Chaos as usual

Chaos as usual

Wer sich heutzutage in den Straßenschluchten des Kapitalismus bewegt, muss aufpassen, von einstürzenden Paradigmen und herabfallenden

Too much information und statistische Normaldepression

| 57 Lesermeinungen

Folgt man dem Soziologen Niklas Luhmann, dann beziehen wir unser Wissen über die Welt aus den Massenmedien: Sie zeigen der Gesellschaft „wie die Welt gelesen wird", was in der Welt von Bedeutung ist. Sie stellen das allgemeine Orientierungswissen bereit. Gleichzeitig begründen die Massenmedien auch eine neue Zeitsemantik: Die Gegenwart verliert ihre Bedeutung, sie schrumpft gleichsam zu einem bloßen Umschlagspunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft; sie hat keinen eigenen Raum mehr, keine Dauer und auch keine Stabilität. Mit jeder weiteren Entfaltung der Massenmedien wird die Gesellschaft daher auch unruhiger, unsicherer, unsteter, eiliger - sie wird durch die Massenmedien zunehmend temporalisiert. Die traditionelle Vergangenheits- und Geschichtsorientierung wird durch eine Fixierung auf die Zukunft als primär sinngebendes Element abgelöst, die „Neuheit" als entscheidender Wert entdeckt. Zeit ohne Dauer im „Jetzt" bedeutet aber: „Man hat buchstäblich keine Zeit mehr" - charakteristisch für unsere moderne Gesellschaft.

Folgt man dem Soziologen Niklas Luhmann, dann beziehen wir unser Wissen über die Welt aus den Massenmedien: Sie zeigen der Gesellschaft „wie die Welt gelesen wird“, was in der Welt von Bedeutung ist. Sie stellen das allgemeine Orientierungswissen bereit. Gleichzeitig begründen die Massenmedien auch eine neue Zeitsemantik: Die Gegenwart verliert ihre Bedeutung, sie schrumpft gleichsam zu einem bloßen Umschlagspunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft; sie hat keinen eigenen Raum mehr, keine Dauer und auch keine Stabilität. Mit jeder weiteren Entfaltung der Massenmedien wird die Gesellschaft daher auch unruhiger, unsicherer, unsteter, eiliger – sie wird durch die Massenmedien zunehmend temporalisiert. Die traditionelle Vergangenheits- und Geschichtsorientierung wird durch eine Fixierung auf die Zukunft als primär sinngebendes Element abgelöst, die „Neuheit“ als entscheidender Wert entdeckt. Zeit ohne Dauer im „Jetzt“ bedeutet aber: „Man hat buchstäblich keine Zeit mehr“ – charakteristisch für unsere moderne Gesellschaft.

Bedingt wird diese Temporalisierung nicht alleine durch technische Neuerungen, sondern vor allem durch den „Code“ der Massenmedien, welchen diese heranziehen, um aus der Vielschichtigkeit und Komplexität des Weltgeschehens ihre Nachrichten und Berichte zu selektieren. Er unterscheidet lediglich in „Information“ oder „Nicht-Information“: Was als „Information“ betrachtet wird, kommt für die Berichterstattung in Frage, „Nicht-Informationen“ hingegen bleiben unberücksichtigt. Gleichwohl sind letztere natürlich der Teil der Realität, die zugrundeliegenden Ereignisse haben durchaus stattgefunden; nur sind sie für die Berichterstattung der Massenmedien nach deren eigenen Selektionskriterien nicht geeignet. Indem die Massenmedien diese Auswahl treffen, berichten sie in Wahrheit nicht die Realität, sondern sie „konstruieren“ sie, und zwar nach ihren Vorstellungen. Dabei halten sie sich zwar an eine ganze Reihe von allgemein verbindlichen Richtlinien und Gesetzen, sind natürlich zuvorderst dem „Wahrheitsgebot“ verpflichtet, aber dennoch: Die Schlagzeilen und Titelseiten bestehen nicht alleine aus dem, was „wahr“ ist, sondern gehorchen einer Reihe weiterer, spezifischer Selektionskriterien. Neben „Neuheit“ hat so z.B. auch alles, was nach „Konflikt“ riecht oder sich als spektakuläre Quantität berichten lässt, gut Chancen auf Aufnahme in den Newsflow, von den „Tausenden Todesopfern“ bis zum „10-Prozent-Kurssturz im Dow Jones“.

