Viel knapper kann man es nicht sagen: „Wenn einer sterben will, dann möchte er nicht mehr leben. Das muss man akzeptieren.“ Der legendäre deutsche Bundesligaspieler Timo Konietzka, der seit langem im Schweizer Brunnen lebte, hat Suizid begangen. Konietzka war seit längerem für die schweizer Sterbehilfe-Organisation „Exit“ aktiv und hat auch für seinen eigenen Suizid Hilfe der Organisation in Anspruch genommen, die nach eigenen Angaben 80.000 Mitglieder in der gesamten Schweiz hat, die allermeisten davon leben in der Deutschschweiz. Auch seine Todesanzeige hat der gebürtige Westfale, der zuletzt eine Gaststätte am Vierwaldstättersee betrieben hat, als Manifest ausgestaltet.
(aus: Bote der Urschweiz)
Der Fußballer hatte seinen Suizid bereits letztes Jahr angekündigt im schweizer Boulevardblatt „Blick“ erläutert: „Ich kann so meine Frau und meine ganze Familie entlasten.“ Seine Botschaft ist nun vor allem in der Bundesrepublik Deutschland angekommen. Während beispielsweise der „Tagesanzeiger“ den Tod nüchtern und ohne Erwähnung des assistierten Suizids vermeldet hat, haben etliche bundesdeutsche Medien den Anlaß genutzt, eine kleine Sterbehilfe-Debatte loszutreten. Die Faktenbasis ist dabei allerdings oft brüchig. „Bild“ und „focus“ beispielsweise behaupten gleichlautend:
„In Deutschland ist Sterbehilfe gesetzlich verboten. In der Schweiz dagegen seit 1918 erlaubt („Hilfeleistung durch einen Dritten“).“
Das trifft nicht zu. Sterbehilfe wird auch in Deutschland vielfach verübt. Strafrechtlich verboten ist lediglich die „Tötung auf Verlangen“ (§ 216 StGB), um die es hier aber nicht ging. Suizid ist in Deutschland ebensowenig verboten, wie die Beihilfe zum Suizid (um die es hier ging). Allerdings untersagt das ärztliche Berufsrecht Ärzten die Beihilfe zum Suizid und das Betäubungsmittelgesetz verbietet den Gebraucht bestimmter Substanzen, beispielsweise den des in der Schweiz oft genutzten Natriumpentobarbital.
Die „Welt“, die einen Text von dapd nutzt, behauptet ebenfalls unzutreffend, Konietzka sei durch Anwendung „aktiver Sterbehilfe“ gestorben, die in der Schweiz erlaubt wäre. Unterstützung beim Suizid ist keine aktive Sterbehilfe, weil die Tatherrschaft beim Sterbenden verbleibt, der den Medikamentencocktail selber trinkt. „Aktive Sterbehilfe“ wäre eine direkte, zum Tod führende Einwirkung von außen, insbesondere eine tödliche Spritze. Das ist in der Schweiz durch Artikel 114 Schweizerisches Strafgesetzbuch grundsätzlich genauso verboten wie in Deutschland.
Der von „Exit“ unterstützte Suizid von Konietzki hat jetzt die Kontroverse darüber wieder belebt, welche Formen von organisierter Suizidbeihilfe in Deutschland verboten werden sollen. Die schwarz-gelbe Koalition hat vor kurzem bekräftigt, dass sie „gewerbsmäßige Vermittlung von Sterbehilfe“ unter Strafe stellen will. Das klingt nachvollziehbar und es hat auch bereits mehrere Anläufe gegeben, dieses Ziel zu erreichen – die aber stets gescheitert sind (z.B. der rheinland-pfälzische Versuch einen § 217 StGB „Werbung für Suizidbeihilfe“ einzuführen), weil es gar nicht so einfach ist, eine Regelung zu entwickeln, die ihr Ziel klar in den Blick nimmt, es auch trifft und gleichzeitig weder ausufernd formuliert ist, noch unerwünschte Nebenwirkung zeitigt. Schon der Begriff des „gewerbsmäßigen“ kann dabei zum Stolperstein werden, denn er setzt voraus, dass die Tätigkeit nicht nur gelegentlich betrieben wird, sondern auf Dauer angelegt und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtet ist. Als Gegenbegriff dazu gilt in der Rechtsprechung (vgl. BVerwG vom 13.9.2007, 3 C 49/06) „gemeinnützig“ und „karitativ“. Sterbehilfeorganisationen wie „Exit“, „Dignitas“ oder auch Roger Kuschs „SterbehilfeDeutschland“ reklamieren stets ideelle Ziele, insbesondere die Unterstützung des Rechts auf Selbstbestimmung für sich. Ihnen ggf. in einem Strafverfahren nachzuweisen, dass sie Sterbehilfe zur Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile vermitteln könnte zumindest leicht ein anspruchsvolles Unterfangen werden.
