Chaos as usual

Chaos as usual

Wer sich heutzutage in den Straßenschluchten des Kapitalismus bewegt, muss aufpassen, von einstürzenden Paradigmen und herabfallenden

Autopoiesis des Profit-Virus

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„Ist der Kapitalismus reformierbar? Man kann den Virus der Gewinnorientierung nicht abschaffen, sondern durch Einbettung und Rahmung nur zähmen wollen", schreibt Soziologe Dirk Baecker heute im Feuilleton der FAZ, in seinem sehr interessanten Beitrag zur Reihe „Zukunft des Kapitalismus". Daraus ein paar Zitate und persönliche Anmerkungen von mir:

„Ist der Kapitalismus reformierbar? Man kann den Virus der Gewinnorientierung nicht abschaffen, sondern durch Einbettung und Rahmung nur zähmen wollen“, schreibt Soziologe Dirk Baecker heute im Feuilleton der FAZ, in seinem sehr interessanten Beitrag zur Reihe „Zukunft des Kapitalismus“. Daraus ein paar Zitate und persönliche Anmerkungen von mir:

„Der Kapitalismus ist jenes Wirtschaftssystem, das Eigentümer auffordert, sich als Schuldner in eigener Sache zu betrachten.“

Gewiss: worum es beim Kapitalismus im Innersten geht, das war Baecker, der sich zuletzt im Sammelband „Kapitalismus als Religion“ eher mit transzendalen Betrachtungen des topos befasste, schon sehr früh klar: gemeinsam mit Lehrmeister Niklas Luhmann zog er 1988 den Schleier vom Sockel der Nationalökonomie und konstruierte den Kapitalismus als Verkettung von Schuldkontrakten und daraus resultierenden Zahlungen. Eine Sichtweise, die bereits Max Weber nicht fremd war, von seinem Schüler Joseph A. Schumpeter weitergesponnen und von John Maynard Keynes in der „General Theory“ in den Rang einer monumentalen Wirtschaftstheorie gehoben wurde. „Kettenbrief“ nennen das die unbedarften Blogger des post-modernen Zeitalters heutzutage, aber bei Luhmann und Baecker klingt das natürlich wesentlich eleganter:

„Ein System, das auf der Basis von Zahlungen als letzten, nicht weiter auflösbaren Elementen errichtet ist, muss daher vor allem für immer neue Zahlungen sorgen. Es würde sonst von einem Moment zum anderen schlicht aufhören zu existieren. […] Die Wirtschaft ist demnach ein autopoietisches System, dass die Elemente, aus denen es besteht, selbst produziert und reproduzieren muss.“

Doch wo man der Kettenbrief-Metapher eine gewisse lausbubenhafte Leichtfüßigkeit kaum absprechen kann, zeigt Baecker in seinem Feuilleton-Text wenig Interesse an seichtem Smalltalk: kurzerhand zieht er den Vergleich zu einer ganz anderen Art von Autopoiesis, nämlich der eines Virus.

„So what?“, mag sich da jetzt der eine oder andere denken. Was hätte das für praktische Konsequenzen? Dazu noch mal kurz zu Luhmann:

„Der adäquate Bezugspunkt für die Beobachtung und Analyse des Systems ist daher nicht die Rückkehr in eine Ruhelage, wie die Theorien des „Gleichgewichts“ suggerieren, sondern die ständige Reproduktion der momenthaften Aktivitäten, eben der Zahlungen, aus denen das System besteht.“

Jetzt klar? – Automatische und garantierte Glückseeligkeit ist nicht, da können die Talkshow-Ökonomen und die Wirtschaftspolitik versprechen, was sie wollen. Keynes „General Theory“ war ursprünglich dazu gedacht, eine Erklärung für die „Economics of Chaos“ zu liefern und deren Auswirkungen abzumildern, woraus einige seiner Jünger leichtfertig eine Art wirtschaftspolitisches Viagra machten und einer willigen Zielgruppe von interventionistischen Politikern gegenüber sehr erfolgreich vermarkteten; völlig zu unrecht, denn die vorstehende Einsicht Luhmanns ist weitestgehend inhaltsgleich mit der von Keynes. Und sie ist natürlich Lichtjahre von dem entfernt, was uns die Lehrbuch-Ökonomie auftischt.

