Bei Dumont konnte man sich noch mal so richtig jung fühlen. So “Großtantes Geburtstag”-mäßig jung. So jung, wie man sich wirklich nur dann fühlt, wenn direkt an “I Will Survive” der “Macarena” anschließt, die Buchbranche jubelnd über die Tanzfläche hüpft und man selbst staunend zuguckt. Und es gab einiges zu gucken, denn alle waren da. Dumont kann stolz von sich behaupten, in diesem Jahr die einzige Tanzparty mit Rundumverpflegung gegeben zu haben, also versammelte sich das Partyvolk hier, während die Terrasse des Frankfurter Hofs leer blieb. (Wie hält sich der Frankfurter Hof eigentlich über Wasser, wenn keine Buchmesse ist? Gibt es ihn im restlichen Jahr überhaupt, oder bleibt nur die Kulisse stehen, und alle Angestellten fahren auf die Malediven? Fragen über Fragen.)
So sehr die Familientreffen, die diese Buchmesse-Partys ja sind, selbst ohne echte Großtante, von Traditionen leben, so angezeigt wäre jetzt mal eine Veränderung. Die Feiern von Dumont und Hanser im Mantis Roofgarden sind seit Jahrmillionen nahezu identisch, auch wenn die Drinks inzwischen ironische Namen bekommen haben. Ja, gute Location. Ja, total zentral. Aber wer nach Jahren zurückblickt und sich an diese Feiern wirklich noch im einzelnen erinnern, sie vielleicht sogar auseinanderhalten kann – der kann auch die Sahara nach einem Rundflug mit dem Hubschrauber kartographieren. (bähr)
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Alle fünf Jahre passiert auf der Titanic-Party etwas Besonderes. Es sind dies die Jahre, in denen die Fackel an einen neuen Chefredakteur übergeben wird, und der alte Chefredakteur gnadenlos aus der Redaktion exmatrikuliert wird. In diesem Fall winken wir traurig Tim Wolff hinterher, der die deutsche Satire tapfer durch polizeigeschützte Jahre voller Terrorgefahr geführt hat, ohne sich von den schnauzbärtigen Männern in Lederjacke beirren zu lassen, die zu seinem Schutze abgestellt wurden. Und begrüßen Moritz Hürtgen, den wir nun nie wieder den Moritzbub nennen werden, denn er hat es vor seiner Inthronisierung bereits auf die Titelseite der „Bild“-Zeitung geschafft. Applaus, Applaus, und dann noch einen für die scheidende Redaktionsassistentin Birgit Staniewski. Und haben wir schon Kristin Eilert für das Bufett applaudiert? Das war es allemal wert, in diesem Jahr zehn Euro Eintritt zu zahlen, der einem in Getränkechips gleich doppelt zurückgezahlt wurde. Ob jedoch einer der exilierten Autoren nichtfeiernder Verlage das großzügige Angebot annahm, für sagenhafte 29,90 Euro Partyasyl zu beantragen, konnte bis Redaktionsschluss nicht ermittelt werden. (dien.)
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Wenn sich die Gefühlsmomente der Party der Indieverlage am Messefreitag über die ganze Woche verteilen ließen, wäre diese Buchmesse ein weniger pragmatischeres, seligeres Ereignis. Am Ende des offiziellen Teils sind an diesem Abend im Literaturhaus, an dem es um die Neuerscheinungen unabhängiger Verlage geht, nicht nur praktisch alle glücklich, weil es für die zehn Verlage, die auf die Hotlist 2018 gekommen sind, elf Preise zu verleihen gab: Zwischen den Stuhlreihen wabern in stickiger Luft auch die Erleichterung der Organisatoren und die unendliche Dankbarkeit über Verlage, die abseits der Gesetze des Massenbetriebs dafür sorgen, dass gute Geschichten erzählt werden. Der Hotlistpreis ging dann passenderweise auch an die Liebe: Der Elfenbein Verlag bekam ihn für die Neuauflage von Marcel Schwobs Briefen an seine Frau, die Schauspielerin Marguerite Moreno, auf einer Reise nach Samoa. Hach! Die Gäste waren glücklich, weil es in diesem Jahr nicht so lange dauerte wie sonst. Und die Wartenden draußen waren glücklich, weil sie noch etwas vom Abend abbekamen. Und ein nicht unwesentlicher Teil der Tanzenden war sehr glücklich, wieder einmal System of a Down zu hören. (elwi.)
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Fünfzig Euro für einen Bierkasten erscheinen auf den ersten Blick etwas teuer, aber immerhin bekommt man ein Schild, eine Dachlatte und ein Gebäude mit repräsentativem Marmortreppenhaus dazu. Das war das Konzept des Pop-up-Empfangs im Literaturhaus, bei dem jeder, auch noch der kleinste, pleiteste Verlag mit fast gar keinem Partybudget, zum Gastgeber werden konnte. In Zeiten, in denen der Betrieb sich verzweifelt fragt, wo man denn abends hingeht, weil die Party, die sonst immer stattfindet (Rowohlt, Fischer, Dings), diesmal ausfällt, sind Ideen gefragt. Denn man braucht doch eigentlich gar nicht viel, nur einen Raum, Bier, etwas Musik und etwas Literaturvolk, so dachte sich Literaturhauschef Hauke Hückstädt vor zwei Wochen. Vor einer Woche ging die Pressemeldung heraus, und dann kamen alle. Geht doch! Da muss man doch keinen Saal im Frankfurter Hof mieten und die Jahresbilanz ruinieren. Das sei ein bisschen „Garagenpunk meets Neoklassik“, so Meta-Gastgeber Hückstädt inmitten seiner Subgastgeber mit den Schildern an den Dachlatten. Rowohlt, Fischer, Dings, so steht es in Goldschrift, alle da. (dien.)