Zudem bestünde die Gefahr, dass eine solche Vorschrift, ähnlich wie Artikel 115 StGB (Schweiz), als abschließende Sonderregelung verstanden werden würde – das könnte im Ergebnis dazu führen, dass die Untersagung der Beihilfe zum Suizid im ärztlichen Berufsrecht einen schwereren Stand hat, als gegenwärtig noch. Weiterhin müsste geklärt werden, wie eine solche Vorschrift zum Betäubungsmittelgesetz steht, das eine Nutzung von bestimmten Substanzen für die Beihilfe zum Suizid ausschließt. Kurz: ein gesetzgeberischer Schnellsschuss erscheint eher nicht angezeigt. Und die Gefahr, dass eine solche Regelung, ist sie schlecht gemacht, ihr Ziel weit verfehlt, ist erheblich. Die Debatte in der Koalition, in der die FDP eine sehr liberale Regelung bevorzugt, signalisiert die Probleme.
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Ich würde die Legalisierung...
Ich würde die Legalisierung von Beihilfe zum Suizid durch Ärzte in Deutschland befürworten.
Ferner sehe ich nichts unmoralisches an einer „gewerbsmäßigen Vermittlung von Sterbehilfe“. Wenn man der Auffassung ist, dass ein selbstbestimtes Sterben eine Implikation der Menschenrechte ist, was spricht dann dagegen, dass diejenigen, die ein solches Sterben ermöglichen, damit Geld verdienen? Man findet es ja auch nicht unsittlich, dass Ärzte mit Krebspatienten Geld verdienen, statt ihre Heilkunst aus purer Nächstenliebe auszuüben. Also warum muss ein Sterbehelfer rein ideel motiviert sein?
freundliche grüße,
R. Carnap
Die gegenwärtige Debatte...
Die gegenwärtige Debatte zeigt lediglich, dass endlich der Gesetzgeber seiner Verantwortung nachzukommen hat. Die „philosophischen, moralischen, ethischen und theologischen“ Grundsatzerwägungen können nicht darüber hinweg täuschen, dass die Debatte hierzulande „unterbelichtet“ ist, zumal in den Medien.
Die „Sterbehilfe“ hat derzeit Hochkonjunktur nicht nur in der Tagespresse, sondern auch in der Fachliteratur. Fortschritte im Diskurs werden allerdings nicht erzielt. Die sattsam bekannten Argumente werden pathetisch vorgetragen, statt sich daran zu erinnern, dass das Selbstbestimmungsrecht der Schwersterkrankten zu wahren ist. Der Sterbetoruismus ist eine konsequente Folge aus der neopaternalistischen Werthaltung mancher Oberethiker in unserem Lande, die es geschickt verstehen, „Äpfel mit Birnen“ zu vergleichen. Schon schickt sich die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung an, das „Marketing“ der Sterbehilfegesellschaften zu rügen. Mit Verlaub: Solange hierzulande ein Sterben in Würde nicht möglich ist und zwar jenseits der Segnungen der Palliativmedizin, ist allenfalls der Hinweis der Oberethiker „unerträglich“! Wir sollten die Ethik im Dorf lassen und uns lediglich an den ethischen Grundstandard unseres Grundgesetzes erinnern.
Ich frage mich, ob das ...
Ich frage mich, ob das „entlastende Sterben“ nicht nur ein weiterer Auswuchs des neoliberalen „High Performer“ Denkens ist, dass alles, was nicht „jung dynamisch erfolgreich behinderungsfrei krankheitsfrei“ ist, oder gar in irgendeiner Weise „Hilfsmittel“ braucht, aussortiert…..
A propos: Anfang 2007...
