Nein, von indonesischer Fotografie hat man in Deutschland noch nicht allzu viel gehört. Gut, dass Indonesien Gastland ist und gut, dass es in den Gastländern immer Organisatoren gibt, die man in solchen Fällen ansprechen kann. Die verweisen dann etwa auf die “Galeri Foto Journalistik Antara”, eine Galerie in Jakarta, die nicht nur dokumentarische Fotografie ausstellt, sondern der auch eine hauseigene Fotoschule angeschlossen ist. Oder man wendet sich gleich an Oscar Motuloh, den wohl bekanntesten und am besten vernetzten Fotografen in Indonesien.
Genau das hat Celina Lunsford getan. Lunsford ist die Kuratorin nicht nur dieser Ausstellung, regelmäßige Besucher des Fotografie Forums in Frankfurt kennen die künstlerische Leiterin schon. Zum Glück auch ich, denn als ich am Sonntag vor der Buchmesse in den Ausstellungsraum an der Braubachstraße trete, steht sie zufällig gerade an der Kasse herum.

Gleich an der gegenüberliegenden Wand hängen großformatig, sehr großformatig einige Bilder aus Octa Christis Serie “Seventeen”. Das könnte imposant wirken, tut es aber nicht, denn die Bilder sind nur mit zwei Nägeln in die Wand geschlagen und rollen am unteren Ende die Ränder ein. “Eigentlich”, sagt Celina Lunsford, “beschäftigt sich die indonesische Fotografie mit den gleichen Themen wie alle anderen. Hier zum Beispiel: Jugend, Erwachsenwerden. Andere mit der Natur und ihrer Zerstörungskraft. Oder mit dem Spannungsfeld Tradition und Moderne.” Das sieht man aber auch in Christis Fotografien schon: Traditionelle Stoffe und einfache Holzmöbel prallen unversehens auf Teletubbie-Bettwäsche und MP3-Player.

Das Banda-Archipel ist so winzig, dass es auf vielen Landkarten nicht verzeichnet ist. Das war vor fünfhundert Jahren anders, denn auf Banda gibt es Muskatnüsse. Viele Muskatnüsse. So viele, dass die winzigen Inseln einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellten, denn mittels Muskatnusspulver wurden in Europa Speisen haltbar gemacht. Zuerst landeten die Portugiesen, später Holländer und Engländer. Die traditionelle Kleidung der Eroberer schlug sich in den Trachten der Einheimischen nieder, wie man bis heute sehen kann.

Viele der einstigen Verdienstquellen sind in der Zwischenzeit versiegt. Auch der Anbau von Zuckerrohr hat längst nicht mehr die Bedeutung, die er einmal hatte. Java war einst einer der weltweit wichtigsten Produzenten, heute gibt es noch ganze 60 Fabriken. Zucker wird inzwischen importiert, und zwar in großen Mengen: Indonesien ist heute hinter Russland der zweitgrößte Importeur. Der junge Fotojournalist Rony Zakaria, Absolvent der Antara-Fotoschule, hat die Fabriken besucht und zeigt Bilder eines aussterbenden Gewerbes mit ganz eigenen Traditionen und Zeremonien.

Die Verbindung mit der Natur ist immer noch stark und die Landwirtschaft traditionell, doch die Industrialisierung ist überall spürbar. Wir harsch ein Schäferidyll mit Basthutbauer auf Fabrikschlote treffen kann, das erforscht Kemal Jufri in seinen Arbeiten. Er ist einer der renommiertesten Fotografen Indonesiens, arbeitet für internationale Magazine und hat bereits einen zweiten Preis beim World Press Photo Award für seine Fotos vom Vulkanausbruch bei Yogyakarta gewonnen. Einige der Bilder sind auch in der Ausstellung zu sehen. Wie stark die Natur immer wieder beutelt, zeigen auch die Bilder von Altmeister Oscar Motuloh, der die Folgen des Tsunamis von Aceh dokumentiert.

Eigentlich, so berichtet Kuratorin Celina Lunsford, habe Motuloh gar nicht in der Ausstellung vertreten sein wollen. Er habe ja schon so viele Fotografen vermittelt. Aber Lunsford hat nicht locker gelassen, und Motuloh war schließlich mit einer Projektion einverstanden. So sehen wir die schwarzweißen Bilder vom Naturkatastrophenchaos, untermalt mit eigens dafür konzipierter Musik. So im dunklen Raum betrachtet wirken sie ohnehin viel eindringlicher als an der Wand.
Ein weiteres Thema, das Lunsford bei ihrem einwöchigen Speeddating mit rund 50 Fotografen ausmachte, ist das des städtischen Lebens. Jakarta ist eine typische asiatische Metropole mit viel Gewimmel, viel Beton und provisorischen Installationen an allen Ecken und Enden.

Der Glücksindex der Stadtbewohner liegt bei 69.21 von 100 Punkten und damit etwas höher als im Rest des Landes. Aber was heißt das jetzt? Sind sie glücklich oder unglücklich? Eigentlich gibt es da kein Schwarz und Weiß, findet Fotojournalist Fanny Octavius, es gibt nur Grau, auch wenn die Kontraste manchmal harsch sind.
Die Ausstellung “Beyond transisi” läuft noch bis zum 15. November im Fotografie Forum Frankfurt, Braubachstraße 30-32.