Der Prüfstein für eine erstrangige Intelligenz ist die Fähigkeit,
zwei entgegengesetzte Ideen zugleich im Kopf zu haben
und doch weiter in Funktion zu bleiben.
(F. Scott Fitzgerald)
„An einem Morgen im Frühherbst des Jahres 1909 begaben sich zwei Duellanten in Begleitung ihrer Sekundanten zum Austragungsort ihres Ehrenkampfes, wie es der code duello vorschrieb. Keiner der beiden war ein sonderlich guter Fechter. Nach einigem Herumgefuchtel mit ihren Säbeln traf jedoch schließlich der Säbel des einen Duellanten den anderen an der Schulter und fügte ihm einen Schnitt zu. Kaum hatte das Blut zu fließen begonnen, schritten die Sekundanten auch schon ein und erklärten das Gefecht für beendet.
Schlugen sich die beiden Rivalen um die Hand einer Frau? Waren es Offiziere, die einen Ehrenkampf austrugen? Nein. Der eine war Professor, der andere Bibliothekar. Und sie schlugen sich um die Frage, ob Studenten leichteren Zugang zu Büchern erhalten sollten oder nicht. Der Professor, der das Duell für sich entschied, war Schumpeter selbst.“
Das ist nur eine der zahlreichen Anekdoten, die in der Schumpeter-Biographie von Thomas K. McCraw, die im Oktober 2008 auch auf deutsch erschienen ist, nachzulesen sind. Es gibt nicht viele Biographien, zumal nicht über Nationalökonomen, die man mit Spannung und konstant guter Unterhaltung liest, aber diese ist mit Sicherheit eine davon. Sie hat in meinen Augen das Zeug, in Sachen Joseph A. Schumpeter das zu werden, was Robert Skidelskys Werk über John Maynard Keynes bereits ist: ein Klassiker. Was natürlich in nicht geringem Maße in der schillernden Figur Schumpeters selbst begründet liegt, der in dieser Hinsicht dem englischen Lord um nichts nachstand.
Der „beste Liebhaber Wiens, der beste Reiter Österreichs und der größte Ökonom der Welt“ wollte er bekanntlich werden, aber leider, leider konnte er nach eigener Einschätzung nur zwei dieser drei Ziele verwirklichen, weil: „leider habe ich nur einen schlechten Sattel geerbt“. Aber solcherlei Bekenntnisse kennen wir natürlich schon aus der bisherigen Standard-Biographie zu Schumpeter, von Richard Swedberg anfang der 1990er veröffentlicht. Und auch, dass er sich einen Spaß daraus machte, sich mit Prostituierten im Fiaker die Wiener Kärntnerstrasse rauf und runter fahren zu lassen, um sich mit dem sittenstrengen Wiener Flanier-Bürgertum seine frivolen Späße zu erlauben, war spätestens seit Swedberg bekannt.
McCraw geht in seiner Exploration der schumpeterschen Vita aber noch ein gutes Stück darüber hinaus und leuchtet die komplexe, innerlich zerrissene Persönlichkeit des Wiener Weltökonomen auch in ihren dunkelsten Winkeln aus. Aller Leichtfüßigkeit im gesellschaftlichen Auftreten zum Trotz: Von fortwährenden Selbstzweifeln war er wohl gepeinigt, der Joseph, schon seit seiner frühesten Kindheit, als er von allen noch „Jozsi“ gerufen wurde. Dabei bewies er Zeit seines Lebens Nehmerqualitäten, musste „niederschmetternde Schicksalsschläge, die gewöhnliche Menschen vernichtet hätten“ einstecken, u.a. den Tod der geliebten Ehefrau Annie und ihres ersten, gemeinsamen Kindes bei der Geburt, nachdem nur kurz zuvor bereits seine Mutter gestorben war. Den Vater verlor er bereits im Alter von 4 Jahren, kurz danach sterben auch die Großeltern, was Mutter Johanna veranlasst, gemeinsam mit dem Joszi die böhmische Heimatstadt Triesch zu verlassen, um ins österreichische Graz zu übersiedeln. Dort macht sie wenig später „eine gute Partie“, heiratet den pensionierten Feldmarschallleutnant Sigmund von Kéler und übersiedelt alsbald mit der Familie nach Wien, wo es der junge Joseph auf das Elitegymnasium „Theresianum“ schafft. Es folgt das Studium an der Universität Wien, der Rest ist Geschichte.