Indem die Medien ihre Nachrichten also dergestalt selektieren und berichten, werden Informationen „verbraucht“ und sind als solches nicht mehr nutzbar: Eine bereits gebrachte Nachricht ist bekanntlich „Schnee von gestern“. Das System der Massenmedien erzeugt damit seine eigene Dynamik, vernichtet ständig seine eigene Währung und schafft dadurch Bedarf an immer mehr und neuer Münze: Information verursacht Informationsdefizit, die ständige Umwandlung von Information in Nicht-Information verursacht einen Sog, der die Produktion von immer neuen Informationen anheizt. Indem die Massenmedien primär nach dem Kriterium der Neuheit selektieren, und das immer schneller, wird gleichsam „Tempo“ für die Gesellschaft zum Lebensprinzip. Es sind also keineswegs die Inhalte, über die berichtet wird, welche die Zeitsemantik ändern, sondern die Medien selbst, durch die Art und Weise, wie sie berichten. Im Zeitalter der elektronischen Medien und vor allem des Internets erfährt diese Entwicklung ihren vorläufigen Höhepunkt, selbst auf dem entlegendsten Bergbauernhof in den Alpen ist die einstige Beschaulichkeit ohne große Umschweife gegen ein post-modernes Lebensgefühl mit Realtime-Kursen von der New York Stock Exchange perfekt eintauschbar, und das Karibik-Ressort, von dem aus ich diesen Text gerade tippe, verfügt selbstverständlich neben 192 Fernsehkanälen über 4Mbit-Internetanschluß für alle. „Hinter den vieldiskutierten Eigenarten moderner Zeitstrukturen, wie Dominanz des Vergangenheit/Zukunft-Schemas, Uniformisierung der Weltzeit, Beschleunigung, Ausdehnung der Gleichzeitigkeit auf Ungleichzeitiges stehen also vermutlich neben der Geldwirtschaft die Massenmedien“, schreibt Luhmann. Zeit wird zur dominierenden Sinndimension, alles wird immer schneller, die „alten Wahrheiten“ besitzen keine Gültigkeit mehr, die Lebensdauer von Konventionen wird dramatisch verkürzt. Und dies in einem Nachrichtenumfeld, das aufgrund der oben dargestellten Selektionsmechanismen der Massenmedien ohnehin ständig Unruhe erzeugt. Ergebnis: Die Gesellschaft verfällt, in Luhmanns eigenen Worten, in eine Art „statistische Normaldepression“.

Mit einem derartigen Gemütszustand als Handicap, konfrontiert mit einer nicht enden wollenden und immer schneller brandenden Flut erratischer Nachrichten, trifft der moderne Medienkonsument nun Entscheidungen über seine Zukunft; vor allem: Wirtschaftliche Entscheidungen. Für die sind – das wissen wir spätestens seit Keynes – zwar die langfristigen Erwartungen ausschlaggebend. Nur: für deren Bildung verlässt der vernünftige Mensch sich üblicherweise nicht auf Ungewisses, sondern lässt sich in beträchtlichem Maße von Faktoren leiten, hinsichtlich derer er sich einigermaßen zuversichtlich fühlt; und das sehr wohl in dem Wissen, dass sie für das zukünftige Ergebnis einer gegenwärtigen Entscheidung von weniger ausschlaggebender Bedeutung sein mögen, als andere Faktoren, über die unsere Kenntnis jedoch unbestimmt und spärlich ist. Aus diesem Grunde werden aktuelle Gewißheiten unverhältnismäßig in die Bildung unserer langfristigen Erwartungen einbezogen, indem wir unsere gegenwärtige Lage in die Zukunft verlängern, und die solcherart gemachte Projektion nur in dem Maße abändern, in welchem wir hinreichend bestimmte Gründe für die Erwartung einer Änderung haben. Mit anderen Worten: Der Zustand unserer langfristigen Erwartungen stützt sich weniger auf die wahrscheinlichste Voraussage, die wir über die Zukunft machen können, sondern primär auf das Vertrauen, das wir dieser Voraussage entgegenbringen. „Wenn wir große Änderungen erwarten, aber recht unsicher über die genaue Art dieser Änderungen sind, dann wird unser Vertrauen nur schwach sein“, schreibt Keynes.

