Das Prinzip eines Pyramiden- oder Kettenbriefspiels ist schnell erklärt: Alle Teilnehmer erwarten, nach ihnen würden weitere Spieler einsteigen, aus deren Einsatz dann die Rückzahlung des eigenen Spielgeldes bestritten sowie das – zumeist sagenhafte – Gewinnversprechen der Organisatoren eingelöst wird. Weil die ganze Nummer logischerweise nur solange funktionieren kann, als neu hinzutretende Teilnehmer gefunden werden, andernfalls alle übrigen noch im Spiel befindlichen Spieler alles verlieren, sind derartige Kettenbriefspiele üblicherweise gesetzlich verboten. Bis auf eines, zufällig das größte Pyramidenspiel überhaupt: Der Kapitalismus.
Dieses Spiel ist absolut legal, seine erfolgreichen Spieler werden zumeist als „Helden“ verehrt und rangieren in den gesellschaftlichen Hierarchien an oberster Stelle. Die goldene Regel im Kapitalismus lautet: Solange zur Bedienung aller Schulden neue Nachschuldner gefunden werden, läuft alles wunderbar. Bleiben diese aber aus, dann heißt es: Game over! – Der Kettenbrief reißt, der Aufschwung schlägt um in die Krise, und alle, die gestern noch jubelten, sind plötzlich stinksauer. Zumeist gibt es dann ziemlich lautes Geschrei, wenn es besonders hart kommt auch eine knackige, kleine Revolution, oder gar einen ausgewachsenen Krieg, mittels derer die alten Wetten aufgehoben und die Schuldenuhren auf „Null“ zurückgedreht werden, sodass das lustige Kreditspiel von Neuem starten kann. Der ehemalige Fed-Chef Alan Greenspan verlieh dieser Sorge Ausdruck, als er vor einigen Jahren um „new credits“ förmlich bettelte, und selbst durch drastische Leitzinssenkungen massiv dazu beitrug, dass sie auch tatsächlich eintrafen; sein Nachfolger Ben Bernanke tut sich da schon erheblich schwerer, die Neuschuldner wollen sich seit geraumer Zeit partout nicht einstellen, die wirtschaftlichen Auswirkungen ihres Fernbleibens werden zunehmend schlimmer.
Dieser Kettenbrief lief in der Geschichte der Menschheit schon so häufig ab, dass man damit ganze Bibliotheken der klassischen Weltliteratur füllen könnte, und tatsächlich sind sie das auch: Die großen Schuldreformer der Antike sind alle bestens überliefert, von Lykurg bis zu den Gracchen, Cicero brachte Catilina an den Galgen, nachdem der sich an die Spitze eines Schuldneraufstands setzen wollte, und besonders deutliche Hinweise auf altertümliche Kreditquereleien liefert natürlich der größte Klassiker von allen, die Bibel: Josephs Prophezeiung der 7 fetten und 7 mageren Jahre war im Prinzip nichts anderes als die Beschreibung einer solchen Boom-Bust-Sequenz, und bei Moses lesen wir etwas von einem „Erlassjahr“, einer obligatorischen Schuldenstreichung alle 7 Jahre, die den deflationären Druck aus der Wirtschaft nehmen und Spielräume für einen neuen Aufschwung schaffen sollte. Ein Gedanke übrigens, der erst kürzlich wieder vom englischen Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson in einem Beitrag für die Financial Times aufgegriffen wurde, als eine alternative Möglichkeit, mit der man unserer neuzeitlichen Misere natürlich auch beikommen könnte. Moses war also offenbar ein weiser Mann, zumindest weiser, als so manche selbsternannten oder offiziellen „Wirtschaftsweisen“ unserer Tage, die von der Funktion des Kredits in einer kapitalistischen Wirtschaft bisweilen nicht den Schimmer einer Ahnung haben.