Was aus McCraws Buch sehr gut hervorgeht: Schumpeters Leben ist vor allem auch wegen der unzähligen Persönlichkeiten interessant, die auf die eine oder andere Art seine Wege kreuzten. Im Seminar von Böhm-Bawerk, selbst eine Legende, saß er zB mit Ludwig von Mises, Otto Bauer, Rudolf Hilferding und Emil Lederer und debattierte die Lehren von Karl Marx. Alle vier Kommilitonen sollten später herausragende Persönlichkeiten ihrer Zeit werden: Mises als Säulenheiliger der „Österreichischen Schule“ und Lehrer von Friedrich August Hayek; Otto Bauer als einer der Begründer des „Austro-Marxismus“ und erster Außenminister der Republik Österreich; Hilferding als Verfasser von „Band 4 des Marxschen Kapitals“ und zweimaliger Finanzminister der Weimarer Republik; und Lederer als hochangesehener Professor und Nationalökonom in Deutschland und USA.
Schumpeter selbst blieb zwar eine Zeit lang im Fahrwasser seiner berühmten Lehrer, ging dann aber bald seiner eigenen Wege. Den Kapitalismus wollte er verstehen, dessen brodelnde und bisweilen feurige Mischung aus wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Elementen; die guten wie auch die schlechten Eigenschaften. Die Spezialisierung auf eine bestimmte sozialwissenschaftliche Disziplin, wie es damals zunehmend in Mode kam, erschien ihm dafür hinderlich, deshalb beschäftigte er sich sehr eingehend mit Geschichte, Literatur, Soziologie, Psychologie, Mathematik und einer Reihe anderer akademischer Fächer, und begab sich damit auf eine geistige Odyssee. Dreimal wechselte er den thematischen Schwerpunkt, beschäftigte sich zunächst mit der kapitalistischen Ökonomie, später dessen Gesellschaftsstruktur und zuletzt dessen historischer Bilanz.
In seiner Arbeit war er ein Besessener, wie es bei genialen Menschen offenbar häufig der Fall ist. Er führte eine strenge persönliche Erfolgskontrolle, täglich und wöchentlich, indem er sich nach einem Notensystem zwischen null (Scheitern) und eins (Erfolg) bewertete; die volle 1 gab er sich nur selten, die Null hingegen häufig, selbst dann, wenn er bis in die tiefe Nacht über einem Problem gebrütet hatte, aber dennoch zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen kam.