Wegen der Unsicherheit über die Zukunft steht die Bildung von langfristigen Erwartungen daher ohnehin schon auf einem recht unsoliden Fundament. Doch durch die oben angesprochene „statistische Normaldepression“ und die Temporalisierung der Gesellschaft wird dieses Fundament noch weiter geschwächt: In Abwesenheit einer objektiven Basis für die Einschätzung der Zukunft erfordert nämlich jegliche Notwendigkeit zu längerfristigem Handeln den Rückgriff auf Konventionen oder besser: „Schemata“, wie sie Luhmann nennt, standardisierte, griffige Wahrheiten aus dem Fundus des gesellschaftlichen Hintergrundwissens, wie es durch die Massenmedien auf die oben skizzierte Art und Weise geschaffen wird, und wie es bei Bedarf immer wieder erneut abgerufen werden kann. Üblicherweise wirken derartige Konventionen oder Schemata stabilitätsfördernd, was mitunter an der Börse dazu führt, dass der „Trend“ tatsächlich „your friend“ wird. In dem Ausmaß aber, wie sich durch die Evolution der Massenmedien derartige Schemata als zunehmend kurzlebig herausstellen, ist die Sache aber mitunter schon wieder gelaufen, bevor man richtig von ihr Notiz genommen hat.

Und darin besteht das eigentliche Problem unserer modernen Gesellschaft: Indem wir die Temporalisierung auf die Spitze getrieben haben, alles nur noch in „real-time“ bei globaler Gleichzeitigkeit wahrgenommen wird, erhöhen wir notwendigerweise auch die Volatilität in all den Zusammenhängen, bei denen wir traditioneller Weise auf Beständigkeit setzen: Von der Berufswahl über partnerschaftliche Beziehungen, Hypothekenverträge und Rentensparpläne. Oder anders gesagt: Über die unmittelbare Wirkung, die unsere gegenwärtige, statistische Normaldepression auf die Bildung unserer langfristigen Erwartungen entfaltet, haben wir uns die Krise gewissermaßen selbst „herbeigeschrieben“. Nota bene: Nicht aus böser Absicht oder geheimnisvollen, verschwörerischen Hintergedanken: Sondern weil wir als Medienkonsumenten an immer neueren und immer schnelleren Informationen interessiert sind, als Menschen aber offenbar beides nur bis zu einem gewissen Grad verarbeiten können.

Große Krisenchroniker wie Kindleberger oder Minsky stellten unisono fest, dass sich die Finanzkrisen und Crashs seit Mitte der 80er-Jahre auffallend häufen und an Schwere zunehmen. Beide konnten die aktuelle Krise nicht mehr erleben und die wenige Jahre früher stattfindende Implosion der „New Economy“ auch nicht; aber sie wären wohl selbst verblüfft gewesen angesichts des Umstandes, dass zwei so bedeutende Einbrüche in einem Zeitraum von weniger als 5 Jahren auftreten. Zweifellos ließen sich eine Menge Gründe dafür ausmachen, von der Politik des leichten Geldes über den Leichtsinn gewisser Banker bis hin zu vollständig liberalisierten Finanzmärkten, und eindeutige Kausalitäten lassen sich nur schwer nachweisen. Aber die zunehmende Temporalisierung der Gesellschaft durch die Massenmedien scheint mir ein mindestens ebenso plausibler Grund zu sein. Womöglich leiden wir unter „too much information“, jedenfalls mehr, als für eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung gut wäre. Da wir das System der Massenmedien aber nicht zurückdrehen können, und ziemlich sicher auch nicht wollen, wird sich an diesem Zustand jedoch kaum was ändern. Im Gegenteil: eine weitere Entfaltung der Massenmedien, in welcher konkreten Form auch immer, verspricht sogar ein noch höheres Tempo in sozialen und wirtschaftlichen Vorgängen. Sieht daher in meinen Augen ganz danach aus, als müssten wir uns wohl oder übel auf bleibende wirtschaftliche Volatilität einstellen. Auch in dieser Hinsicht scheint der Weg „zurück in die gute, alte Zeit“ versperrt, die Jahrzehnte alten Paradigmen eines Benjamin Graham oder Warren Buffett unter Umständen obsolet.


