Bamberger Studenten haben mit chinesischen Kommilitonen ein Filmfest ins Leben gerufen, am Sonntag geht es los. Wie schwierig ist so etwas, wie unterscheiden sich die Kino-Kulturen? Gespräch mit einem der Organisatoren.
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F.A.Z.: Wie ist die Idee für das chinesische Filmfestival entstanden?
Nicolas Eberlein: Unser Professor Jörn Glasenapp, der auch den Lehrstuhl für Literatur und Medien an der Bamberger Uni leitet, begeistert sich schon seit Jahren für die chinesische Filmkunst. In diesem Semester hat er zum ersten Mal ein Praxisseminar angeboten, bei dem Studierende in Eigenregie ein Filmfestival planen, organisieren und schließlich ausrichten sollten.
Auf der Twitter-Seite des „Chino“-Festivals schreibt ihr, die chinesischen Studierenden bildeten an der Bamberger Universität die größte Gruppe ausländischer Studierender. Interessieren sich viele von ihnen für das Praxisseminar?
Chinesische Studierende machen tatsächlich die Hälfte der Seminarteilnehmer aus. Ansonsten besteht unsere Gruppe, die sich insgesamt aus etwa sechzig bis siebzig Studenten zusammensetzt, aber auch aus vielen deutschen und internationalen Studierenden.
Wie organisiert man ein Filmfestival?
Die Organisation einer solchen Veranstaltung ist einfacher, als man es sich manchmal vorstellt. Wir haben gleich zu Beginn des Semesters verschiedene Zuständigkeitsbereiche festgelegt und uns in Gruppen organisiert, damit wir alle wichtigen Bereiche abdecken. Unsere Teams kümmern sich zum Beispiel um die Koordination, die Logistik, die Pressearbeit und die Social-Media-Kanäle. Eine der wichtigsten Aufgaben war es auch, sich um das Ausleihen von Filmen zu kümmern. Dafür mussten ein paar meiner Kommilitonen bei chinesischen Firmen anfragen, um uns die Rechte für die Ausstrahlung der Filme im Kino zu sichern.
Seid ihr bei der Umsetzung des Projekts auf Schwierigkeiten gestoßen?
Natürlich gab es die ein oder andere Herausforderung. Wir mussten uns alle erst einmal in unserem jeweiligen Bereich zurechtfinden und uns auch viel selbst beibringen. Logistische Schwierigkeiten hatten wir zum Beispiel an manchen Stellen beim Aufbau der Webseite und bei rechtlichen Fragen, was die Ausstrahlung der Filme anging. Insgesamt hat aber der Großteil unserer Planung überraschend reibungslos geklappt.
Wie ist es euch gelungen, die Umsetzung des Projekts zu finanzieren?
Ein Team hat sich ausschließlich darum bemüht, Sponsoren für unser Filmfestival zu finden, was glücklicherweise auch sehr gut gelungen ist. Zusätzlich haben wir Unterstützung von der Uni erhalten, wodurch die Finanzierung kein größeres Problem dargestellt hat.
Welche Filme werden gezeigt? Gibt es Schwerpunkte in der chinesischen Filmkunst?
Wir zeigen eine ganze Bandbreite, die von Klassikern wie „Spring in a Small Town“ von Fei Mu aus dem Jahr 1948 bis zu „Ghost in the Mountains“ von Yang Heng reicht, der erst 2017 erschienen ist. Eine Besonderheit des chinesischen Kinos ist das Wuxia-Filmgenre, das eine besondere Art von Kampfkunstfilmen umfasst. Davon zeigen wir „Tiger and Dragon“, der einer der bekanntesten Filme des Genres ist. In unserem Angebot befindet sich auch ein Film ab 18 Jahren, und das ist ein Animationsfilm namens „Have a nice day“. Den haben wir hauptsächlich ausgewählt, um die ganze Bandbreite chinesischer Filmkunst zu zeigen. Animationsfilme kennt man ja eigentlich überwiegend aus Japan, aber es gibt durchaus auch einige gute aus China, und „Have a nice day“ gehört dazu.
Habt ihr nur gute oder auch besonders interessante Filme ausgewählt, etwa Propaganda-Filme?
Wir haben versucht, die chinesische Filmlandschaft so gut wie möglich abzubilden. Dabei ging es uns aber vor allem darum, einen Eindruck von der chinesischen Filmkunst zu vermitteln, wofür sich Klassiker besonders gut eignen. Von Propaganda-Filmen oder solchen, die in China einer Zensur unterliegen, haben wir die Finger gelassen, weil wir unter allen Umständen vermeiden wollten, dass unsere Kommilitonen bei ihrer Rückkehr nach China in irgendeiner Form Probleme bekommen.
Wie läuft das Filmfestival ab? Gibt es auch ein Programm neben den Filmen?
Am Sonntag gibt es erstmal eine Eröffnungsfeier, danach zeigen wir den Filmklassiker „Shanghai Serenade“ von Zhang Yimou. Neben weiteren Filmvorführungen organisieren wir aber auch Workshops, zum Beispiel zur chinesischen Papierkunst und Kalligraphie. Zum Abschluss gibt es eine Podiumsdiskussion.
Was haben eure chinesischen Kommilitonen erzählt – welche Unterschiede gibt es zwischen chinesischen und deutschen Kinos?
Chinesische Kinos unterscheiden sich im Grunde wenig von deutschen. Allerdings kannten manche unserer Kommilitonen aus China keine Kunst- oder Arthouse-Kinos wie zum Beispiel das „Lichtspiel“ in Bamberg, in dem unser Filmfestival stattfindet. In China sind Kinos oft in Einkaufszentren integriert, es ist nicht unüblich, nach einem Film noch essen oder einkaufen zu gehen.
Was versprecht ihr euch von dem Festival?
Wir wünschen uns vor allem einen kulturellen Austausch und hoffen, dass wir auch über Bamberg hinaus viele Menschen erreichen. Gut besuchte Kinosäle und ein vielseitiges Publikum würden wir natürlich am liebsten sehen.
Wie läuft bisher der Vorverkauf? Habt ihr schon Reaktionen auf das Festival-Idee bekommen?
Es gibt schon Kartenreservierungen von Studierenden, die extra aus China nach Bamberg kommen. Auch einige chinesische Studierende aus München haben schon Karten gekauft. Dort wird auch jedes Jahr ein chinesisches Filmfestival ausgerichtet.
Soll das Festival in Zukunft regelmäßig stattfinden?
Das würden wir uns wünschen, aber es hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wir warten erstmal die Reaktion auf diese Veranstaltung ab. Dann kann man weiterschauen.
Die Fragen stellte Laura Henkel.
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Das vollständige Programm und weitere Informationen gibt es auf der Homepage www.chino-bamberg.de, Tickets an der Kinokasse des Lichtspiels Bamberg. Ein Einzelticket kostet 7 Euro, Schüler, Studenten, Schwerbehinderte und Rentner zahlen 5 Euro. Zusätzlich können Tagestickets für 15 Euro und ein Festivalticket für 35 Euro erworben werden.