Sein studentischer Traum, Universitätsprofessor in der Habsburger-Monarchie zu werden, ging nur auf Umwegen in Erfüllung: nach Berlin reiste er als frisch-gebackener Doktor der Rechtswissenschaften, von dort aus nach Paris und schließlich nach London. Die noble englische Upper Class gefiel ihm, ihre Töchter noch mehr, schließlich nahm er eine von ihnen sogar zur (ersten) Frau. Die hieß Gladys, war 12 Jahre älter als er und hatte beste Connections innerhalb der englischen Aristokratie; was unserem jungen Joseph aber zunächst mal auch nicht viel nutzte: bis nach Kairo musste er mit seiner Frau gehen, um in einer dortigen Kanzlei als Rechtsanwalt erste Berufserfahrung zu sammeln. Aber kaum dort angekommen, ging es schon wieder zurück nach Europa, dort endlich erste Stationen als Universitätsprofessor in Czernowitz, Burkowina und Graz, ein paar Monate als österreichischer Finanzminister und schließlich – quasi als unternehmerischer Ritterschlag – als Bankrotteur. Eines muss man Schumpeter daher in der Retrospektive lassen: während Mises, Hayek, Rothbard und wie die großen Liberalen sonst noch alle hießen, ihren ehernen marktwirtschaftlichen Credos nie auch nur ein einziges mal Taten folgen ließen, stattdessen unbesorgt und fern jeglichen Unternehmertums von ihren akademischen Sinekuren lebten, konnte sich Schumpeter wenigstens eine ausgewachsene Bankenpleite ans Revers heften! Damit hatte er die Nase vorn, und wusste deshalb 1942 auch aus nächster Nähe, worüber er redete, als er die Phrase vom „Unternehmer als kreativen Zerstörer“ münzte: er hatte gewissermaßen die Kehrseite dieser Zerstörung erlebt, die er für die Triebkraft des Kapitalismus hielt.
Der späte Joseph A. Schumpeter, mittlerweile Über-Ökonom in Harvard, war bekanntlich überaus skeptisch, was die Zukunft des Kapitalismus betrifft. „Kann der Kapitalismus überleben? Nein, ich glaube nicht, dass er das kann“, so ein Zitate-Klassiker aus dieser Schaffensperiode, entnommen seinem Spätwerk „Capitalism, Socialism and Democracy“, in welchem er ein Stück weit zurückkehrt zu seinen Wiener Wurzeln; zu den Debatten über den Marxismus mit Hilferding, Bauer und Mises, in Böhm-Bawerks Seminar. „Im schlimmsten Fall reduziert der Kapitalismus jede Form menschlicher Beziehung auf die bloße Berechnung persönlicher Kosten und Nutzen. Er stellt materielle Werte über geistige, plündert die Umwelt aus und macht sich die übelsten Seiten des menschlichen Wesens zunutze. In einer Welt, in der alles zum Verkauf steht, kann der Geschäftsmann aus allem Profit schlagen, einschließlich der sieben Todsünden, der Faulheit vielleicht ausgenommen“, resümiert McCraw die Tagebucheinträge von Schumpeter aus 1944. Gleichwohl blieb der aber Zeit seines Lebens von den positiven Seiten des Kapitalismus überzeugt: „Das billige Tuch, die billigen Baumwoll- und Kunstseidenwaren, Schuhe, Autos und so weiter sind die typischen Leistungen der kapitalistischen Produktion, hingegen nicht Verbesserungen, die einem reichen Mann viel bedeuten könnten. Königin Elisabeth I. besaß seidene Strümpfe. Die kapitalistische Leistung besteht typischerweise nicht darin, noch mehr Seidenstrümpfe für Königinnen zu erzeugen, sondern sie in den Bereich der Fabrikmädchen zu bringen, als Entgelt für fortwährende abnehmende Arbeitsmühe.“
Zu Schumpeters Leitmotiven zählte immer, dass die Menschen den Kapitalismus verstehen müssten, um den vollen Nutzen aus ihm ziehen zu können. Wann wäre diese Einschätzung zutreffender gewesen, als heute? Das macht diese wirklich hervorragende Biographie aus McCraws Feder umso wertvoller. Sie gibt tiefe Einblicke in die komplexe Psyche eines Mannes, der selbst wie ein Besessener daran gearbeitet hat, dieses Verständnis zu erlangen. Ob es ihm gelungen ist? Wer weiß: Vielleicht fehlte ihm zur Verwirklichung seiner drei großen Lebensziele ja auch mehr, als bloß ein guter Pferdesattel.
In diesem Sinne: wer spannenden Lesestoff aus dem Ökonomie-Genre sucht und mehr aus dem Leben dieses wirklich außergewöhnlichen Mannes erfahren möchte: mit McCraws 600-Seiten-Epos ist er bestens bedient. Und als Draufgabe noch zusätzliche 160(!) Seiten weiterführende bibliographische Notizen und Anmerkungen, das gibt’s ja auch nicht alle Tage.