Nun hat sich auch eine moderne Bibel, das Hamburger „SPIEGEL“-Magazin, des Themas angenommen: „Wiederholt sich die Geschichte doch?“, knallt es einem in großen, bedrohlichen Lettern vom Titelblatt der jüngsten Ausgabe entgegen, daneben das legendäre Foto vom verzweifelten, Arbeit suchenden Mann auf der Straße anno 1930. Über 5 Millionen Menschen hätten seit Ausbruch der Krise in den USA ihren Job verloren, schreibt der SPIEGEL, Ende nicht absehbar, und Deutschland würde den USA auf diesem Kurs folgen. Laut Prognose der führenden Wirtschaftsinstitute schrumpft die deutsche Volkswirtschaft dieses Jahr um 6%, der blanke Horror, der stärkste Einbruch in der Geschichte der Bundesrepublik, und wenn man bedenkt, dass besagte Institute die Krise samt und sonders verschlafen haben, ihre bisherigen Prognosen daher viel zu optimistisch waren, dann steht ohnehin zu befürchten, dass die jetzt avisierten 6% in kommenden Vorhersagen noch weiter nach unten revidiert werden müssen.
„In Amerika hat sich die Depression längst in den Alltagssprachgebrauch zurückgeschlichen“, meint der SPIEGEL, und recht hat er, gerade eben erst wieder hat Nobelpreisträger Paul Krugman in seiner Kolumne in der NY Times davor gewarnt. Von der Politik hänge jetzt so ziemlich alles weitere ab, meint Krugman darin, und der SPIEGEL stimmt ihm darin zu: „Die Krise könnte die Volkswirtschaften ähnlich hart treffen wie die Große Depression – wenn die massiven Rettungspakete der Regierungen nicht greifen.“
Das Problem ist nur: Diese Rettungspakete sind aus meiner Sicht keineswegs „massiv“, zumindest in Deutschland nicht. Um das zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, dass den öffentlichen Kriseninterventionen notwendigerweise 2 Aufgaben zukommen, die sie unbedingt erfüllen müssen, wenn sie Erfolg haben sollen: erstens muss verhindert werden, dass Kredittitel und dahinterstehende Sicherheiten weiter im Preis verfallen, etwa deshalb, weil sie von den Banken in Notverkäufen („fire sales“) auf den Markt geschmissen werden: Das ist üblicherweise der Job der Zentralbank, in ihrer Rolle als „Lender of last resort“; die Ausmaße und Komplexität dieser Krise brachten es aber mit sich, dass der Staat zusätzlich einspringen und diverse „Rettungsschirme“ im Umfang mehrer Hundert Milliarden Euro für die Banken spannen musste, um diesen Teil der Übung so halbwegs hinzukriegen; und wie wir aus aktuellen Debatten um die „bad bank“ wissen, ist er damit eh noch lange nicht fertig.
Teil 2 der Aufgabe wird aber noch viel schwieriger: Der Staat muss die ausfallenden „new credits“ irgendwie ersetzen, er muss – um in der Sprache unserer Pyramidenspiel-Analogie zu bleiben – selbst in das Spiel eintreten und den Einsatz stellen, der nötig ist, um alle früheren Spieler auszulösen. Soll heißen: über öffentlichen Konsum, Investitionen und Sozialtransfers bewirkt er, dass Unternehmen und Privathaushalte weiterhin Gewinne und Einkommen in ausreichender Höhe erzielen, um kreditfähig zu bleiben und ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. In den 1930ern tat er das nicht – Folgen bekannt. Jedoch: Das für alle hinzubekommen ist im Prinzip eh ein Ding der Unmöglichkeit, und wenn es die Regierung tatsächlich versuchen wollte, dann müsste sie dafür jedenfalls deutlich höhere Ausgaben veranschlagen, als in den bislang beschlossenen Konjunkturpaketen I und II stecken. Folgt man der Theorie des amerikanischen Ökonomen Hyman Minsky, die zur Erklärung der Krise neuerdings häufig herangezogen wird, dann müsste das Haushaltsdefizit der Bundesregierung um mindestens den Betrag steigen, um den die Investitionsnachfrage und der Außenhandelsüberschuss einbrechen. Nehmen wir einmal an, dass beide im Verlauf der Krise um jene 20-30% zurückgehen, welche die Financial Times vor einiger Zeit prognostiziert hat, dann wären das zwischen 100 und 150 Mrd Euro, die der Staatshaushalt an Nachfrageausfällen und damit ausbleibenden Gewinnen und Einkommen kompensieren müsste. Nota bene: pro Jahr! Konjunkturmaßnahmen in dieser Größenordnung scheinen aber ganz und gar undenkbar, zumindest derzeit. Zudem weiß niemand, wie schlimm es wirklich kommen wird, der SPIEGEL zitiert Finanzminister Peer Steinbrück mit seinem Eingeständnis „Ich weiß es nicht“, womit der wenigstens sympathische Ehrlichkeit beweist.
