
Eigentlich muss Ulla Hahn damals schon eine Dame gewesen sein, als sie noch jung und in der DKP aktiv war, sie ist so heiter, schlicht und klug, dass ihre sanfte Dauerwelle und das bunt geschwungene Tuch wie die natürliche Äußerungsform ihres Wesens erscheinen.
Am letzten Buchmessentag sitzt sie auf dem Blauen Sofa und spricht mit Moderatorin Marita Hübinger über den jetzt erschienenen dritten Teil ihrer Romantrilogie, in der sie vom Schicksal der jungen Hildegard Pallm erzählt. Die junge Heldin, die wie Hahn aus einer Arbeiterfamilie stammt, ist nun in der Unabhängigkeit angekommen, sie studiert und lebt in einem katholischen Wohnheim, in das, so erzählt es Hahn zum Vergnügen des Publikums, kein Mann hineinkomme, “wenn er nicht am Stock geht”. Nachbarn im Allgemeinen, das wisse ja jeder, der vom Dorf komme wie sie, seien “schlimmer als die NSA”.
Hildegard verliebt sich in Hugo, sie schreiben gemeinsam Romane um, damit die Welt besser wird, erdichten Faust und Gretchen ein Happy End – und erleben die Studentenproteste, von denen Hahn erzählt, sie sei eigentlich gar nicht aktiv beteiligt gewesen, aber diese kurze Zeit zwischen der Ermordung Benno Ohnesorgs und dem Herbst des Jahres ’68, der sei auch für sie ein Traum gewesen. Damals, sagt Hahn, gab es noch so etwas wie eine “allgemeine Vereinigung”.
Hübinger fragt die Schriftstellerin noch nach dem Lesezentrum für Kinder und Jugendliche, das in Hahns Elternhaus in Mohnheim gegründet wurde, und Hahns Augen strahlen sanft, sie sagt, das sei “ganz wunderschön”, dass die Stadt “das Häuschen” aufgekauft habe und dass es nicht nur um Programme gehe, sondern um Menschen, die für Kinder und Jugendliche da sind. Und sie erzählt, als sie damals, 2002, für den ersten Band der Trilogie den Deutschen Bücherpreis bekommen habe, da sei das alles noch viel unaufgeregter gewesen mit den Literaturpreise, da habe es keine Shortlist gegeben und keine Longlist, sondern “einfach ein schönes Fest”. Das finde sie auch viel besser, sagt Hahn und lächelt bedächtig.
Hannah Lühmann