Leider hat Schumpeter den...
Leider hat Schumpeter den Schritt zum KREATIVEN Evolutionär nicht vollzogen. Er und Walter Eucken standen direkt vor dieser letzten Wissensmauer der Ordnungsdenker: der Erkenntnis des Evolutionsprozessmodell, das inszwischen als ‚Steuerungssystemtheorie des Evolutionsprozesses‘ erkannt ist.
Das Evolutionsprozessmodell, das das Denken des organisierenden Ziels im Evolutionsprozess, die ORDNUNG der beiden Evolutionsprozess-Wege umfasst, und damit auch die Inhalte des Steuerungssystems des KREATIVEN, freiheitlichen Entwicklungspfades von Kulturen ermöglicht hätte, blieb ihm verborgen. Mit diesem Ordnungs- und Steuerungssystemwissen hätte er den machtsystemdienlichen Erkenntnislücken (= Kostenschere zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit/Kapitalstock/Energie ist nicht umkehrbar) und den nur kurzfristig erfolgreichen Steuerungsinstrumenten von Keynes ein überlegenes, nachhaltig wirksames Lösungskonzept für die Hauptprobleme des konkurrenzwirtschaftlichen Kapitalismus entgegensetzen können – die da heißen: ökonomischer Wachstumszwang und unbeherrschte Konjunkturausschläge, Massenarbeitslosigkeit, den globalen Kapital-Arbeit-Verteilungskonflikt, das Wachstum und die Dominanz von Macht-Gegenmacht-Clanbildungen über das ‚freie Spiel der Akteure‘.
Ich spreche hier vom Ordnungs- und Steuerungsinstrumentarium des KREATIVEN Akzelerationsweges, auf dem alle Machtstrukturen kreativ zerstört werden. Unter der gesellschaftlichen Herrschaft des Steuerungssystems des KREATIVEN Evolutionsprozess-Weges wird die ‚kreative Zerstörung‘ auch auf der Machtseite zur universalen Kraft im Alltag, d.h. zum Geschäft der KREATIVEN KLASSE in allen Unternehmen und gesellschaftlichen Institutionen.
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Wahrscheinlich hätte Joseph Schumpeter – mit diesem Wissen ausgestattet – die Partei der KREATIVEN EVOLUTIONÄRE gegründet. Sie wäre zum Pferd mit Sattel für den Politiker Schumpeter geworden. Jetzt steht es für einen anderen Menschen bereit.
Um den Mangel an wirklichen...
Um den Mangel an wirklichen Gedanken zu verbergen, machen manche sich einen imponierenden Apparat von langen, zusammmengesetzten Worten, intrikaten Floskeln, unabsehbaren Perioden, neuen und unerhörten Ausdrücken, welches alles zusammen dann einen möglichst schwierigen und gelehrt klingenden Jargon abgibt. Jedoch sagen sie, mit dem allen, – nichts: man empfängt keine Gedanken, fühlt seine Einsicht nicht vermehrt, sondern muß aufseufzen: `Das Klappern der Mühle höre ich wohl, aber das Mehl sehe ich nicht`. – von A.Schopenhauer
@ Kalupner
Ihre früheren...
@ Kalupner
Ihre früheren Ausführungen in diesem Blog hatten die Hoffnung aufkeimen lassen, dass Frau Merkel das bereitgestellte Pferd nebst Sattel bereits bestiegen hätte. Auch Horst Köhler saß mit auf dem Pferd.
Was ist passiert, dass es nun schon wieder für einen anderen Menschen bereit steht?
@bob
Wer nach Mehl bei den...
