© Patricia KühfussNa gut, wenn es sein muss, darf es auch schwarzweiß sein, obwohl das mittlerweile nicht mehr so trendet. Aber ostentative Schriftstelleraccessoires wie Bleistift, Kaffeetasse, Zigarette lassen Sie bitte da, wo sie hingehören: auf dem Schreibtisch. Der bitte nicht im Foto zu sehen sein soll, denn das Vorhandensein eines solchen lässt Sie nicht professioneller erscheinen. Und wenn Sie nicht wissen, wohin mit Ihren Händen, dann räumen Sie sie aus dem Bildausschnitt.
Als Selfpublisher muss man heutzutage alles selbst machen. Schreiben, Umschlaggestaltung, Presse, Social-Media. Und leider auch das Autorenfoto, was häufig zu schlimmen Abseitigkeiten führt (soso, Sie leben also an einer Strandbar?). Deshalb gab es im Selfpublisher-Bereich (Halle 3.0, K9) ein Tischgespräch, bei dem die Fotografin Birgit-Cathrin Duval uns Nichtprofis erklärte, wie das geht mit dem Autorenportrait. Vor allem aber, wie es nicht geht.
Nehmen wir einmal an, ich (Andrea Diener) sei die hoffnungsfrohe Autorin eines selbstpublizierten Werkes. Ich habe nun mit unserer Fotografin (Patricia Kühfuss) die schlimmsten Unfälle nachgestellt, was für eine Fotografin nicht ganz einfach ist, denn sie ist normalerweise darauf geeicht, keine Unfälle zu produzieren. Wir sind also geradewegs gegen die Wand gefahren, und es tat weh. Aber für Sie machen wir alles.
© Patricia KühfussNein, Sie stellen sich bitte nicht vor Ihre Bücherwand, damit jeder sieht, dass Sie lesen können. Das setzt man voraus. Wählen Sie einen neutralen Hintergrund. Eine Mustertapete ist kein neutraler Hintergrund. Eine Strandbar auch nicht, auch wenn Sie da noch so selig lächeln.
© Patricia KühfussNein, auch moderne, tatsächlich genutzte Accessoires Ihres Schriftstellerdaseins haben auf einem Foto nichts verloren. Auch nicht, wenn Sie sich dem Genre des Cyberpunk verschreiben haben. Und wenn das Licht so mies ist wie hier, dann machen Sie bitte die Neonröhre aus und treten ans Fenster.
© Patricia KühfussWir sagen es gerne nochmal: Hintergrund, Hintergrund, Hintergrund. Ihnen soll nichts aus dem Kopf wachsen. Und wenn Sie nicht blitzen können, lassen Sie es.
© Patricia KühfussWENN SIE NICHT BLITZEN KÖNNEN, LASSEN SIE ES!!!!11! Und zügeln Sie Ihre Mimik. Ich weiß, man fühlt sich vor der Kamera schnell unwohl, aber Mäßigung ist hier der Königsweg. Schriftsteller müssen nicht gutgelaunt sein, Schriftsteller müssen aussehen, als seien sie halbwegs bei Sinnen.
© Patricia KühfussMan kann alles übertreiben. Der Kopf so gedankenschwer, dass er der Stützung bedarf, dazu der Sepia-Kreativfilter “Antik” und ordentlich Vignette, bis der Regler am Anschlag ist und der Raum sich in alle Richtungen ausflauscht. Bitte halten Sie das nicht für stilvoll. Das ist nur das Klischee von Stil.
© Patricia KühfussSie hatten also eine total abgefuckte Kindheit, verarbeiten die in einem Emo-Blog und müssen seitdem in Hinterhöfen herumlungern und sich an Eisenkonstruktionen abstützen? Glaubt Ihnen keiner. Übrigens: Graffitti im Hintergrund verleihen Ihnen keine Street-Cred.
© Patricia KühfussAuch mit Zigarette wird die Hinterhof-Bohème-Attitüde nicht glaubhafter. Schon gar nicht, wenn Sie normalerweise nicht rauchen. Das sieht der Tabakprofi nämlich sofort.
© Patricia KühfussEs gibt die schlimme Unsitte, sich Portraitfotos zurechtzuschneiden. Auf dem Rest des Bildes sieht man eine Gesprächssituation, gern einen Gesprächspartner, im Hintergrund steht und hängt Zeug herum und ganz offensichtlich redet der Abgebildete mit jemandem, den man nicht sieht. Machen Sie das nicht! Ein Portrait ist ein Portrait, das wird nicht so hingeschnitten, das wird so fotografiert!
© Patricia KühfussDer Ohlbaum-Klassiker: Mensch in Natur. Früher gern schwarzweiß, heute völlig unnötig aufgehellt, damit alles aussieht, als wärs aus Kunstharz gegossen: Baum, Mensch, Zeug, alles hübsch wächsern. Der Bildredakteur stöhnte schmerzvoll, als wir ihm dieses Foto zeigten, denn der Tussaud-Effekt mit Funzelblitz ist anscheinend recht beliebt heutzutage.
© Patricia KühfussNatur, so lernte ich heute, geht wirklich nur noch dann, wenn es sich um eine Fantasy-Autorin handelt. Wenn Sie also unbedingt einen auf Galadriel machen müssen, dann lassen Sie den Blitz weg und verrenken Sie sich nicht. Weniger Efeu ist mehr. Und suchen Sie sich was Ernstzunehmenderes als unser formgeschnittenes Redaktionsgebüsch.
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Ok, jetzt weiß ich also, wie’s nicht geht. Aber wie’s geht, weiß ich damit noch lange nicht. Kommt irgendwann Teil 2?
Ach, menno
…wo bleibt denn da der Spaß, wenn jeder nur noch gute Portraits von sich rauslässt!
Aber von diesem unwesentlichen Einwand abgesehen: Danke, habe mich bestens amüsiert 🙂
Im Bilde
Ich find die Fotos gelungen. Denn sie wurden ja nicht aufgenommen um die Privatästhetik von Berufsfotografen zu befriedigen. Wenn ich die Dame treffe, erkenne ich sie. Das reicht. Ich kann sie ansprechen, kann sagen, daß ich ihr Bild im faz.blog gesehen habe und fragen, was sie nachher macht.
Äh, ich hab schon was vor. Arbeit. Viel.