57 Lesermeinungen

  1. Chat Atkins sagt:

    Interessant ist in dem...
    Interessant ist in dem Zusammenhang doch gerade der schwindende Einfluss der Massenmedien. Eine wachsende Zahl von Menschen empfindet diese doch nur noch als ‚Plappermedien‘, von denen sie keinerlei brauchbare Orientierung mehr erwarten: Hier ’nen Tsunami, dort ’nen Kurssturz, dort ein neuer Superstar. Wer will das alles noch wissen?
    Der beschriebene Prozess scheint gewissermaßen gerade wegen seiner Übersteigerung auszulaufen: Zeitungsauflagen sinken, die jungen Leser (und Zuschauer) rennen weg, so weit sie intelligent sind jedenfalls. Der Rest glotzt DSDS. Das alles wird in den Blogs seit langem rauf und runter dekliniert. Liefe also Luhmanns Entwicklung völlig linear ab, dann müsste der Druck auf den medialen Zeitkessel weiter steigen – tut er aber nicht. Luhmann beschreibt also nur eine bestimmte historische Phase der Medienentwicklung, kein universales Gesetz. Er war gewissermaßen der Haus- und Hofphilosoph der Deregulation – mit seinen sich-selbstorganisierenden und sich-selbstinformierenden Systemen.
    Jetzt passiert etwas, was er nicht vorausahnte: Die Medien schalten sich wegen Überhitzung selber ab. Als Gegenbewegung, so scheint’s mir jedenfalls und ‚in Kladde‘ formuliert, suchen sich die Menschen stattdessen im Netz ihre ‚Familie‘ oder ‚Community‘, einen ’sozialen long tail‘, der zwar einen begrenzteren, wiewohl verlässslicheren Erwartungshorizont anbieten kann und somit die Temporalisierung zwar nicht aufhebt, aber erheblich mildert: Mögen die Medien fern in Thailand lärmen … Oder: Lieber doof und glücklich, als ständig überinformiert und unglücklich …

  2. Logik-Ratio sagt:

    Danke für die...
    Danke für die Problematisierung der gesellschaftlichen Informationsverarbeitung. Ich sehe das Problem auch in der Abhängigkeit der Medien von wenigen großen Konzernen, die doch weitgehend den Fernseh und Zeitungsmarkt kontrollieren. Auch Problematisch ist das fehlende „Nachfassen“ von Themen – Aus den Augen aus dem Sinn – gesellschaftlich wäre jedoch eine Verfolgung von Themen über Wochen, Monate und Jahre sinnvoll – was ist eigentlich geworden aus diesem Skandal – etc. Das ist nicht nachhaltig.
    Aber zum Thema der sich häufenden Krisen:
    Ich sehe den Zusammenhang viel mehr in der Prouktionskapazität unserer Volkswirtschaft. Noch vor 100 Jahren haben selbst in den Industrieländern 50% der Menschen noch in der Landwirtschaft garbeitet – das verhindert natürlich Krisen (Selbstversorger, etc.) zu einem gewissen Grad.
    Und heute? Heute arbeiten noch 3-5% der Bevölkerung im 1. Industriesektor.
    Das gleiche Spiel in der Industrie – Computer und Roboter ersetzten Millionen von Jobs.
    Schauen wir uns die Handyindustrie oder PC Industrie an – wer braucht noch zwingend die neusten Telefone? Oder die schnellsten PC’s?
    Kurz – uns Menschen geht die sinnvolle Arbeit aus. Unsere Grundversorgung könnten auch 50% der Menschen sicher stellen. Aber was macht der Rest? Dieser zockt an den Börsen, hypt hier, konsumiert da. Alles wäre kein Problem (Bis auf die frage der ökologischen Nachhaltigkeit) wenn die Leute das nicht auf Pump finanzieren müssten. Denn dann kommt irgendwann der große Zahltag – siehe jede Blase. Die erwarteten Zahlungsströme waren einfach meist total irrational. (Weil man bei einem beschränkten Wachstum, die max. Wachstumzahlen in der Mitte einfach in die Zukunft fortgeschrieben hat…….)
    Und dann? Crash. Die Zahlungsverpflichtungen können nicht eingehalten werden….. was für ein Wunder. Dann folgt der Katzenjammer, bis alle Kredite abgeschrieben sind. Und dann? Kann das Spiel wieder von vorne losgehen.
    Wie lösen wir die Krise? Wir streichen die Schulden in den USA auf 10% zusammen. Dann sind die Jungs wieder Kreditüwrdig und wir können Happy wieder unsere Produkte liefern. Oder wir buddeln Löcher in Deutschland (und schütten sie wieder zu)
    Vielleicht erkennen wir dann irgendwann, dass uns einfach – dank technischem Fortschritt – einfach die Arbeit ausgegangen ist. Daher die zunehmende Anzahl der Krisen. (Wobei uns niemals die Forschungsarbeit ausgehen kann….)