@bob
Wer nach Mehl bei den KREATIVEN sucht, wird es unter der ‚Erfolgsgeschichte der KREATIVEN‘ finden – wenn er denn das dort Mitgeteilte ernst nimmt. Wer so weit gekommen ist, wird sich gern lernend das Evolutionsprozess-Modell aneignen wollen. Das Denken in Steuerungssystemen (= bestehend aus Zielebene, Leistungs- und Prozesswege-Strukturen, Widerstands- und Anreizinstrumenten) ist leicht erlernbar. Das gilt auch für das Steuerungssystem im Evolutionsprozess. Das ‚gelobte Land der politischen Vorherrschaft des KREATIVEN‘ wird erst mit der Landkarte des Evolutionsprozess-Modells vor Augen vertraut und banal einfach – wie auch die menschlichen und gesellschaftlichen Verwüstungen, die von der politischen Vorherrschaft der Anti-Kreativen, der erfolgreichen Konflikt- und Machtkämpfer auf allen Ebenen der Gesellschaft und Wirtschaft uns hinterlassen wurden. Und das wider besseren Wissens, was sie in vielen Abwehrstrategien gegen die KREATIVEN, genial-einfachen Evolutionslösungen in Deutschland bewiesen haben. Die anti-Kreativen Machtstrukturen bringen immer wieder ihre politischen Medoffs hervor. Nur dauert es von der Wider-besseres-Wissen-Tat bis zum politischen Offenbarungseid etwas länger als zum ökonomischen. Aber die Genialität-im-Evolutionsprozess trickst niemand aus.
"repetitio non placet"
Ich...
„repetitio non placet“
Ich habe mir ja jetzt mal einen KREATIVEN Ruck gegeben, und mir die „die-kreativen-partei“ mal angesehen – irgendwann schlägt Propaganda halt immer an, gell? Was sie sagt, kann aber auch zurückschlagen, wenn man es denn, genervt, auf seinen Kern zu bringen sucht – das ist das fatale Dilemma…
Ich habe vor allem eins verstanden: „Maschinensteuer“, d.h. alle Produktionsmittel besteuern, nicht nur die Arbeit. (und, ein kleines, schüchternes Bisschen, weil die sind ja auch so schüchtern: auch die Gewinne.)
Das scheint mir erstmal gar nicht so verkehrt, wenn man das Kapital an angemaßten Produktionsfaktor einbezieht: klar, wieso immer nur den Faktor Arbeit? Meint wgnx/tstrobl ja auch.
Was das jetzt mit Physik zu tun hat, wurde mir allerdings nicht klar, eher schon mit Chaos – und Megalomanie: Einen Leserbrief schreiben/faxen und dann meinen, alles folgende sei nur darum passiert – das wirkt schon reichlich psychotisch, wie so manches andere – das mich aber eben darum nicht interessiert.
Das Problem, das aber auch die KREATIVEN (oder besser DER kreative Kalupner?) nun so gar nicht kapiert hat, ist, dass das nicht per „Besteuerung“ steuerbar ist. Das Dilemma liegt viel tiefer: Wenn ich Maschinen (aka Innovation) wie Arbeit behandle, eliminiere ich ihren wirtschaftlichen Vorteil, d.h. das Motiv der Innovation. Ich bin sogar mitten in der Planwirtschaft, weil dieser Vorteil ja irgendwie taxiert (bewertet) werden muss.
Schöner Blödsinn – Marx hätte herzlich gelacht.
Zwei sich prügelnde...