Aber kehren wir zurück zu Baeckers Text:

„Mit anderen Worten, der Kapitalismus ist eine Zumutung. Er ist eine intellektuelle Zumutung, denn wer steigt nicht bereits nach diesen wenigen Sätzen aus und hört auf mitzurechnen, weil die sachliche, zeitliche und soziale Komplexität sich als Überforderung darstellt? Es geht um eine riskante Produktion, eine Überbrückung von Gegenwart und Zukunft und eine Vernetzung zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern, die so viele Variablen enthält, dass unklar ist, ob die Gleichung aufgehen kann.“

Sachlich, zeitlich und sozial – sprich in allen Sinndimensionen – wäre der Mensch mit dem Kapitalismus überfordert, schreibt er. Und dennoch scheint er zu funktionieren, die meiste Zeit jedenfalls! – „Der Markt ist das beste Koordinationssystem für eine Vielzahl unwichtiger Entscheidungen“, meinte dazu US Ökonom und Finanzkrisenguru Hyman Minsky einmal. Aber die ganz, ganz großen Klopper, die sollte man ihm besser nicht anvertrauen. Natürlich lebt es sich an den Hängen des Vesuvs in glückseeliger Beschaulichkeit – die meiste Zeit jedenfalls. Aber wenn er dann doch ausbricht, der Vesuv, dann ist halt nicht nur die Ernte vom letzten Sommer beim Teufel, sondern alles. Kapisch? Finis universalis! Und das muss es ja nun wirklich nicht sein, oder? Vielleicht lebt es sich gerade einmal 20km weiter auch nicht so schlecht, und die regelmäßige Totalvernichtung bleibt einem erspart? – Wie heißt es bei Hayek, Popper und Dahrendorf immer so schön: Der Fortschritt wäre einer des Irrens und Entdeckens? Warum unser Wirtschaftssystem von einem solchen Fortschritt ausnehmen? Der „Irrtum“ sollte mittlerweile offenkundig sein, aber wie steht’s jetzt mit dem „Entdecken“?

„Was also ist der Kapitalismus, ein Virus der Kostenrechnung und Gewinnorientierung, das man auch wieder loswerden kann, oder eine Institution der menschlichen Gesellschaft und ihrer Wirtschaft, die man durch Rahmung und Einbettung zähmen, aber nicht abschaffen kann?“

Tja, das ist die 64.000 Dollarfrage, nicht wahr?

Xenophon verdanken wir einen der frühesten Texte zur Ökonomie überhaupt, sieht man von den Rechenlegungen babylonischer und ägyptischer Palastwirtschaften ab, nämlich den sokratischen Dialog Oekonomikos, in dem sich Sokrates von dem Edelmann Isomachos erzählen lässt, wie man ein Haus gut führt. […] Aber wichtiger ist der Ausklang des Dialogs. Das Gespräch mit Isomachos endet mit der Einsicht in die Tugend der Sophrosyne, der Selbstbeherrschung. Nur wer das Geheimnis dieser Tugend beherrsche, herrsche über Subjekte, die sich freiwillig unterwerfen. Wer es jedoch nicht beherrsche, der sei dazu verdammt, tyrannisch über Subjekte zu herrschen, die sich nicht freiwillig unterwerfen, und das sei ein Schicksal, schlimmer als das des Tantalos im Hades.

Was ist das Geheimnis der Tugend der Selbstbeherrschung? Dirk Baecker offeriert am Schluß seines Werkes Max Weber. Liberale vom Schlage eines Hayek oder eines Popper rekurrieren üblicherweise auf Kant. Das habe ich zwar irgendwie noch nie verstanden, dass ausgerechnet in einem individualistisch-utilitaristisch geprägten Umfeld der Kantsche Imperativ angeblich immer dann einsetzt, wenn man ihn am dringendsten benötigt, aber sei’s drum: soll niemand behaupten, es gäbe zu Max Weber keine alternativen Wohlfühl-Konzeptionen.