  3. lemming sagt:

    Durch Beschleunigung und...
    Durch Beschleunigung und Vervielfältigung erzeugen die Medien das genaue Gegenteil von Information, nämlich Rauschen. Ein Umschlagen von Quantität in Qualität, bzw. deren Verlust.
    Nur wer ernsthaft erwartet, die kommerziell arbeitenden Medien taugten zur Orientierung in der Lebenswelt, wird Opfer der „Normaldepression“. Die Medien reden nicht mehr ÜBER die Welt, sie sind latent selbstreferentielle Teile des Weltlärms (weil Kanal A berichtet hat, berichtet Kanal B über den Bericht in Kanal A), über den selber zu reden, nicht: zu „informieren“, wäre. Jüngere Generationen mit Videohandys etc. unterscheiden gar nicht mehr zwischen Dingen und Medien. Die Medien sind für sie ebenfalls Dinge. Und da liegen sie ganz richtig. Medienkompetenz, sofern sie die kompetente Selektion unter den verschiedenen Vorselektionen der Medien meint, ist antiquierte Pädagogik.

  4. informat sagt:

    "Information" ist eben nicht,...
    „Information“ ist eben nicht, das was pausenlos aus dem Äther quillt, weil es serienmäßig tagtäglich in den „Anstalten“ produziert wird.
    Sinnvoll ist ein wenig noch die Wettervorhersage (wenn man Bauer etc. ist).
    „Information“ ist das, was zur Problemlösung dringend benötigt wird-aber wer will im satten Deutschland noch Probleme (sehen, lösen…).
    Aus den Medien kam noch (fast) nie eine Lösung.

  5. drhk sagt:

    Dem, was Thomas Strobl...
    Dem, was Thomas Strobl schreibt, stimmt ich 100% zu. Die selektive und effekthascherei-basierte Nachrichtenverbreitung der Massenmedien aus aller Welt und im Sekundentakt begünstigt zwangsläufig Katastrophen. Der Mensch ist nicht in der Lage, diese Informationsflut zu filtern, zu verarbeiten und die „richtigen“ Schlüsse für seine eigene Lebensumgebung daraus zu ziehen. Dies führt zu einer Gleichschaltung von Interessen und, im Extremfall, grundlos irrationalem, panikartigem Verhalten, welches sich aufschaukelt und welches ganze Volkswirtschaften in den Abgrund reissen kann. Auch das Klima für die derzeitige weltweite Finanzkrise wurde durch diese Mechanismen begünstigt, bis am Ende die Panik ausbrach.
    Im Grunde ist es wie bei einer Einheit von Soldaten, die im Gleichschritt über eine Brücke marschieren, und sie durch Anregung in ihrer Resonanzfrequenz soweit zum Schwingen bringen, bis der Einsturz unvermeidlich ist.
    Fazit: Weniger, zeitlich und inhaltlich gefilterte und gedämpfte Information braucht die Welt. Auf keinen Fall aber noch mehr!

  6. Stefanus sagt:

    Also wieder mehr Theo Fischer...
    Also wieder mehr Theo Fischer lesen: Wu wei: Die Lebenskunst des Tao, eine herrliche Anleitung sich ganz auf das hier und jetzt zu konzentrieren. (Und erfrischen unesoterisch)

  7. Sicher kommt es nicht auf die...
    Sicher kommt es nicht auf die Nachrichten an. Der laufende Finanzgau reichte eigentlich aus, um das System komplett in die Mülltonne zu befördern. Das liegt aber in diesem Fall nicht am Gleichschritt und Resonanz, sondern an historisch beispielloser Raffgier Einiger und ihrer Helfershelfer. In diesem Fall ist es das Kaliber, das einschlug. Billionenverluste !!! Billionen !!!
    Die seit über einen Monat steigenden Börsenkurse kann man zur Zeit eigentlich nur als Galgenhumor der Marktteilnehmer auffassen. Immerhin, gut gemeint.