„Das macht die Krise so unheimlich. Wo sie herkommt, ist bekannt. Wo sie hin will, weiß keiner“, stellt der SPIEGEL dazu fest. Und wenn wir es genau nehmen, dann stimmt noch nicht mal das: Nach wie vor besteht im Ökonomenlager keine Einigkeit darüber, was genau die Ursachen der Krise sind, stattdessen werden die unterschiedlichsten Erklärungsmuster herangezogen, von gierigen Banken, über unfähige Regulierungs- und Aufsichtsorgane, bis hin zur einleitenden Darstellung der systemischen Schwächen des „Kettenbriefs Kapitalismus“, wie er vor allem den Theorien von John Maynard Keynes, Irving Fisher und dem oben genannten Hyman Minsky zugrunde lag. Nur sind deren Theorien allesamt nicht Teil des aktuellen ökonomischen Mainstream-Denkens: Darin wird die Krise nach wie vor lediglich als „Betriebsunfall“ abgehandelt. Exemplarisch bringt der SPIEGEL ein Zitat von einem der bekanntesten Ökonomen unserer Zeit, dem Nobelpreisträger Robert Solow, der auf die Frage „Können Sie erklären, was passiert ist?“, geantwortet haben soll:
„Nein, ich glaube nicht, dass normales ökonomisches Denken bei der Erklärung dieser Krise helfen kann.“
Tja, irgendwie ganz schön doof, oder?
Der größte Fehler, den man der Politik deshalb auch vorwerfen muss, ist der, weiterhin genau jener Elite der Ahnungslosigkeit hörig zu sein, die diese Krise nicht nur nicht kommen hat sehen, sondern die sie darüber hinaus auch jahrelang zu Maßnahmen überredet hat, die jetzt alles nur noch schlimmer machen: Dank der Politik des konsequenten Sozialabbaus der letzten Jahre sind in dieser Krise klassische Segmente der deutschen Mittelschicht erstmals akut vom Abstieg auf Sozialhilfeniveau bedroht, wie DGB-Chef Sommer neulich in der ARD nicht müde wurde zu betonen. Und dass er damit völlig recht hat, zeigt sich überdeutlich an der Misere um Opel, Schaeffler und die vielen anderen Großunternehmen, bei denen Mitarbeiter in gut bezahlten Jobs zu Hunderten und Tausenden spätestens dann auf der Strasse stehen werden, wenn die aktuellen Kurzarbeitsprogramme auslaufen und die Strohfeuerwirkung der Abwrackprämie verflogen ist. Die Erwartungen der Menschen an eine ungewisse Zukunft wären es, so schrieb John Maynard Keynes anno 1936, die den Verlauf des wirtschaftlichen Geschehens bestimmen: Sie nachfrageseitig zu stabilisieren, und damit angebotsseitig die „Animal Spirits“ der Unternehmer zu wecken, sprich: sie zu Investitionen anzuregen, wäre der einzig mögliche Weg, eine Krise vorzeitig zu beenden. Auf heute umgelegt, stelle ich mir daher die Frage: Wo soll die Zuversicht herkommen, wenn der Facharbeiter bei Opel damit rechnen muss, bereits nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit nicht nur auf das Kaufkraftniveau eines Hartz-IV-Empfängers zurückgestuft zu werden, sondern darüber hinaus womöglich auch noch sein gesamtes Erspartes und sein Eigenheim zu verlieren? Und mal im Ernst: Wenn die Krise tatsächlich so schlimm wird, wie der SPIEGEL schreibt, wo sollten dann binnen 18 Monaten ausreichend Jobs für die Entlassenen bei Opel & Co herkommen?
Die Revision der Hartz-IV-Reformen stünden deshalb für die Sozialdemokraten auch ganz oben an, heisst es im SPIEGEL weiter, denn sie dürften nicht zulassen, dass ihre Stammklientel in die Armutsfalle gerät. Doch hier greift der SPIEGEL in seiner Interpretation zu kurz: Wenn die Krise sich verschärft und tatsächlich Dimensionen wie in den 1930ern annimmt, dann ist eben nicht mehr nur die klassische Stammwählerschaft der SPD davon betroffen, sondern ausnahmslos wir alle!