A propos: Anfang 2007 erklärte der bayrische Rundfunk – ENTGEGEN DER REALITÄT – in der Schweiz gäbe es keine Sterbehilfe. Na Hauptsache Sie fangen die Slebstmörder an der Grenze ab, damit das ein EU-einheitlich (bis auf die Niederlande) GEREGELTes Problem bleibt – wie die Sache mit Marihuanakonsum oder Abtreibung auch ;o)
Mit Verlaub: Es geht um das...
Mit Verlaub: Es geht um das schlichte Wort der „Selbstbestimmung“ und nicht um ein neoliberales (Nach)Denken über ein sozialverträgliches Frühableben.
Gerade diese Schlichtheit eines zentralen Grundrechts scheint aus der Sicht so mancher Lebensschützer-Fraktionen eine unendlich große Hürde darzustellen, die zu übersteigen insbesondere deshalb nicht gewollt ist, weil dann in der Folge so manche Mission als eine solche von ethischen Überzeugungstätern entlarvt werden muss und demzufolge als moralisch und ethisch inakzeptabel zu qualifizieren wäre.
Hier in Deutschland ist und bleibt voraussichtlich der Diskurs über die Liberalisierung mit Mythen und Legenden behaftet, weil es insbesondere auch namhaften Patientenschützerorganisationen gelingt, für sich die Medien als öffentliche Plattform für ihre neopaternalistischen Thesen zu instrumentalisieren.
Der Kollege Tolmein hat völlig Recht mit seiner Bewertung, dass es sich bei dem prominenten „Fall“ nicht um aktive Sterbehilfe handelt. Nach Jahren der Debatten ist es völlig unerklärlich, warum nahezu alle Medien immer noch nicht in der Lage sind, hier zu differenzieren oder, alternativ, nicht um der Mission willen differenzieren wollen.
Das vornehme Geschwätz im vermeintlich bioethischen Hochdiskurs über das frei verantwortliche Sterben ist unerträglich und es ist hohe Zeit, dass der Gesetzgeber endlich seiner Regelungsaufgabe nachkommt, damit den Sendboten einer vermeintlich „würdevollen Sterbekultur“ allein im Namen der Palliativmedizin und Hospizbewegung ihre hobbyphilosophische Spielwiese entzogen wird.
Ein „Patientenschutz“ ist ohne ein deutliches Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht der schwersterkrankten und sterbenden Patienten nicht denkbar und insofern ist die Sterbehilfe zu liberalisieren. Keiner der schwersterkrankten oder sterbenden Patienten ist verpflichtet, das Leid anzunehmen und zu ertragen, so wie keiner verpflichtet ist, aus sozialethischer Perspektive frühzeitig aus dem Leben zu scheiden.
Einzig die Binnenperspektive des schwersterkrankten Menschen ist maßgeblich und da würde ich mir denn auch wünschen, dass die Götterboten einer „Sterbekultur“ nicht nur „Selbstverständlichkeiten“ predigen, sondern insbesondere auch zu einer inhaltlich fundierten Kritik an einer palliativmedizinischen Sonderethik übergehen! Bücher über das „Sterben“ im Allgemeinen und im Besonderen haben Hochkonjunktur: Palliativmediziner erscheinen uns nicht selten im Gewande eines Messias, die uns das „Sterben lehren“ möchten und dennoch bleiben auch diese uns die Antwort auf die bedeutsame Frage schuldig: Darf der schwersterkrankte und sterbende Mensch am Ende seines Lebens frei und selbstbestimmt den Todeszeitpunkt bestimmen und sofern er zur eigenhändigen Tatausführung nicht in der Lage ist, letztlich darauf hoffen, dass ihm ein Arzt hierbei assistiert?
Die Initiatoren der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen können diesen letzten Weg „ihrer“ Patienten nicht mitgehen; dies wird unsere Gesellschaft angesichts Art. 4 GG zu respektieren haben. Weshalb nun allerdings diese Werthaltung in eine nationale Strategie münden soll, bleibt einzig das Geheimnis der Initiatoren.
