Wenn aus auf Holz klopfen ein Handkantenschlag wird: “Mut ist wie ein Muskel”, sagt Markus Jotzo auf der Bühne – und stretcht uns mit seinen Worten schon mal warm, um dem Messetag mutig entgegenzutreten. Auf gymnastische Referenzen war ich nicht vorbereitet, sonst hätte ich vermutlich kurze Hosen mitgebracht. Jotzo wirkt wie der Schutzpatron der Resignierten da oben. Mutig soll man sein. Denn am Ende des Mutes steht der Stolz – man hat ja durchgezogen. Neben ihm steht sein Buch “Die Unendlich-Stolz-Formel”. Jotzo erzählt etwas über Energie-Vampire und darüber, wie man sie umgeht. Ich bin sofort stolz darauf, die Headline “Knoblauch für die Energie-Vampire” im Kopf zu haben. Das gefällt mir. In seinem Vortrag lässt er die Worte fallen: Den meisten gefällt viel mehr die Idee von etwas, als sie umzusetzen. Doch. Ich werde diese Idee umsetzen. Als Alternativtitel würde mir an dieser Stelle noch “Laissez-faire oder läss’e sein” einfallen. Vielleicht ja für einen anderen Text.
Als er etwas von “Fokussieren und Umsetzen” erzählt, drifte ich mit meinen Gedanken ab. Ich denke über die vielen rhetorischen Fragen nach, die er gestellt hat. Allen voran: Worauf sind Sie stolz? Eine gute Frage eigentlich. Worauf bin ich stolz?
Ich bin stolz darauf, Pfannkuchen in der Luft umdrehen zu können, glaube ich. Dass ich ein paar Seemannsknoten gelernt habe. Dass ich immer sofort das Sternbild Orion erkenne. Dass ich immer noch die komplette Besetzung der Holländischen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Frankreich 1998 auswendig kann. Dass ich weiß, wer J.R. erschossen hat. Dass ein paar “Titanic”-Redakteure schon mal über meine Witze gelacht haben. Dass ich einmal aus einer Tür eine Wand gebaut habe.
Jotzo blendet sich wieder ein: “Kein Quickwin. Es braucht tägliches unbequemes Handeln.” Mit diesen Worten kriegt er mich für einen Augenblick. Ich bin kurz wieder aufmerksam. Er erzählt etwas darüber, dass im Scheitern das Lernen am intensivsten ist. Worauf ich mich sofort frage, ob man nicht eigentlich scheitert, weil man nicht gelernt hat? Die Frage greift zu kurz, das ist mir klar, aber es ist auch noch recht früh am morgen und ich bin deswegen etwas quengelig. Modus: verschränkte Arme. Auf Unbequemlichkeiten kann ich mich nicht so gut einlassen. Bevor ich aber für mich zu einer Antwort komme, stellt er schon wieder die nächsten Fragen:
Wovon haben Sie als Kind geträumt? Ich wollte als Kind einen Monster Truck fahren, klar. Ich habe davon geträumt, den Ball in der Turnhalle von einer Wand zur nächsten schießen zu können. Ich habe davon geträumt, dass sich Mädchen in mich verlieben, weil sie mir dabei zusehen. Alle Sprachen der Welt zu können. Ich habe davon geträumt jeden Tag einen Wunsch frei zu haben.
Wen haben Sie als Kind bewundert? MTV-Moderatoren. Und Busfahrer, weil sie an so großen Lenkrädern saßen.
Wovon bekommen Sie eine Gänsehaut? Wenn das Lied genau dann schneller wird, wenn sich die U-Bahn in Bewegung setzt. Wenn Dinge sowieso im richtigen Moment passieren. Wenn alles ruhig wird, weil der Vorhang aufgeht. Wenn auf einmal alle Leute in der Kneipe zusammen die “Internationale” singen. Wenn —

Ein Mann aus dem Publikum schreitet entschieden auf die Bühne, um neben Markus Jotzo ein Holzbrett kaputt zu hauen. Klappt auf Anhieb. Das Publikum klatscht. Toll. Später holt Jotzo eine Papierrolle hervor. Darauf: ein selbstgebasteltes Motivationsposter. Er empfiehlt uns allen, auch ein Motivationsposter zu machen. Damit würde man seine Wünsche jeden Tag vor Augen haben. Aber “passen Sie auf, was Sie daraufkleben”, sagt er. “Es könnte in Erfüllung gehen.”
Was würde auf meinem Motivationsposter zu sehen sein? Ich wüsste, wo ich es hinhängen würde, aber: Was will ich eigentlich?
Ich will einen einarmigen Klimmzug schaffen. Diesen Text zu Ende schreiben. Esperanto lernen. Ein Perpetuum Mobile aus einem einzigen Backstein erfinden. Herausfinden, was der offizielle Plural von Ananas ist (Ananüsse?). Auf einem Esel durch Andorra reiten. Eine Festanstellung. Das Bernsteinzimmer finden. Den Moonwalk vorwärts können. Den besten Roman in the history of ever schreiben. Auf Anhieb wissen, wie man nochmal “Portemonnaie” schreibt. Auf Anhieb einschlafen können. Mit A.S. endlich an die Nordsee fahren. Dialekte imitieren können. Und manchmal schneller zum Punkt kommen.
Und Sie?

Und Sie?
Mich nicht auf 1000 Euphorie-PS bringen lassen…
um danach 10 Depri-PS auf die Straße bringen zu können…
der Zweck des Lebens ist Selbstbegreifung…
die/das 3D Ratio-Bildungsmotivation-“Post-er”(leben)…
Selbstbe(gegnungs)reifung…intern/extern…Buchmesse-Personen…Begegnungsselbste…Selbstbegegnungen:=)