Daher – und diesmal will ich es gerne deutlicher formulieren, als in meinem Beitrag „Politik für die obersten 1,6%“, der offenbar in diesem Punkt etwas missverständlich geraten war – sollten beide Regierungsparteien, vor allem aber die CDU/CSU, endlich aufwachen, ihre bisherigen wirtschaftspolitischen Berater zum Teufel jagen und sich von den wahren, apokalyptischen Dimensionen des drohenden Desasters überzeugen lassen. Dann dürfte ihnen schlagartig klar werden, dass auch sie um eine Politik, die sie gestern noch als „Linksruck“ und „sozialistische Mottenkiste“ verunglimpften, in Wahrheit gar nicht herumkommen werden. Die „Leistungsträger“ von heute könnten nämlich ratzfatz die Verlierer von morgen werden, und dann ist ihnen alleine mit Steuersenkungen und der üblichen Rhetorik des „Wir sind alle stolz auf Euch!“ bestimmt nicht geholfen.
Der SPIEGEL lässt am Schluss seines Beitrags den Wirtschaftshistoriker Abelshauser sagen: „Geschichte wiederholt sich nicht. Oder doch?“
Aber mal im Ernst: Wer möchte die Antwort auf diese Frage wirklich wissen? – Ich jedenfalls nicht! Ich habe echt keinerlei Interesse, das herauszufinden.
"[...] und wenn man bedenkt,...
„[…] und wenn man bedenkt, dass besagte Institute die Krise samt und sonders verschlafen haben, ihre bisherigen Prognosen daher viel zu optimistisch waren, dann steht ohnehin zu befürchten, dass die jetzt avisierten 6% in kommenden Vorhersagen noch weiter nach unten revidiert werden müssen.“
Warum sollten die Institute immer in der falschen Richtung daneben liegen. Was sie früher zu gut eingeschätzt haben, schätzen sie jetzt zu schlecht ein. Und das alles nur, um mit dem Strom zu schwimmen und zur Not sagen zu können „Die anderen haben genauso falsch gelegen.“
Zitat: "dann wären das...
Zitat: „dann wären das zwischen 100 und 150 Mrd Euro, die der Staatshaushalt an Nachfrageausfällen … kompensieren müsste“
Da der deutsche Staatshaushalt in 2008 ungefähr ausgeglichen war, und wir dieses Jahr durchaus auf neue Schulden von mindestens 100 Mrd. € kommen dürften, würde das ja sogar halbwegs reichen.
Aber nur, wenn der Außenhandelsüberschuß nicht noch um einiges stärker als „nur“ um 20-30 % einbricht, und darauf deutet dummerweise einiges hin…
Gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz blöd...
Gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz blöd gefragt:
Angenehm wir machen einen richtig schönen Haircut, so dass die Rentiers schneller aussterben als die Dinosaurier. Dann können die Rentiers also nicht mehr wesentliche Teile unserer Produktion absaugen (blöd halt, wer kauft dann die Superyachten, vielleicht brauchen ja Merkel und Co. neue Dienstboote), sondern müssen im Gegenteil sogar versuchen, aus Arbeit Einkommen zu generieren (vergessen wir mal, dass es zu wenig Arbeitsplätze gibt. Das löst sich schon, wenn die überschuldeten Unternehmen wieder Luft haben wegen der neuen Glatzkopfmode), es sollte das Produktionspotential also ansteigen und zu einer gleichmäßigeren Verteilung führen.
Wo ist da noch Krise, außer das halt die oberen herrschenden paar Prozent plötzlich ziemlich nackt da stehen?
<p>Lieber Herr...
Lieber Herr Strobl,
ich lese Ihren Blog immer mit dem größten Vergnügen. An dieser Stelle jedoch eine kritische Nachfrage: Ihr Vorschlag der massiven Staatsintervention zur Bekämpfung der Krise ist im Grunde nichts anderes – um in der Kettenbrief-Analogie zu bleiben – als der Vorschlag, der Staat solle beim Kettenbriefspiel mitspielen – und zwar als neuestes Opfer und letztes Opfer in der Serie an kreditfinanzierten Kettenbriefen. Der dadurch aufgebaute staatliche Schuldenberg würde die Krise meines Erachtens aber nur in die Zukunft verschieben.
Meiner Meinung nach muss sich das ganze Spiel früher oder später in einer Inflation auflösen – das käme dann auch den hostorischen Beispielen von Lykurg bis zu den Gracchen gleich: Eine globa Entschuldung über Geldentwertung. Die Fed hat im Grunde schon damit begonnen, indem sie die Geldmenge über u.a. den Kauf langlaufender Staatsanleihen massiv ausweitet.