Abermals mit Verlaub: Verfassungsrechtliche Binsenweisheiten werden von den Neopaternalisten beharrlich nicht zur Kenntnis genommen und da darf man/frau sich nicht wundern, wenn der „Sterbehilfetourismus“ boomt und – wie sich nunmehr aus der aktuellen berufsrechtlichen Situation angesichts unterschiedlicher Regelungen in einzelnen Landesärztekammern ergibt – auch in der Zukunft innerhalb von Deutschland auf Interesse stoßen wird. Eine Reise ins Ausland ist da nicht zwangsläufig notwendig, da einige Landesärztekammern dem ethischen Zwangsdiktat der BÄK vom strikten Verbot der ärztlichen Suizidassistenz eine Absage erteilt haben und zwar aus guten und nachvollziehbaren Gründen. Da wäre es schon lobenswert, wenn auch die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung sich deutlich zum Selbstbestimmungsrecht der Patienten und zur Gewissensfreiheit der Ärzte bekennt, anstatt sich als ethische Obergelehrte zu gerieren, um unsere europäischen Nachbarländer moralisch und ethisch disziplinieren zu wollen.
Nicht die Schweizer, die Niederländer, die Belgier oder andere Staaten leiden an ethischer Orientierungslosigkeit, sondern unsere Oberethiker hierzulande, die um ihrer Mission willen selbst Grundrechte zu Grabe tragen, in denen sich in besonderer Weise ein Freiheitsverständnis widerspiegelt, für das „zu kämpfen“ sich allemal lohnt.
Seit der Veröffentlichung...
Seit der Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Artikels zum Thema Abtreibung, in dem die Verfasser aus der Sicht der paktischen Ethik, die Ermordung von Neugeborenen, unter bestimmten Voraussetzungen für vertretbar gehalten haben, bin ich als liberal eingestellter Mensch vorsichtiger geworden, denn man könnte ja die Gedankenspiele fortsetzen bis zu einem Grad, der noch perverser ist, als der Ausgangsgedanke. Was mich immer mehr stört an dieser Sterbehilfediskussion, ist der Absolutheitsanspruch beider Seiten. Die Argumente der sogenannten Palliativmedizin trgen gewiss religiöse Züge und stellen ein Heilsversprechen dar, das nicht trägt. Der liberale Rechtsstaat tut gut daran, nicht den Eindruck zu erwecken, als dass er sich deren Argumente zu eigen machen möchte. Aber die Förderung von Vereinen, deren Aufgabe es sein soll, Menschen beim freidlichen Abgang aus dieser Welt zu helfen, das halte auch ich moralisch für fragwürdig – und dies nicht auf der Grundlage hoherer Wahrheiten, sondern auf der Grundlage, dass uns allen alles Leben als schützenswert erscheinen sollte. Es sollte weder die palliative „Pflicht“ zum Lebenserhalt aus religiösen Gründen öffentlich gefördert und unterstützt werden, noch die Gründung sogenannter Sterbehilfevereine gefördert werden.
Niemand sollte in rechtlicher Hinsicht zu dem einen oder anderen gezwungen werden, sondern der Tod, das Ende des Lebens, sollte dort verbleiben, wo es hingehört: In die Obhut des jenigen, der am Ende des Lebens sich egal aus welchem Grund befindet und seinen Angehörigen. Ihm/ihr sollte frei von staatlicher Bevormundung und religösen und m.E. in diesem Falle christlich theologisch auch gar nicht so sicher begründbarem Lebenszwängen die freie Entscheidung gelassen werden. M.E. sollten wir beiden Richtungen verbieten, so aggressiv für ihre Interessen einzutreten und zu werben, denn letztendlich stellt beides eine abzulehnende Pathologisierung und Medikalisierung des Todes dar. Wenn wir aufhören würden, den Tod zu madikalisieren und pathologisieren, insbesondere des Freitod, dann würden wir alle freier sein in unseren Entscheidungen und Beurteilungen. ch glaube, dass der Fantismus der Hospizbewegung und das absolute Beharren auf absolute Freiheit in diesem Zusammenhang nur zu einem führen wird, nämlich, dass wir keiner Anischt gerecht werden können und tatsächlich nach der Medikalisierung und Pathologisierung des Todes und des Freitods auch noch ein politisches Regime über den Tod uns schaffen, das wir aus humanen überlegungen ablehnen sollten. Wir sollten uns deiser drohenden „Bio-Politik“ widersetzen. Die Hospizbewegung wird scheitern, wenn sie nicht lernt, sich als ein Weg zu begreifen, denn die nähere Zukunft ist eher liberal und nicht religiös. Das mag man kritisch sehen, aber wird es mit aggressiv vorgetragenen Argumenten nicht verhindern können.