Fazit: ein faszinierender Text von Dirk Baecker, den man zwar unbedingt als Abstraktion verstehen und von dessen ganze eigener Ästhetik man sich nicht in die Irre führen lassen sollte. Aber wer genau liest, stößt meiner Einschätzung nach auf ein wahres Kleinod.


29 Lesermeinungen

  1. stroblt sagt:

    @Jörg

    Bin ja auch ein...
    @Jörg
    Bin ja auch ein „Luhmann-Spätentdecker“, aber baue halt auf dem ganzen Kladderadatsch von Weber über Schumpeter und Keynes bis Heinsohn/Steiger auf. Daher ist mir das alles doch sehr nahe.
    Das „Seiende“ bringt uns bei Luhmann nicht weiter, dachte ich. Lehnt er nicht alle Kategorien und Transzendalien der klassischen Ontologie ab?

  2. goodnight sagt:

    Yep.

    Wo soll man...
    Yep.
    Wo soll man anfangen…also: Luhmann führte seine Leser in jedem seiner Bücher immer durch ca. 30 Seiten Grundlagen der Systemtheorie, bevor er zum Thema überging. Dieses Vorgehen war begründet, wie man immer und immer wieder versteht, wenn man Texte wie die von Herrn Baecker liest. Die versteht nämlich keiner, weil die an einer Beobachtungsperspektive ansetzten, die einem in der moderne sozialisierten Person zunächst nicht zugänglich ist.
    Zunächst sollte man verstehen, dass Entitäten hier keine wirklich Bedeutung mehr haben, sondern wir mittels Unterscheidungen operieren. Das ist grundlegend, und zwar so grundlegend, dass sich hierdurch neue Beobachtungspersektiven eröffnen. Nur setzt diese die Bereitschaft des Lesers voraus, diesen Schritt mitzugehen.
    Also: Baecker spricht von einem „System, das auf der Basis von Zahlungen als letzten, nicht weiter auflösbaren Elementen errichtet ist“ und daher „vor allem für immer neue Zahlungen sorgen“. Das ausgeblendet Dritte ist hier ein Modell einer Wirtschaft, welches auf auf Entitäten wie Gold, Eigentum oder „Gewinn“ beruht (wobei dies natürlich auch nur Konstrukte sind, aber als Entitäten kommuniziert werden…und hier müssen wir baeker natürlich widersprechen, wenn er behauptet, der kapitalismus hätte sich Entitäten wie Boden, Arbeit etc. angenommen, vielmehr hat er sich von diesen Dingen emanzipiert, d.h. der kapitalismus wäre am Ende, würde er baeckers gedanken folgen….whatever, taurig wie wenig baecker selbst verstanden hat…). D.h. im bekannten Modellen endet der Wirtschaftsprozess immer auf einer Seite von Haben bzw. Nicht-haben; gewinn bzw. Verlust etc., d.h. am Ende steht immer etwas, was man in der Hand hat oder nicht, d.h. eine Entität.
    Diese Unterscheidung wird von Luhmann ersetzt durch Zahlung oder Nicht-Zahlung, d.h. er betont die Operation selbst, d.h. den „tauschakt“ und nicht mehr das Ergebnis. D.h. während in bekannten Modellen immer die Frage nach dem Ergebnis in Form einer Entität d.h. Gewinn/Verlust gestellt wird, so ist bei Luhmann das Ergebnis immer nur eine Zahlung (da nicht-zahlung immer zugleich spätere Zahlung (vulgo. Sparen) bedeutet), in welcher Form auch immer. D.h. er fragt nicht mehr nach „lohnt sich ein Kauf/Investition“, sondern nur nach der Zeit: Kaufe/Investiere ich jetzt oder später.
    Zugleich dreht Luhmann mit dieser Unterscheidung die Perspektive von der Betonung einer Seite der Unterscheidung (im alten Modell muss es immer ein Gewinn oder Verlust etc. stehen) hin zur Einheit der Differenz, nämlich auf die Operation der Unterscheidung selbst. D.h. bei Luhmann steht der Akt der Zahlung/Nicht-Zahlung als Leitdifferenz, d.h. Sinn und Zweck einer nun ausdifferenzierten Wirtschaft ist die Fortführung der Operation….und sonst nix.
    D.h. man zahlt jetzt oder später, …und dann eröffnet sich der ganze schöne Freiraum für die operation entlang diese Unterscheidung, d.h. für die Einführung von krediten, Leasing, hedgefonds, Derivate etc, die alle nur dazu dienen, zwischen Zahlung und Nicht-Zahlung zu koppeln bzw. entkoppeln.
    Yep, mit einem solchen Modell beobachtet man nun die aktuelle Lage und sieht:
    Keiner der Banker oder Politiker fragt nach der Entität der Krise, d.h. nach „wie hoch ist der Verlust“, „Wie sollen wir das bezahlen“, etc., also all die Fragen, nach der ein VWL seine Entscheidung treffen wird, d.h. die klassische Buchführung und Kostenrechnung ;-). All dies wurde ersetzt durch die Entscheidung das System am laufen zu halten, KOSTE es was es will, Kosten haben keine Bedeutung. Kein Wunder das kein VWLer mehr irgendwas erklären kann, weil diese Wirtschaft nicht mehr Entitäten kommuniziert.
    „I love money. I love money more than the things it can buy.“
    Lawrence (othes people money)