Zwei sich prügelnde Huren
Ich stelle mir gerade vor, was aus dem guten Schumpeter geworden wäre, wenn seine Frau Mama nicht „eine gute Partie“ gemacht hätte!? Eine Art Felix Krull vielleicht, so ganz ohne Chance auf wissenschaftliche Karriere? Oder setzen sich die Guten immer durch, soll das die Lehre sein? Aber vielleicht erklärt diese Biografie dann doch auch, warum er im Kapitalismus partout das Positive sehen wollte! Hat nicht auch erst kürzlich unser „linker“ Medienstar Gysi gemeint, dass der Kapitalismus „recht produktive Seiten“ hätte, und die „müsse man auch als Linker zu erhalten suchen“ (in irgendeiner Talk Show). Was dieser Gysi (und natürlich auch Schumpeter, mit dessen „wohlfeilen seidene Strümpfe“ für das „Fabrikmädchen“, das sich deshalb aber noch lange kein wohlfeiles Brot leisten kann) nicht sagt, auf wessen Kosten genau diese Produktivität geht. Es ist genau jene, die mit der Armut bezahlt wird, der Armut der Massen, Millionenmassen, und wie wir jetzt auch wissen: auf Kosten der Umwelt, das heißt unserer Lebensgrundlagen. Das wird für uns hier, im Land des ständig gesteigerten Bruttosozialprodukts, nicht immer so deutlich, wenn da nicht diese Krisen wären. Die zeigen, dass wir alle auf demselben Planeten leben, und vom selben Kapital ausgebeutet werden. Dass Schumpeter am Ende dann doch zu Marx zurück gekehrt ist/sei, ehrt ihn, aber das sagt nicht aus, dass er ihn je verstanden hätte.
Genau das, was am Kapital so glänzt – und was Schumpeter so beeindruckt zu haben scheint -, ist nur die Vorderseite der Medaille. Es wird nämlich stets nur die eine Seite poliert.
Und zu Fitzgeralds Intelligenztest: Das Kapital und der Sozialismus schließen sich aus, obwohl das Kapital für beides verantwortlich ist. Der Kapitalismus ist die negative Seite des Sozialismus (oder umgekehrt, wenn man so will), auf diese Weise sind beide Gesellschaften verknüpft. Sie liegen sich in den Armen, manchmal gar wie ein Liebespaar, am Ende aber doch wie zwei sich prügelnde Huren. Es ist, so scheint es, derselbe Zuhälter, um den es geht, nur, die eine liebt ihn, die andere hat ihn durchschaut.
Und wer mag sich da so schnell entscheiden? Es tun einem schließlich alle Huren leid (bzw. eben auch nicht!).
langweilig diesmal. schade....
langweilig diesmal. schade. zum glück findet der wirre kalupner immer eine gelegenheit zum einhaken, damit er mit seiner schwachsinnigen kreativitätstheorie lästig fallen kann. sonst gäbe es dieses mal überhaupt keine diskussion. übrigens habe ich kalupners pferdeverleih gestern weder auf den stimmzetteln noch in der anschließenden wahlauswertung gefunden. nicht, daß ich ihn gewählt hätte. aber jemand, der im besitz der allumfassenden erkenntnis ist, sollte doch die wahlstatistik eigentlich anführen… Aber ich finde, seine partei der kreativen pferdezüchter eignet sich hervorragend, um dem verelendenden pöbel als eigentlicher verursacher ihrer misere vorgeführt und ausgeliefert zu werden. schließlich behauptet er, die lösung für den gesamten komplex ihrer probleme parat zu haben. aber weil all die dumpfen toren seiner brillanten theorie nicht folgen können, stößt er sie mitleidlos wieder in die finsternis zurück, aus der sie rettung erhofften… hoffentlich kommt er jetzt nicht mit plattheiten und selbstüberhöhungen a la ‚die christen wurden auch zuerst mißverstanden und den löwen zum spielen vorgeworfen‘. daumen runter für kalupner.
Da es ja hier, in diesem...
Da es ja hier, in diesem thread, eher um Herrn Kalupner, denn um Schumpeter geht:
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Na klar, in einem Land, an welchem an Universitäten eher Marx gelesen wird und eben nicht Schumpeter, ist es ja ganz folgerichtig, den Besitz an Produktionsmitteln zu besteuern. Nothing wrong with that – es sei denn, man vergisst dabei das Produktionsmittel Geld. Nun gibt es mittlerweile eine Börsenumsatzsteuer und eine Spekulationssteuer, im großen Bild werden Banken aber dann ganz groß subventioniert, man nennt es bail outs.