Lieber Herr...
Lieber Herr TutnixzurSache,
es wird niemand „aussortiert“. Wer bis zu seinem natürlichen Tod leben möchte, kann es tun. Wer es jedoch nicht will, wird nicht dazu gezwungen. Die Legalisierung der Sterbehilfe bzw. die Legalisierung der ärztlichen Beihilfe zum Suizid bedeutet die Aufhebung des in unserer Gesellschaft verankerten, menschenrechtswidrigen und für unermessliches Leid verantwortlichen LebensZWANGS. Nichts weiter.
Im Übrigen sind Menschen, die Sterbehilfe in Betracht ziehen, in der Regel weit hinaus über ein „High Performer“-Denken. Die haben ganz andere Sorgen. Zum Beispiel die Wahl zwischen ständigen Schmerzen oder einem durch Schmerzmittel permanent eingetrübten Bewusstsein. Oder die Aussicht auf Zerstörung ihrer Persönlichkeit bei lebendigem Leibe (Alzheimer).
Eine gute Sache wird nicht...
Eine gute Sache wird nicht dadurch schlecht, dass man für sie bezahlen muss. Genauso bleibt die aktive Sterbehilfe und die Suzidbeihilfe moralisch auch dann bedenklich, wenn sie kostenlos von „Überzeugungstätern“ propagiert und umgesetzt wird. Insoweit ist die Beschränkung auf gewerbliche Suizdbeihilfe ein Irrweg, der Gesetzgeber sollte die Ächtung dieser Handlung daher nicht an dieses Kriterium koppeln.
Es wird Zeit, dass in unserer Gesellschaft nicht weiter ein Sterben in Würde mit dem Anspruch auf Tötung durch andere verwechselt wird. Die Entwicklung in Holland zeigt ja bereits, dass man auch das letzte Haus mit mobilen Sterbehelfern erreichen möchte – als nächste kommt dort vielleicht eine Pflichtbefragung zur aktive Sterbehilfe – alles natürlich im Namen der Freiheit und zum Wohle der Menschen …
Mit Verlaub: Es bleibt den...
Mit Verlaub: Es bleibt den Christdemokraten für das Leben freilich unbenommen, für ein generelles Verbot der Suizidbeihilfe einzutreten, wenngleich dieses Unterfangen nicht von Erfolg gekrönt sein wird.
Ohne Frage hat der parlamentarische Gesetzgeber einen großen Ermessens- resp. Beurteilungsspielraum bei der Regelung des Themenkomplexes. Andererseits ist auch dieser an die Grundrechte gebunden und insofern wird es letztlich darauf ankommen, den ethischen Grundstandard unseres Grundgesetzes daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihm entsprechende verfassungsrechtliche Direktiven ableiten lassen. Dies ist freilich der Fall, wie sich unschwer aus der hohen Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts ergibt; im Übrigen ein Recht, dass durchaus mit einer hohen Eigenverantwortung versehen ist und daher die Grundrechtsträger manchmal auch eine hohe Last zu tragen haben.
Indes zeigt die momentan leidenschaftlich geführte Debatte, dass ethische Überzeugungstäter nach wie vor den Diskurs bestimmen und die sattsam bekannten Argumente mal wieder bemüht werden, um ggf. das Selbstbestimmungsrecht mit Grenzen zu versehen, die sich so nicht aus der Verfassung ergeben.
Freilich – die Christdemokraten für das Leben können sich bei ihren philosophischen und moralischen Botschaften auf das „C“ in ihrem Namen berufen und in diesem Sinne sind sie von einer rationalen Diskussion entbunden, werden doch „Werte“ mit ihren Botschaften transportiert, die „nicht von dieser Welt“ sind! Gleichzeitig werden diese „Werte“ als wahr unterstellt und da ist jede Diskussion überflüssig.
Der Gesetzgeber hingegen ist zur ethischen (und religiösen) Neutralität verpflichtet und demzufolge wird er nach einer Regelung streben müssen, die allen Belangen gerecht wird! Dass dies gelingen kann, ist so ungewöhnlich nicht und insofern hat „Mitleser“ durchaus im Kern Recht mit seiner Mahnung, nicht Ideologien von Fundamentalisten aufzusitzen.