  3. stroblt sagt:

    <p>Mensch goodnight, und das...
    Mensch goodnight, und das alles ohne ein einziges „Nope“. Und läppischen 2 „Yep“.
    Da sage nochmal einer, ich würde nicht das Beste in den Menschen hervorbringen…

  4. lemming sagt:

    @goodnight
    "All dies wurde...

    @goodnight
    „All dies wurde ersetzt durch die Entscheidung das System am laufen zu halten, KOSTE es was es will, Kosten haben keine Bedeutung. Kein Wunder das kein VWLer mehr irgendwas erklären kann, weil diese Wirtschaft nicht mehr Entitäten kommuniziert.“
    Ich würde das eher so auffassen, dass das System de facto „durchgedreht“ ist. Ein Geldystem, in dem Kosten keine Bedeutung mehr haben, ist vielleicht noch ein im luftleeren Raum weiterlaufendes, aka „entitätslos kommunizierendes“ System, ein Wirtschaftssystem, dessen Ziel immer, vor wie nach Luhmann, Produktion und Verteilung sein muss, ist das nicht mehr.

  5. c.cramer sagt:

    @goodnight
    es dürfte nicht...

    @goodnight
    es dürfte nicht ganz richtig sein, daß KEINER der banker oder politiker mehr in entitäten rechnet. denn sonst gäbe es ja keine entlassungen. oder lohnkürzungen. vielleicht bräuchte man ja bloß diese ahnungslosen davon überzeugen, daß es nicht um entitäten geht, sondern um lediglich um die fortführung der ‚operation‘, die entlassungen und lohnkürzungen also völlig unnötig sind? oder sollten wir diesen gedanken ganz schnell wieder in der versenkung verschwinden lassen, weil sonst jemand auf die idee kommen könnte, die entität seines gehalts sei bloß eine willkürliche einschränkung seiner handlungsmöglichkeiten in einer welt, die ansonsten völlig schrankenlos operiert………?

  6. goodnight sagt:

    Yep. und ich versuche ja immer...
    Yep. und ich versuche ja immer noch völlig banal zu kommunizieren….aber wie Du siehst: bei Luhmann und so, yep, da gehen die Zuschauer nach Hause, die Klicks per Minute in den Keller und keiner will mehr ne Antwort oder überhaupt etwas schreiben. Außer jörg liest hier wohl keiner mehr….yep, der FAZ-Leser ist auch nicht mehr das, was er mal sein sollte 🙁
    Nope, bei meinen Yep und Nope-Beiträgen, da passiert mir das nicht…yep, das Beste im Menschen stößt auf wenig Nachfrage 😉

  7. goodnight sagt:

    @lemming

    "ein...
    @lemming
    „ein Wirtschaftssystem, dessen Ziel immer, …, Produktion und Verteilung sein muss“
    =>Nope, wer erzählt denn sowas? Ach ja, diese Mainstream-Theorien, die gerade nix mehr erklären können. Das mit der Verteilung hat – glaube ich – dieser Adam Smith reingebracht, als er seine Beobachtung von Wirtschaft niederschrieb. Verteilt wird nur, was produziert wird, und das auch nicht gerecht oder optimal. Und produziert wurde auch schon vor dem Markt und auch im Sozialismus, Produktion kann demnach nicht bestimmendes Element des Kapitalismus sein.
    Will man Wirtschaft als der Produktion und Verteilung dienendes Funktionssystem definieren, dann operiert man sehr basal, und zwar so basal, dass man mindestens die Entwicklung der letzten 200 Jahre nicht mehr integrieren kann.
    @c.cramer
    „es dürfte nicht ganz richtig sein, daß KEINER der banker oder politiker mehr in entitäten rechnet. denn sonst gäbe es ja keine entlassungen. oder lohnkürzungen“
    =>Nope, ich könnte jetzt zynisch werden, was mir fern liegt 😉 , und auf gewisse Erfahrungen mit sog. Top-Führungspersonal rekurieren, welche immer in der Irritation mündete, gewisse ökonomische Gesetzmäßigkeiten würden bei Personal- und Strategieentscheidungen doch erheblich von persönlichen Karriereinteressen der Entscheider überlagert. Ein Vorstand ist ja auch nur ein Mensch, dem die Aufsichtsräte und Fondsmanager auf die Finger schauen, ob er seine Millionen auch verdient, was ihn vielleicht dazu nötig im Boom zu expandieren und in der Krise kosten zu minimieren…und zwar immer so, dass es auch alle mitbekommen.
    Whatever, bleiben wir sachlich. Also, das Wirtschaftssystem ist ein dynamisches System, d.h. es verändert sich ständig. Gemäß Luhmann ist die Entwicklung eine Ausdifferenzierung, d.h. Selektivität, Kontingenz und Grenzziehung. Meine Beobachtung verwies auf eine Entwicklung, die Entscheidungsdynamik mittels Nichtkommunikation bisher kommunizierter „Realitäten“ – ergo Entitäten – erreicht. D.h. die Buchführung und Kostenrechnung mittels derer Entscheidungsträger in Unternehmen Entscheidungen treffen sollten, ist offen gestaltet, d.h. sie erlaubt bzw. erzeugt sogar Variation. Im Monatsrythmus werden Vorschriften geändert, zwischen internationalen, amerikanischen und deutschen Buchführungssystemen varriert und kreative Buchführung mehr als toleriert. Und so beobachtet man Firmen die enorme Gewinne schreiben und zugleich freisetzen, wohingegen andere Mrd. -Verluste verbuchen und trotzdem Personal halten. Vielleicht werden Manager heute deswegen so hoch bezahlt, weil sie Entscheidungen im Sinn-losen Raum treffen müssen 😉
    Wie auch immer, der Kapitalismus funktioniert nur, wenn er sich von Entitäten entkoppelt. Schreibt schon Schumpeter. Dessen böse These von der Notwendigkeit des Untergangs von Unternehmen erfordert condito sine qua non ein System, welches sich nicht an Arbeitsplätze und Menschen koppelt, denn dann wäre eine Marktbereinigung nicht möglich. Folgt man diesem Gedanken, so sind Entlassung eher Verifikation einer These der Entkopplung von Entitäten denn eine Falsifikation….falls Verifikation im Sinne von Popper existierte 😉
    „A man who has second thoughts ain’t no man.“
    Zach (the last hard man)

  8. Devin08 sagt:

    Die Klassenschranken sind doch...
    Die Klassenschranken sind doch recht stabil
    @cramer: „weil sonst jemand auf die idee kommen könnte, die entität seines gehalts sei bloß eine willkürliche einschränkung seiner handlungsmöglichkeiten in einer welt, die ansonsten völlig schrankenlos operiert………?“
    Gut erkannt, derart „schrankenlos“, bzw. relativistisch ist die Welt dann wohl doch nicht! Die Klassenschranken hingegen sind dann aber doch recht stabil.