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Die prinzipielle Bevorteilung des tertiären Sektors der Volkswirtschaft und insbesondere der Banken gegenüber dem produktiven sekundären Sektor mit seinen Fabriken dauert aber nun schon länger an und hat zu einer schwerwiegenden Deindustrialisierung der angelsächsischen Welt geführt.
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Kein Vorbild! Und es stellt sich schon die Frage, ob dies nicht auch damit zu tun hat, dass der materialistische Herr Marx als Kapitalisten eher Fabrikbesitzer und nicht Bankiers benannte, obwohl es zu seiner Zeit die Rothschilds und Pierpont Morgans schon gab. Die Metaebene der Finanzen hat Marx wohl einfach „vergessen“.
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Schumpeter dagegen: Sein Pionierunternehmer, der konkurrenzlose Innovator, stellt sich sogar vor und also außerhalb des Kapitalismus, da er ja eben keine Wettbewerber hat. Der Kapitalismus beginnt ja erst, wenn andere behaupten, seine Erfindung besser und billiger herstellen zu können. Bis dahin ist der Pionierunternehmer Monopolist.
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Und darin liegt die heutige Bedeutung Schumpeters: All jene, die in der Ersten Welt am Kapitalismus leiden, am Wettbewerb, am Kampf, glauben nun, in Bildung investieren zu müssen, um so Innovation zu befördern, also konkurrenzlose Produkte herstellen zu können.
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Die Probleme dabei: Zur Hervorbringung von Innovation, zur Überwindung der Marktlogik also, setzt man ganz bewusst auf neoliberale Vermarktlichung – sicherlich ein Paradox! Und natürlich kann man in der Ersten Welt erfinden, aber in China produzieren, Apple sei dafür ein Beispiel. Wenn Herr Kalupner also die Produktionsmittel auch noch extensiv besteuern will, dann wohl um so eher!
Auf meine Kritiker möchte ich...
Auf meine Kritiker möchte ich so eingehen:
Aus meiner Erfahrung als höchst erfolgreicher ‚Entwickler von Steuerungssystemen für hochkomplexe Fertigungwerkstätten‘ weiß ich, dass ohne eine hinreichendes Prozessmodell (=Steuerungssystem-Modell) des zu beeinflussenden, zielführend zu steuernden Prozesses, nur Beteiligtengeschwätz und der wiederkehrende Zusammenbruch des Prozesssystems herauskommen. Ohne hinreichende, gute Steuerungssystemmodell und -Theorie geht alles den Bach runter. Und eine gute Steuerungssystem-Abbildung eines höchskomplexen Prozesssystems ist i m m e r genial einfach aufgebaut. Man muß sich auf die einfachsten Zusammenhänge im Prozess konzentrieren. Das gilt auch für Gesellschafts(prozess-)systeme. Dann erst kann man hoffen, dass das Ziel freieheitlicher Gesellschaften erreicht wird, die ständigen Systemcrashs zu verhindern und die Machtsystem-Tyrannei (= Vermachtungstendenz) dazu, die aus der ‚Kontinuität des Irrtums‘ sonst zwingend heranwachsen.
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Diese einfache Systemlogik komplexer Prozesssysteme und meine Praxiserfahrung teilt offensichtlich in diesem Blog niemand. Das wäre aber notwendig, um meinen Steuerungssystemansatz überhaupt ernst zu nehmen und sich diesen als SYSTEMANSATZ verstehen zu wollen. Mit den Begriffen Sozialismus, Kapitalismus und (mein öko-KREATIVER) ORDOliberalismus werden Versuche bezeichnet, den realen, weltindustriellen Fortschrittsprozess mit einem Steuerungssystemmodell zu versehen, so dass die zielführenden Steuerungsstrukturen und Steuerungshebel erkannt und im realen Fortschrittsprozesssytem installiert werden können. Schumpeter hat sich wahrlich – sich mühend und quälend – um diesen Erkenntnisstand bemüht, den ich den verständigen Lesern auf meiner Website anbiete – auch wenn ich nur auf wenige Erfahrungs-Kongeniale hoffen darf.