Toleranz ist vielmehr das Gebot der Stunde und die erbitterte Debatte um das frei verantwortliche Sterben dokumentiert geradezu das Gegenteil. Nun – vielleicht ist dies auch nachvollziehbar, wird doch der seit Jahrhunderten geführte „Kulturkampf um das würdevolle Sterben“ mit unverminderten Schärfe fortgeführt und da fragt sich, wie es gelingen soll, diesen Kulturkampf der Überzeugungstäter zu befrieden?
Ich denke, die Debatte ist zu entemotionalisieren und der kleinste gemeinsame Nenner sollte im Grundgesetz erblickt werden. Allein mit dieser Erkenntnis wäre schon viel gewonnen, denn sowohl die Christdemokraten für das Leben als auch so manche enthemmte Sterbehilfe-Aktivisten müssten endlich „Farbe“ bekennen: Hobbyphilosophen werden es schwer haben, den gebotenen rationalen Diskurs im Verfassungsrecht zu „überstehen“, denn Verfassungsinterpretation erhebt beileibe nicht den Anspruch, eine „Philosophie“ zu sein.
Mit anderen Worten: Zu viele „Dünnbrettbohrer“ maßen sich an, Verfassungsinterpretation zu zelebrieren, obgleich doch bereits der Volksmund mahnt: Schuster bleib bei Deinen Leisten! Dies gilt freilich auch für die ansonsten für unverdächtig gehaltenen Berufe und Personen der Zeitgeschichte. Nicht in jedem Arzt, Ethiker oder Theologen steckt ein Verfassungsinterpret mit profunden verfassungsrechtlichen Kenntnissen und wen wundert es da, dass die derzeitige Debatte so verläuft, wie sie verlaufen muss: Heerscharen von „Überzeugungstätern“ melden sich in der Tagespresse zu Wort und manchmal verschlägt es bei den einzelnen Statements schlicht die Sprache: In den letzten Tagen habe ich so viel Unsinn gelesen, wie selten und ich gestehe, dass es reichlich Disziplin kostet, angesichts solcher platten Statements nicht einfach aus der Haut zu fahren.
Schwersterkrankte und sterbende Menschen müssen diese Art der Debatte über ihr Schicksal schlicht als Zumutung empfinden und manche Diskutanten sollten sich einfach schämen. Es geht um individuelle Einzelschicksale am Ende des Lebens und nicht um die Philosophien irgendwelcher Überzeugungstäter, die selbstverständlich auch nach „ihrer Facon sterben dürfen“, aber bitte doch anerkennen sollten, dass anderen auch das Recht zu konzedieren ist, nach ihren ureigenen Vorstellungen dem Leben und damit dem Leid zu entfliehen.
Um hier keine Spekulationen aufkommen zu lassen: Ein Sterben auf dem „Parkplatz“ oder mithilfe einer „Tötungsmaschine“ halte ich für keine ernsthaften Alternativen und insofern hat gerade das „Marketing“ von Sterbehilfegesellschaften, welches Eugen Brysch zu geißeln versucht, genau das Gegenteil von dem bewirkt, was einzelne Sterbehilfe-Aktivisten mit dem Begriff von „würdevoller Sterbehilfe“ verstanden wissen wollte. Hierdurch ist ein „Flurschaden“ entstanden, der zusätzlich die Debatte belastet und zwar nicht zu Unrecht. Hier wäre es hilfreich, wenn auch Sterbehilfe-Aktivisten „Butter bei die Fische bringen“ und sich nicht über Gebühr mit ihren markigen Sprüchen dem Verdacht aussetzen, an einer ernsthaften Debatte nicht interessiert zu sein und allzu populistisch für ihre Ideen werben, die sich in letzter Konsequenz als nicht anschlussfähig erweisen werden, da ein Kompromiss gefunden werden muss. Allerdings gilt dies auch für die Sterbehilfe-Gegner, die nicht minder dazu übergangen sind, allgemeine „Sonntagsreden“ zu halten.
Was also ist gefordert? Die Entideologisierung einer Debatte!
Man weiß es halt nicht so...
Man weiß es halt nicht so recht.
Da jeder ein Einzelfall ist, wird es wohl auch nie „die“ gesetzliche Regelung geben; eine Regelung soll ja immer zuerst den allgemeinen Fall erfassen.
Jeder wird wohl einen Fall kennen, bei dem „alles anders“ ist.