  8. Devin08 sagt:

    Der ‚Wert‘ außerhalb des...
    Der ‚Wert‘ außerhalb des Wertes
    Womöglich leiden wir unter „too much information“. Dass das Unsinn ist, wissen Sie vermutlich, oder Sie reflektieren hier einen regressiven Griff auf die Hirne der Menschen. Richtig ist, dass die „Verwertung des Werts“ in eine entscheidende Phase eingetreten ist. Nicht nur von der Substanz her (dem der abstrakten Arbeit im Wert), sondern auch aus der Marktrealität heraus, verliert sich das Kapital. Und das ist nicht nur Zeitverlust. Produkte die heute schon billiger sind als gestern, verführen den Konsumenten auf übermorgen zu warten, und dann womöglich auf den Totalverzicht. Mit den Medien ist es ähnlich. Ein modernes Buch, insbesondere ein moderner Roman, hat kaum einen Marktwert, ob des rasanten Verfalls von Bedeutung in ihm, gleich wie gut der Schriftsteller ist. Es ist doch beliebig was einer heute erlebt, wenn es morgen schon keinen mehr interessiert. Aus dieser Perspektive stimmt ihre Kritik, aber sie ist rein affirmativ. Sie verkennen die ‚Alternative‘ außerhalb dieser Logik. Wenn Sie sich die Mühe machen wollen, schauen Sie sich mal meine Beiträge an (nur als Beispiel, ich will nicht angeben, mir fällt kein besseres ein, auf die Schnelle, und nicht wirklich alle sind gut), es sind in der FAZ weit über 600 (ich habe lange nicht mehr nachgeschaut) und das in einem Zeitraum von einem Jahr, oder etwas länger; auch in der ZEIT sind es weit über 1000 (die meisten vor 2 Jahren geschrieben). Ich behaupte, dass kein einziger davon (die inhaltliche Kritik mal unterschlagen, man muss nicht meiner Meinung sein) überholt ist. Jeder dieser Beiträge kann jederzeit für sich alleine stehen (und solchermaßen einen Abruf bestehen), denn es ist ein Schema erkennbar, ein Komplex, eine Linie, wenn Sie so wollen, und das, obwohl es nur Leserkommentare sind, Reaktionen auf Geschriebenes. Schon die Überschriften machen das deutlich: sie sind nicht nur für die aktuelle Gegenwart. Sie heben niemals den Skandal hervor, sondern das Wesentliche. Und dann schauen Sie sich die Artikel Ihrer eigenen Zeitung an, die in der FAZ, die redaktionellen. Gehen Sie wirklich kritisch ran, und Sie werden finden, dass es schwer fällt, einen einzigen davon in einem Jahr noch wirklich zu verstehen, oder gar zu akzeptieren (nehmen Sie nur die Wirtschaftsbeiträge vor und nach der Finanzkrise). Sie sind spektakulär, viele gut geschrieben, nicht alle, aber sie sind wirklich sehr zeitlich. Und warum? Weil keine Linie drin ist, alles beliebig ist, reine Meinung, sich oft widersprechende, manchmal auch Propaganda, oft nur Faktensammlerei, ein Patchwork im schlechten Sinne des Wortes. Wahrlich ein Spiegelbild dieser Demokratie. Ich bin für Patchwork, aber es sollte nicht von 1000 Händen fabriziert sein, ohne dass ein Plan erkennbar wäre, eine ordnende Hand, eine Vision gar. Nun werden Sie sich wundern, denn wofür haben Sie Chefredakteure? Fragen Sie sie? Auf die Antwort bin ich gespannt, wenn Sie überhaupt eine bekommen. Das Zeitlose sollte das Zeitliche dominieren, dann wäre ein Gegensteuern möglich. Aber das kann nur noch eine revolutionäre Klasse, eine mit einer Vision, keine bürgerliche Zeitung, die den Markt bedient. Sorry, aber das ist der Preis für den Erfolg. Man muss ihn zahlen. Und das zwingt zur Affirmation. Nur eine Haltung, die nicht festhält, was nur reaktionär ist, oder sich nur an Formen klammert, bzw. Mainstreams auslotet, sondern den Grundsatz in Allem sucht, das Gesetzmäßige im Fluss der Dinge herausfischt, die also dem Lauf der Zeit nicht einfach folgt, sondern ihn zum Tiefgang zwingt, gibt der Zeit nicht die Möglichkeit davon zu laufen. (Stellen Sie sich vor, Sie reiten ein wildes Pferd und lassen die Zügel locker!) Und solche Informationen, also solche, die Tiefe haben, können niemals „too much“ sein. Man muss sie ja nicht alle lesen, ganz und gar nicht, aber man könnte sie alle gelesen haben, ohne dass das Hirn dampft, oder einem die Lust vergeht.
    Das Gute zum Schluss: Ihre Beiträge machen ein gutes Bild, sie heben sich davon ab. Ich lese sie gerne, sie inspirieren mich. Sie suchen den ‚Wert‘ außerhalb des Wertes. Ein langer steiniger Weg. Und Ihre Kritik, ist trotz aller Affirmation, sehr mutig, gerade in dieser Zeitung.