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@ lemming v. 7. Juni 2009, 23:51
“ Wenn ich Maschinen (aka Innovation) wie Arbeit behandle, eliminiere ich ihren wirtschaftlichen Vorteil, d.h. das Motiv der Innovation. …. Schöner Blödsinn – Marx hätte herzlich gelacht. “ Das kann ich nicht nachvollziehen.
Jeder Produktionsfaktor, der u.a. steuerlich verteuert wird, wird effizienter/sparsamer als vorher eingesetzt (= Grenznutzengesetz) und die konkurrierenden Faktoren, z.B. Arbeit, haben mehr Chancen, nachgefragt und genutzt zu werden. Das gilt auch umgekehrt, z.B. bei künstlicher, subventionierter Verbilligung von Kapitalstock, dem gängigen Instrument der Kapitalstockmaximierung auf Kosten der Arbeitsplätze. Das Effizienz- und Ersatz-Prinzip gilt besonders zwischen Energie, Maschinen, Kapitalstock und den Konkurrenten Arbeit. Wer das arbeitskostenlastige, staatliche Steuer- und Abgabensystem in Deutschland als Mittel der Kapitalstockmaximierung nicht von der Interessenseite des Kapitals her diskutiert, hat die Logik des Kapitalismus (= der Kapitalstockmaximierung) nicht verstanden, der kann auch das logisch-zwingende, nahe Ende dieser Maximierer nicht denken. Weil die Kostenschere zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit in Deutschland – dank Siemens- und IGM-Vorstands-Planungen – so extrem überzogen wurde, sind immer gewagtere Kapitalstockvermehrungs- und Exportförderungs-Projekte notwendig geworden, um die Gesellschaft nicht via Massenarbeitslosigkeit, Finanzierungslücke und Sozialaufstände zusammenbrechen zu lassen. Die dargestellte Faktorkostenschere war und ist der Strick, mit dem sich die Hightech-Kapitalstock- und Kapitalistenmacht sich selbst stranguliert. Noch kriegt das 2%-Monster Luft, hat noch Zeit für einen weiteren Atemzug. Schumpeter würde sich von diesem Erkenntnisstand bestätigt fühlen.
„Produktionsmittel...
„Produktionsmittel Geld“?
@Hacedeca: Auch wenn ich Ihre Beiträge in aller Regel schätze, aber hier sind Sie doch wohl übers Ziel hinaus geschossen. Marx hat völlig zu Recht Geld als „allgemeines Äquivalent“ analysiert und kategorisiert. Inwieweit da eine Tendenz zum Produktionsmittel „Geld“ übersehen worden sei, entzieht sich meiner bescheidenen ökonomischen Kenntnis. Sie nehmen da die finanzeigene Propaganda doch all zu wörtlich. Wir reden wohl von der „Finanzindustrie“, aber wir meinen die „Abzocke“ der Realindustrie. Zinsen, und diese gehören nun mal zu den Hauptgeschäften der Banken, sind Teil des Mehrwerts – so Marx, nicht eigenständige Mehrwertquelle. Wenn man Geldgeschäfte verteuert, verteuert man letztlich wieder nur die Produktions- und Dienstleistungssphäre, also dort wo die Produktionsmittel „beheimatet“ sind! Das einzige was bei raus käme, wäre, dass der Staat, in dem er die Steuern hierfür kassiert, zum Teilhaber an diesem Zinsgeschäft werden würde. Nun gut, das wäre zu überlegen, hätte aber nichts mit Ihrem „Gerechtigkeitsansatz“ zu tun.