Und wo ich gerade dabei bin – vielleicht können Sie als Keynes-Kenner mir ja folgende Frage zu Keynes beantworten: doener.blogage.de/…/Was-ich-an-Keynes-nie-verstanden-habe
Schöne Grüße
Stephan Dörner
@Stephan Döner
Keynes ging...
@Stephan Döner
Keynes ging es tatsächlich primär um die Investitionen, und zwar ganz konkret die Nachfrage bzw Produktion von NEUEN Investitionsgütern. Das ist in der Tat einer der bisweilen völlig missverstandenen Aspekte von Keynes, insbesondere das sich daraus ergebende „duale Preissystem“. Im Prinzip war Keynes‘ These die, zumindest meiner Lesart nach (und die stammt von Minsky), dass es einen maximalen Nachfragepreis für Investitionsgüter gibt, der durch den Barwert der mit diesem Gut erzielbaren, zukünftigen Erträge bestimmt wird. Zu jedem solchen Investitionsgut gibt es auch einen Angebotspreis der Produzenten, der den Produktionskosten der letzten produzierten Einheit dieses Gutes entspricht. Und zusätzlich fungieren gewisse Investitionsgüter – in aggregierter bzw abstrakter Form, zb als Firmenbeteiligung – auch als Vermögenswert.
Die These ist nun, dass – um Investionen bzw die Nachfrage nach neu produzierten Investitionsgütern auszulösen – der Nachfragepreis dieser Güter a) immer höher liegen muß, als der Angebotspreis und b) der Angebotspreis der neu produzierten Investitonsgüter tiefer liegen muß, als der Angebotspreis bereits bestehender solcher Güter, in der Form von Vermögenswerten. Warum? Weil sonst der Kauf von Vermögenswerten bei gegebenen Nachfragepreisen die lukrativere Alternative wäre. Beschäftigung im keynesschen Sinne schafft aber nur die Neuproduktion von Investitionsgütern.
Das „Sparen“ erfolgt hingegen aus einer völlig anderen, von der Investion losgelösten Motivation. Die Gleichung „I = S“ (Investitionen = Sparen) hatte nach Keynes Ansicht keinen Aussagewert, weil so definiert.
Wenn der Schuldner...
Wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist, dann hat doch der Gläubiger ein Problem ? Wenn ich aber jetzt den Gläubiger, die Bank, „rette“, ist doch der Schuldner trotzdem nicht kreditwürdig ?
Nun ist aber der Schuldner meist nicht der deutsche Konsument der ist weder pleite noch kreditunwürdig. Damit liegt ein Problem in der starken Exportabhängigkeit. Der schwache Dollar wurde mit Lohndrückerei und Sozialabbau beantwortet. Treppenwitz der Geschichte war, daß das so den Bürgern abgepreßte Geld durch die Hypotheken- und Landesbanken eben im „schwachen“ Dollar „angelegt“ wurde. Und zwar kreditgehebelt, weil man darauf baute, daß der Dollar nur abwerten kann. Die Kredite noch „billiger“ zurückzahlen könnte, Einnahmequelle „Riester-Renten“. Ein zweites Problem ist die Politik seit 2000, die massive Mittelstandserosion darstellte und dem Binnenkonsum die Luft abdrehte. Nach bisherigen Beobachtungen meint die Bundesregierung, wir „retten“ die Banken, das wird schon wieder. Und die Beamten und Rentner werden uns auch diesmal wieder die Mehrheit sichern. Sollte der Dollar wieder schwächer werden, bauen wir eben weiter Sozialleistungen ab, die $-Kredite sind ja wohl mindestens um den Betrag, der aus der Abwertung reinfließen sollte, geplatzt, eine garantiert zu tiefe Schätzung. Und der mit der Renten-Öko-Steuer belastete Spritpreis ist eh zu „tief“, wovon soll denn der Finanzminister die Pensionen bezahlen ? Und die CO2-Steuer (Emissionshandel, Strompreis) erst noch. Jeder Mensch pustet jeden Tag völlig unverantwortlich 1 l CO2 in die Atmosphäre, er atmet. Dazu all das Viehzeug noch. Atemsteuer, kann ich nur schreiben. So habe ich Bundespräsident Köhler mit seinem: „Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt.“, verstanden. Wir nicht. Sein Berufsstand schon eher. Aber wir sollen bezahlen, „den Gürtel enger schnallen“, wer das glaubt wird seelig.
