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Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt 2019

Problemzone Frau

| 2 Lesermeinungen

© Julia BährIm Gespräch: Julia Klöckner (links) mit Susanne Beyer

Es gibt sie noch, die guten Gespräche. Auch in einer überfüllten, viel zu lauten Halle 3.0, die nicht unbedingt inspirierend wirkt. Im Fall von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Gespräch mit Susanne Beyer, der stellvertretenden Chefredakteurin des “Spiegel”, merkte man das vor allem daran, wo die Diskussion über Migration und Frauenrechte nicht landete: bei der nicht abschließend zu beantwortenden Frage, ob man Frauen zur Freiheit zwingen kann, indem man ihnen etwa verbietet, sich zu verschleiern.

Klöckner und Beyer setzten dagegen an einer ganz anderen Stelle an – der Frage nämlich, wie sich die Gesellschaft dieser neuen Thematik überhaupt widmen sollte. Und sie waren sich erfreulicherweise uneinig, was die Sache äußerst kurzweilig machte. Während Klöckner gerade ihr Buch “Nicht verhandelbar. Integration nur mit Frauenrechten” publiziert hat und findet, das Thema werde grob vernachlässigt, plädierte Beyer für mehr Ruhe in der Sache: Auch in Deutschland, wo vor fünfzig Jahren eine Frau noch nicht mal ein Konto eröffnen durfte, habe die Entwicklung schließlich Zeit gebraucht. Aber gerade das sah Klöckner als gutes Beispiel für eine Ungerechtigkeit, die auch nicht einfach hingenommen, sondern bekämpft wurde. “Warum haben wir dann hierfür plötzlich Verständnis?”

“Wir müssen darüber reden, was es bedeutet, wenn Menschen zu uns kommen, bei denen Mädchen und Frauen weniger wert sind”, beharrte die Ministerin. Gerade für Erzieherinnen und Lehrerinnen sei das fatal. Auch die Vollverschleierung verhindere die Integration und sei keine freie Entscheidung der Frau. “In Saudi-Arabien hat eine Frau überhaupt keine Wahl. Männer entscheiden, wann Frauen anständig sind – und die Männer können tragen, was sie wollen.”

Beyers leise Skepsis angesichts ihrer Themensetzung, die sich ausschließlich mit der mangelnden Gleichberechtigung bei Migranten beschäftigt, versuchte Klöckner zu zerstreuen. Ja, die alten weißen Männer seien tatsächlich auch ein wichtiges feministisches Thema. Aber über die werde ja schon genug geredet. Ein interessanter Standpunkt von einer Politikerin, die in ihrem ganzen Berufsleben mit alten weißen Männern par excellence zu tun hatte und hat. Später äußerte sie noch einen Satz, bei dem man sich nicht ganz sicher sein kann, ob er ihr nicht doch eher rausgerutscht ist: “Je älter ich werde, desto weniger ist es ein Problem, dass ich eine Frau bin.” Was eben auch bedeutet: Es war ein Problem, und es ist noch immer ein Problem.

Sich selbst bezeichnet Klöckner im Buch als “keine richtige Feministin”, was Beyer ihr nachvollziehbarerweise als Absicherung in alle Richtungen ankreidete. Doch Klöckner parierte lässig: Sie sei eben nie auf die Straße gegangen, um zu kämpfen. Das haben Frauen wie Alice Schwarzer, der sie ausgiebig Respekt zollte, vor ihr getan. “Mir ist da auch viel in den Schoß gefallen, ich bin dann durch offene Türen gegangen.” Heute sei der Feminismus für viele junge Frauen auch gar nicht mehr so wichtig, weil die festgestellt hätten, dass ihre Mütter sich zwischen Arbeit und Familie zerreißen mussten. Sie selbst wollten dann eben gar nicht mehr alles unter einen Hut bringen. Dass diese Entscheidungsfreiheit für das eine oder das andere gesellschaftlich auch noch nicht vollends etabliert ist, fehlt allerdings in diesem Gedankengang. Weil Frauen nämlich mit der Emanzipation auch die Garantie dazubekommen haben, für jeden Lebensentwurf von jemandem kritisiert zu werden, der andere Prioritäten setzt.


2 Lesermeinungen

  1. AmAbendTeuer sagt:

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    Sehr gut Frau Klöckner,
    Weiblichkeit gepaart mit Verstand, Charme und ansprechendem Aussehen (darf Frau vielleicht mal bemerken, wenn es sonst schon keiner macht….).
    Wenn Sie jetzt noch Frau Merkel ablösen, sind wir auf dem richtigen Weg…

  2. BrunoGio sagt:

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    Und wenn Frau Klöckner jetzt nicht das Ihrer Meinung nach “ansprechende Aussehen” hätte, was dann?
    Nichts für ungut, aber ihc zweifele etwas an Ihrer Gender Selbstbezeichnung, Seegers

Kommentare sind deaktiviert.