  9. stroblt sagt:

    @goodnight

    >Und produziert...
    @goodnight
    >Und produziert wurde auch schon vor dem Markt und auch im Sozialismus, Produktion kann demnach nicht bestimmendes Element des Kapitalismus sein.
    Hätte es nicht besser sagen können. Heinsohn schreibt in den nächsten Tagen in der FAZ (am Samstag glaube ich), der wird das der sehr verehrten Leserschaft schon noch mal in klaren Worten verklickern.
    >Im Monatsrythmus werden Vorschriften geändert, zwischen internationalen, amerikanischen und deutschen Buchführungssystemen varriert und kreative Buchführung mehr als toleriert.
    Ich weiss, das ist der Running gag, aber um ehrlich zu sein: das deckt sich nicht mit meiner Beobachtung aus der Praxis. Und ich beschäfte mich bekanntlich den ganzen, lieben Tag lang mit sowas.
    >Und so beobachtet man Firmen die enorme Gewinne schreiben und zugleich freisetzen, wohingegen andere Mrd. -Verluste verbuchen und trotzdem Personal halten.
    Das ist eigentlich nichts Neues, seit „Continuous improvement“-Programme an der Tagesordnung sind. Aber klar: auch hier ist es die Differenz, nicht die Entität, das ist schon richtig. Wie ich überhaupt jederzeit gerne bestätige: in der Realität der großen Corporates geht es tatsächlich nicht mehr um Entitäten, sondern um Differenzen, zB % mehr Gewinn oder % weniger headcount gegenüber Vorjahr. Das gesamte interne Rechnungswesen der „Standardkostenrechnung“ betrachtet in der Managementpraxis überhaupt nur noch Differenzen (= Varianzen zu Standard bzw Plan), die absoluten Standard- oder Istbeträge interessieren kein Schwein mehr.
    Bei den Fondsmanagern exakt das gleiche: du kriegst praktisch keinen Bericht mehr zu sehen, bei dem dir nicht eine Differenz gezeigt würde, zum Vorjahr, zum Vorquartal, zur Benchmark…
    Im großen und ganzen teile ich daher deine Auffassung durchaus.

  10. c.cramer sagt:

    @goodnight
    solange der...

    @goodnight
    solange der zynismus die argumentation untermauert hätte, keine einwände. jeder – auch führungspersonal, und nicht erst heutzutage – handelt im sinnlosen raum. denn es besteht kein tieferer sinn im leben. es besteht auch kein sinn oder keine gesetzmäßigkeit in preisentwicklungen. folglich kann niemand, der ein unternehmen mit einer gewinnerzielungsabsicht leitet, vorhersagen, in welcher höhe ein gewinn eintreten wird. oder in welcher höhe ein verlust eintreten wird. entitäten fallen demnach logischerweise aus. man kann es vermuten, man kann auf erfahrungen zurückgreifen, aber eine vorhersage der zukunft ist nunmal nicht möglich. alles schicksal. es kann also bei entscheidungen für eine operation nur darum gehen, ob zukünftig mal jemand dafür bezahlt oder nicht. gleich, wieviel. wahrscheinlich ist damit diese digitale theorie gemeint, es ginge mittlerweile nur noch um zahlung oder nichtzahlung. wenn sie wirklich so lautet. denn eigenartig: auch wenn der entschluß zur zahlung feststeht, was für die verkäuferseite die ernte der operation ist – egal, wann – über die höhe der zahlung wird dennoch lange gefeilscht. doch wieder entitäten. zugegebenermaßen sind einige unternehmungen so komplex, daß am Ende niemand mehr sagen kann, ob der ganze aufwand nun gewinn oder verlust eingebracht hat und man deshalb meinen könnte, die machen das nur noch aus reinem selbstzweck. aber mal ehrlich: soviel lärm um nichts…?

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