Literaturblog

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Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt 2019

Was DJ Bobo mit John Lennon verbindet

In den Neunzigern: There's a party. Heute: There's an Autobiographie.© Felix-Emeric TotaIn den Neunzigern: There’s a party. Heute: There’s an Autobiographie.

DJ Bobo, dieser Grenzgänger zwischen Wahnsinn und Normalität, dieser Gratwanderer zwischen der großen Welt und der kleinen Schweiz, hat eine Autobiographie geschrieben, die er morgens am Buchmessensamstag vorstellte.

Schaut man durch die dichten Reihen des Publikums, sieht man: seine Fans sind zum großen Teil immer noch die selben. Sie sind mit ihm gewachsen, ja, erwachsen geworden –  und bei manchen Herren im Publikum ist sogar das Gesicht gewachsen. Das sieht man an so mancher gedehnten Haupthaarsituation. Tempus fugit.

Als im Bühnengespräch das Thema des mitgereiften Publikums auftaucht, stellt Herr Bobo heraus, dass er fände, sein Publikum sei über die Jahre respektvoller geworden. Dafür erntet er sofortigen, höflichen Applaus. Nicht zu stürmisch. Aber entschieden freundlich. Ist ja kein Popkonzert.

img_6441“Herr Bobo, wie -” “Nennen Sie mich doch bitte beim Vornamen” “Okay. DJ, wie ist es eigentlich -“

“Popstar – Der ganz normale Wahnsinn” heißt das Papier-Brikett, das die Herzen der Fans erwärmen wird. Denn trotz allen Wahnsinns ist der ehemalige Posterboy ein sympathisch-bodenständiger Bühnenmensch. Die Autobiographie listet nicht nur die messbaren Erfolge in Form von Chartplatzierungen und goldenen Schallplatten auf, sondern beleuchtet auch Herrn Bobo von seiner privaten Seite. Es stellt sich also die permanente Frage: Wer ist DJ Bobo, wer ist dieser René Baumann? Der zweifache Familienvater gibt preis, dass er einmal die Woche Fußball spielt. Dass Musik für ihn völkerverständigend ist. Und, dass er – nach eigenen Angaben – noch nie in seinem Leben betrunken gewesen sei. “Wenn ich Kollegen gesehen habe, die nach Konzerten zugedröhnt und dummes Zeug labernd in der Ecke lagen, hat mich das eher abgeturnt. Ich finde das menschenunwürdig, und ich mag keinen Kontrollverlust”, sagt  er. Und wird sofort von der “dpa” zitiert, die aus seinen menschenfreundlichen Ansichten eine Meldung gemacht hat.

Ja, ich wiederhole: DJ Bobo sei noch nie betrunken gewesen ist allen ernstes eine “dpa”-Meldung geworden.

Wiederkehrend wird das Gespräch so oft darauf gelenkt, dass Bobo so bodenständig sei,  dass ich kurz davor bin, das Wort “boboständig” einzuführen. Er sei ziemlich geerdet durch die Familie und alles andere. Zum Ende einer Tour glaube er schon, dass er über Wasser gehen kann, sagt er. Am nächsten Montag stehe er aber dennoch morgens in der Küche und schmiere seinen Kindern das Pausenbrot.

Während des Gesprächs auf der Bühne gibt Bobo sagenhaft zitierbare Sätze von sich, die ich gerne hier stehen lassen möchte. Vollkommen aus dem Kontext gerissen. Weil sie für sich allein sprechen können.

“Die Natur ist so viel stärker als wir.”

“Für die nächste Tour haben wir eine Zeitmaschine erfunden.”

“Ich habe die Regler runter gezogen und ‘say ho’ und ‘say hey’ gesagt, und das haben die Leute dann auch gesagt.”

Mit Schweizer Präzision erzählt er die Geschichte, was ihn und Julian Lennon, den Sohn John Lennons, verbindet. Das Narrativ geht ungefähr so:

Im vorherigen Jahrtausend, zu einer Zeit, als die modischen Geschmacksnerven der Gesellschaft vollkommen betäubt waren, trug DJ Bobo die Haare: offen. Und die runde Brille: “bescheuert”. Das war auch seine Garderobe auf einer Preisverleihung, hinter dem großen Teich. Bobo wusste, dass Julian Lennon auch  zugegen sei. Als er an ein paar Journalisten und Fotografen vorbei lief, hörte er Rufe wie “Julian! Hey, Julian!”, darauf drehte sich Bobo um, denn er wollte auch Julian Lennon begegnen, ihn zumindest sehen. Als er auf Höhe der Fotografen war, ging das Blitzlicht los. Und so trug es sich zu, dass Bobo am nächsten Tag in einigen amerikanischen Tageszeitungen als Sohn John Lennons sein Gesicht zeigte. So etwas können nicht viele von sich behaupten. Das Buchmessenpublikum klatschte sich auf die Schenkel und die Schultern.