
Man könnte schon eine Weile darüber debattieren, ob man die große Frage dieser Veranstaltung bei der Vorwärts Verlagsgesellschaft ausgerechnet einem Staatssekretär stellen sollte: “Wird die künstliche Intelligenz die Politik übernehmen?” “Nein!”, antwortet Matthias Machnig vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine verdächtige Spur zu schnell. Autorin Yvonne Hofstetter wollte das dann auch alles gar nicht so behauptet haben, und überhaupt gehe es ja eigentlich um die überfällige Reglementierung der Digitalisierung. Darauf konnte man sich einigen und hatte sich generell sehr lieb.
Alles in allem ein phantastisches Beispiel für Buchmesse-Veranstaltungen mit etwas überzüchtetem Titel, ein immer mehr um sich greifendes Phänomen: “Das Ende der Demokratie. Wie die künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt”. Da hätte man sich ja nun mindestens den direkten Vergleich der Intelligenzquotienten eines Schachcomputers und Markus Söders erwartet. Außerdem natürlich feiernde anarchistische Massen. Nichts davon weit und breit! Was für eine Enttäuschung!
Dabei wäre dies die einzige Erklärung für so einiges: Die Maschinen haben die Politik längst übernommen. Angela Merkel hat einen etwas langsamen Prozessor, und die Updates des Empathieprogramms werden gelegentlich zu spät eingespielt. Claudia Roth hat die Programme Menschenrechte und Integration aufgespielt bekommen, die bei jedem Hochfahren des Systems von selbst starten. Und welche Software auf Donald Trumps übrigens nicht besonders menschenähnlich geratener Hardware läuft, wissen wir ja sogar bereits. Das können Sie alles im Internet nachlesen!, würde die Aluhut-Fraktion jetzt sagen.
Aber den ultimativen Beweis für diese Verschwörungstheorie lieferte ein Politiker selbst, schon vor Jahrzehnten. „Eines Tages werden Maschinen vielleicht denken können, aber sie werden niemals Phantasie haben“, sagte Theodor Heuss nämlich. Genau. Schöner könnte man das Dilemma vieler Politiker ja gar nicht beschreiben.
[…] Source: Frankfurter Allgemeine Zeitung […]
[…] Von Julia Bähr | Frankfurter Allgemeine […]
The Manchurian Doc
Bevor es der Politik an den Kragen geht, sollten die Roboter die Ärzteschaft übernehmen. Und als unbestechliche Programme mit großen Wissensdatenbanken den phantasievollen Ärzten in Diagnosestellung und Medikamentenauswahl zeigen wie es besser geht. Wenn die Politiker dann sehen, wie effizient und korrekt es laufen kann, überlassen sie den goldigen Maschinchen vielleicht freiwillig das Feld, -äh Geld. Achso, was müsste ein Apothekerroboter eigentlich besser können als ein Spätiroboter? Aus vollen Rohren schießen wenn jemand den Porschestatus anzweifelt.
Titel eingeben
Netter Titel “Ist ein Schachcomputer intelligenter als Markus Söder?”
aber im Text steht was anderes, dort wird nach dem Intelligenzquotienten gefragt. Und nein, beides ist nicht das gleiche und ist nur tendenziell ähnlich. Im (gemessenen) IQ steckt sehr viel Wissen, Erfahrung, Gelerntes, Intelligenz an sich ist eine Fähigkeit ohne diese Vorbelastung, der Standardwert des IQs einer Vergleichsgruppe (Alter, Kultur etc.) wird immer auf 100 gesetzt.
Zur Frage aus der Überschrift:
Zumindest ist für mich jeder Schachcomputer sympathischer.
Neuland-Realität
Wer die Realität der staatlichen Institutionen von Ministerien-Org-Verteilern über die Aktenwägelchen-Schieber der Gerichte bis zum Polizeifunk wahrnimmt, sieht eine ruckelnde DOS-Oberfläche, die mit Umsetzung einer WYSIWYG-Steuerung für die graphische Echtzeit-Realität 2 Jahrzehnte – also gute 50 Realwirtschaftsjahre – hinterherhinkt. Eine KI auf die Opportunitätsaffekte von Segelschiff-Lenkern im Zeitalter von Atom-U-Booten zu downgraden wird evolutionär wenig beitragen können.
Alles eine Frage der Flexibilität
Wenn jede politische Frage, zu der Markus Söder sich ein Urteil bilden kann, sich auf ein Schachproblem reduzieren lässt, dann könnte ein Schachcomputer ihm tatsächlich auch in politischen Fragen überlegen sein. Wer sich ein wenig mit theoretischer Informatik auskennt, der weiß, dass das gar nicht so unwahrscheinlich ist. Für den praktischen Einsatz sollte man sich dann aber ein Programm schreiben, das die Reduktion automatisch vornimmt. Es genügt übrigens, sich auf ja/nein-Fragen zu beschränken. Alle anderen kann man dann durch systematisches “Durchprobieren” von Vorschlägen beantworten.