Wir brauchen in unserer Wegwerfgesellschaft, in der inzwischen selbst Menschen weggeworfen werden (Hartz IV) einen Sinneswandel. Die Industrie ist „zu“ effektiv. Also 30 Stundenwoche und 40 Tage Jahresurlaub. Das drückt zwar die Profite gewaltig und verhindert Investitionen, aber wer braucht diese Investitionen, wenn die wegen Überproduktion inzwischen alle 5 Jahre am Rande des Bankrottes stehen ? (Quimonda, und wie sie alle heissen) Was ich damit überspitzt formuliert schreiben will, wir sollten uns an nachhaltiges Wirtschaften gewöhnen. Wir brauchen vielleicht auch mal 100 Mrd. oder sogar 150 Mrd. Euro Staatsgelder, aber erst, wenn die Marschrichtung der Wirtschaft klar definiert ist, denn die der letzten Jahre war wohl erwiesenermaßen grundlegend falsch. Und die Politik kann dann nicht Mittelstandserosion und „Gürtel enger schnallen“ heißen.
Zu dem apokalyptischen Szenario kommt noch, daß unser Sozialsystem, auch die Renten- und Krankenkassen, eine längere Krise nicht durchstehen werden. Der Betrachtung „Geschichte wiederholt sich nicht, oder“ kann man eine klare Absage erteilen. Sie wird sich nicht wiederholen, ungeachtet dessen werden wir unser Denken ändern und unsere Politiker austauschen müssen. Die Deutschen waren noch nie begeisterte Anhänger des Turbokapitalismus und wenn sie nun zweimal die falschen Politiker gewählt haben, sollten sie insbesondere dieses Mal genau darüber nachdenken, ob sie sich so eine Politik noch 4 Jahre gefallen lassen wollen. „Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt…?“
@Thomas Strobl:
Vielen Dank...
@Thomas Strobl:
Vielen Dank für die Antwort! Nur was ich mich jetzt frage im Zusammenhang mit dem Handelsblatt.com-Check frage: Warum sollten nur die Produktion und Nachfrage NEUER Investitionsgüter konjunkturpolitisch wirksam sein (also z.B. beschäftigungswirksam)?
Dort steht ja z.B.: „Arbeitnehmer erhalten ab 2010 höhere Nettobezüge. Sparen sie das zusätzliche Geld, verpufft die konjunkturfördernde Wirkung.“
Ursache der Finanzkrise ist...
Ursache der Finanzkrise ist und bleibt der viel zu hohe Verschuldungsgrad einer Vielzahl von Volkswirtschaften weltweit, die insbesondere auf eine zu laxe Geldpolitik der Zentralnotenbanken weltweit zurückzuführen ist. Die (anfängliche) US-Subprime, die sich nunmehr zu der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ausgewachsen hat, war dabei lediglch ein Symptom dieser eigentlichen Verschuldungskrise.
Dieser Finanzkrise kann daher nur durch die Rückführung des Verschuldungsgrades in den Volkswirtschaften „gelöst“ werden und eben nicht durch weitere Verschuldungsexzesse. Der private Sektor hat dies auch als eigentliches dieser Finanzkrise zugrunde liegenden Problem bereits erkannt und ist derzeit dabei diesem durch kontinuierliches „Delevering“ (Zurückfahren des Verschuldungsgrades) zu begegnen.
Die Staaten können diesen Prozess durch schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme lediglich abmildern, jedoch nicht vollständig ausgleichen. Wer etwas anderes suggeriert, argumentiert meines Erachtens unredlich und wird durch die Realität eines besseren belehrt werden.
Schlimmer ist jedoch, dass durch diese staatlichen Verschuldungsexzesse, die von Herrn Strobl und eine Vielzahl von Wirtschaftswisenschaftlern vorgeschlagen werden, die Finanzkrise sich zu globalen Währungskrisen ganzer Währungsräume, insbesondere im USD-, aber auch im Euro-Raum auswachsen könnte, mit unabsehbaren Folgen für die einzelnen betroffenen Volkswirtschaften. Dies gilt es jedoch auf alle Fälle zu verhindern.