  9. zsabinsche sagt:

    Ich gönne meinem Geist seit...
    Ich gönne meinem Geist seit einigen Jahren schon ein wenig Ruhe vor der Flut von Informationen. Einfach mal ein Buch lesen, Musik hören, soziale Kontakte pflegen oder spazieren gehen tun mir erfahrungsgemäß sehr gut.

  10. No. 6 sagt:

    Guter Artikel und...
    Guter Artikel und bemerkenswerte Kommentare meiner Vorgänger.
    Das gegenwärtige Geschäftsmodell der industriellen Medienunternehmen führt zwangsläufig zur Selbstentleibung. Jeder der bis drei zählen kann weiß, daß er von morgens bis abends manipuliert wird, egal in welches Blatt oder in welchen Bildschirm er auch schaut. In diesem Ansatz liegt es in der Natur der Sache, daß nach der Entwertung des Politikers (darüber können auch keine „Rettungspaketaktivitäten“ hinwegtäuschen) auch die Gefahr der Entwertung des Journalisten folgen wird. Insbesondere die Wirtschaftspresse hat sich für die Messages misbrauchen lassen, die den jeweiligen kommenden Businessmegatrend befördern sollten. Dem „sog. TopManagement“ ist es eh Wurst wer wann was über sie denkt (Hauptsache die Kohle stimmt). Angepaßte Wirtschaftspressemaxime: Bloß keine Kritik am Kapital – geschweige denn substanzielles Hinterfragen ob das, was da so alles läuft überhaupt einigermaßen logisch ist und richtig sein kann, bzw. durch WERTSCHÖPFUNG gedeckt ist. Der DAX geht mal wieder rauf weil der NIKKEI runter geht (Leider lassen inzwischen auch sog. Eliten denken, weil das SELBERDENKEN ja so anstrengend ist, da man sich mit Niederungen der Details beschäftigen muß). Dafür hält sich der moderne Verantwortungsträger sog. BERATER oder bezieht sich auf eine Referenz in angesagten Medien (manchmal sogar Büchern !). Leider ist das Alles nicht neu. Im Prinzip lief die Schose in den letzten viertausend Jahren immer nach dem gleichen Muster ab und selbst große Philosophen kommen zunehmend zu der Erkenntnis, daß eine Generation aus den Fehlern der Vorgänger nichts (oder nur sehr wenig) lernen kann. Erschwerend kommt hinzu, daß als Konzequenz immer mehr MitMenschen folgende Überlebensregeln anwenden. 1.) Ohne Moos nichts los. 2.) Selber essen macht fett – Andere denken lassen macht schlau (ohne persönliches Risiko, denn es vermeidet den Frust, der aus Erkenntnis folgt) 3.) Bleibe nie so lange im Amt, daß Dich Deine Entscheidungen oder (falls Du wirklich was tust) sogar „Thaten“ einholen können. 4.) Vertraue keiner Information, die Du nicht selbst bearbeitet/gefälscht hast.
    Der Punkt 4 wurde übrigens im Q1/2009 in mehren Artikeln der deutschen Wirtschaftspresse positiv als existentiell karrierefördernd angepriesen. Ja wo kommen wir denn da hin ! … Wenn es hier Don Alfonsos Blog wäre, würde ich wieder nach dem Wertegerüst der jeweils beteiligten besseren Gesellschaft fragen.
    P.S. Die engagierten Blogs der FAZ bereiten mir übrigens zunehmend Freude. Anscheinend ist unsere Presselandschaft noch nicht vollends verloren. Nur Mut und weiter so !

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