einige wenige genetische Defekte zu erkennen, und dann daraus folgend eine Selektion zu treffen. Was wir heute diskutieren ist, ob es prinzipiell erlaubt sein soll, ueberhaupt zu selektieren. Die Gegenargumente sind dabei nahezu ausschliesslich metaphysisch-religioes. Wenn die Genetik aber im bisherigen Tempo fortschreitet, dann sind in wenigen Jahrzehnten die sog. „Designerbabys“, die heute entweder Schreckgespenst sind oder als nicht diskussionswuerdige Utopie dargestellt werden, Realitaet! Menschen (fast) ohne genetische Defekte, fit, stark, gesund (!), vielleicht auch attraktiv… Mag sein, dass uns das sehr erschreckend vorkommt (eingedenk speziell der deutschen Geschichte), aber beispielsweise mit der Ethik in den groessten Teilen Asiens scheint mir das durchaus vereinbar. Und dann? Ich will meine Kinder/Enkel nicht abgehaent und chancenlos gegenueber den ‚Super-Chinesen‘ sehen – und viele andere werden das auch nicht wollen. Also wird sich faktisch, wenn es die Moeglichkeiten denn gibt, eine solche Fortpflanzungstechnik auch hierzulande durchsetzen. Zu leiden werden darunter die „Normalos“ der Zwischengeneration haben, aber muss man nicht weiter sehen als die paar Jahrzehnte? Wir koennten (werden koennen!) ein besseres Menschengeschlecht erschaffen koennen. Nachdem wir durch die Medizin die Evolution weitesgehend ausgetrickst haben, koennen die Biowissenschaften dann eine anthopogene Evolution, schneller und wirkungsvoller, dagegen setzen.
d) Halten Sie mich bitte nicht fuer hoffnungslos fortschrittsglaeubig – das „so herrlich weit bringen“ (bis an die Sterne weit!) hab ich dem Faust mitsamt seiner ironischen Konnotation entliehen. Aber nach allem was uns die Vergangenheit gelehrt hat, in der nach und nach religioes motivierte Moral insbesondere auch durch den Einfluss der Wissenschaft ad acta gelegt wurde (was man sagen, tun oder lassen kann hat sich doch gravierend gewandelt), halte ich das bezeichnete Szenario lediglich fuer das wahrscheinlichste. Und um nochmal zu Duerrenmatt zurueckzukehren: Alles was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr ruechgeaengig gemacht werden.
Gruss, P.
Ach Herr Barth, ich lese Sie...
Ach Herr Barth, ich lese Sie immer sehr gerne. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich aus einem hier nicht zu nennenden Grund zu gefühlsbetont, verbittert und deshalb meist nicht sehr sachlich. Freuen wir uns einfach dadrüber, dass die Zeit der Räte weltweit fast zu Ende ist und nur noch in Nordkorea und Kuba politisch bedetsam sind. Räte, so könnte man aus dieser Tatsache politisch ableiten, haben noch nie jemand einen Nutzen gebracht – nur geschadet.
@Mitleser: Nun - es steht mir...
@Mitleser: Nun – es steht mir nicht zu, über Emotionen oder gar Verbitterung von einzelnen Diskutanten zu befinden, wenngleich es hierauf auch nicht ankommen dürfte. Entscheidend dürfte vielmehr sein, ob der Ethikrat – so wie sein Vorgänger-Gremium – prinzipiell dazu in der Lage ist, etwas substantiell Neues zur Debatte beizutragen oder ob es lediglich darum geht, gemäss den wissenschaftlichen Geboten den Diskussionsstand angemessen und möglichst vollständig abzubilden.
Jenseits der müßigen Debatte um die Causa zu Guttenberg habe ich für mich das Fazit gezogen, dass die Mitglieder in dem Ethikrat allen voran ihre ureigene Meinung vertreten und es wohl nicht gelingen wird, dass der eine oder andere gleichsam bereit ist, dazu zu lernen und so für sich einen Erkenntniszuwachs verzeichnen kann. Auffällig ist, dass die „bioethischen Hochdiskurse“ tatsächlich in mehr oder weniger intelligenten Tageszeiten und dort vorzugsweise in den Feuilletons geführt werden und im Übrigen auch namhafte Ethikratmitglieder sich der Printmedien jenseits der fachwissenschaftlichen Presse bedienen, um so Einfluss auf das öffentliche Meinungsbild nehmen zu können, ohne hierbei auch nur ansatzweise den wissenschaftlichen Arbeitsstandards zu genügen. Anderenorts habe ich nachhaltige Kritik an den pseudowissenschaftlich geführten Diskursen geübt und ich denke, dass es in den Diskursen primär darum geht, insbesondere eine wertkonservative Ethik zu dogmatisieren und zwar durchaus in dem Sinn, dass hierüber nicht mehr verhandelt werden soll. Es scheint an der Zeit zu sein, die Frage nach dem „guten Ethiker“ zu stellen und zwar gerade mit Blick darauf, dass eine kleine handverlesene Schar von Oberethikern sich dazu aufschwingt, selbst Kollegen aus ihrer Zunft in ihren Beiträgen mehr oder weniger bewusst zu übergehen, so, als gäbe es in der Ethik als Wissenschaft keine widerstreitende Positionen.
Für mich ist es keine Frage: So manche Arbeit, wissenschaftlicher Artikel oder halt die üblichen Beiträge in den Feuilletons sind eher unterdurchschnittlich und so mancher Student hätte wohl seine liebe Not, mit einer solchen Arbeit einen ausreichenden Leistungsnachweis zu erbringen. Nun will ich zwar nicht dem Untergang der Wissenschaftskultur das Wort reden, wohl aber darauf aufmerksam machen, dass auch die Oberethiker in unserem Lande nicht von der manchmal hohen Last der Argumentation befreit sind und zwar ungeachtet dessen, ob diese habilitiert oder promoviert sind. Der akademische Titel allein bürgt sicherlich nicht für die Qualität späteres Beiträge.
Vielleicht macht es auch Sinn, gelegentlich zu einzelnen Themen zu schweigen, es sei denn, man/frau ist bereit, sich auch anderen Wissenschaftsdisziplinen zu öffnen und gleichsam „quer zu denken“, was allerdings so manchem aufgrund der Komplexität sichtlich schwer fällt.