Und damit wäre ich dann auch bei meiner Kritik des Beitrages von Herrn Strobl:
In dem Beitrag wird nur das „weiter so“ propagiert (Verschuldung muss und koste es, was es wolle, einfach weitergehen) und die damit verbundenen Gefahren verschwiegen, wo doch eigentliches Umdenken gefordert ist. Es tut mir Leid, sagen zu müsssen, dass mich solche Denkansätze, und mögen sie noch so gut gemeint sein, einfach nicht überzeugen können. Denn hiermit wird eine Machbarkeit suggerriert, die es so nicht geben kann.
Mein Vorschlag daher: Jetzt die wirklich sehr, sehr bittere Medizin nehmen, um Schlimmers für die Zukunft zu vermeiden. Aber das ist halt heutztage nicht mehr vermittelbar, weil es im (wirtschafts-)politischen Betrieb üblich geworden ist, dem Publikum etwas vorzumachen.
Da soll die Regierung ihre...
Da soll die Regierung ihre Berater davonjagen und auf den kostenlosen Berater Strobl hören – das ist eine Frage davon, wie man einen guten Berater von einem schlechten unterscheidet. Opel und Conti sind aber als zitierte Beispiele zwar publikumswirksam, ich frage mich aber, ob deren grundsätzlichen Probleme mit der Finanzkrise zu tun haben, oder ob die Finanzkrise nur deren Probleme besser sichtbar macht. Bereinigung im Automobilbereich ist überfällig, das hat mit Schneeballsystem nur indirekt zu tun.
Ökonomen können zwar die Begleitumstände um Nachfrage und Wachstum schön beschreiben, zu Nachfrage und Wachstum tragen sie leider nicht allzuviel bei. In Deutschland hocken Politiker, Ökonomen, Betriebsräte, u.a. andere zusammen, und was versuchen sie? Sie versuchen den status quo zu zementieren, zementieren, zementieren, und dem deutschen Wähler sein Bedürfnis nach Sicherheit befriedigen. Das ist aber im Widerspruch zu der herbeigewünschten Dynamik, die über kurz oder lang Nachfrage und Investitionen stimuliert. Das wäre die richtige Message an die Bürger.
Man könnte sich ja auch mal überlegen ob das Know How in Produktion und Design der Automobilisten auf gänzlich andere Produktbereiche übertragen werden kann. Der Automobilsektor hat anderen Industrien oft die Fachkräfte entzogen, vielleicht verhilft die eine oder andere Pleite zu mehr Dynamik auf dem Arbeitsmarkt. Das muss nichts schlechtes sein.
Und wenn die Regierung sich stimulierend beteiligen möchte, dann schlage ich vor, die Milliarden nicht in den Bankensektor zu stecken, sondern sie für Lösungen auszuloben. Energiespeicher sind gefragt, wie wäre es mit einer Milliarde für das Team, das eine gezielte Lösung präsentiert?
Warum nicht eine Reanimation der Kernenergie und der Entsorgungsfragen? Warum ist ein alter Mensch auf einen oft unwilligen Taxifahrer angewiesen und kann noch nicht automatisch in seinem Vehikel zum Arzttermin fahren, auch aus ländlichen Bereichen? Usw.
Es gibt genug Potential. Wenn wir nicht in der Lage sind, dieses zu aktivieren, dann hat das wenig mit Ökonomie zu tun, sondern mit verkrusteten Strukturen. Nicht nur die Berater, sondern ganze Funktionärsebenen müssten zu Teufel gejagt werden.
Es handelt sich nicht um eine...
Es handelt sich nicht um eine Krise des Geldes und der Investitionen. Alle die ein bisschen was von der Börse verstehen sind im Sommer 2008 aus Aktien rausgegangen und haben nun immense Mittel auf dem Konto. Jetzt wäre nur die Frage, ob es sich lohnt, in Hardware zu investieren. Ein Ei Phone hat vor nichtmal 6 Monaten fast 600 Euros gekostet und heute gibt es eins um 1 Euro zum Handyvertrag dazu. Genauso beim Netbook. Es wird einfach zuviel Produziert und wir brauchen die Arbeitskräfte nicht, Schlagen Sie mal vor, was gebaut werden soll oder wenn ihnen nichts einfällt betrachten Sie die Webseite von http://www.desertec.org. Kost 500 Mrd hat 25 Jahre Bauzeit und dient allen Generationen nach uns.