Chaos as usual

Chaos as usual

Wer sich heutzutage in den Straßenschluchten des Kapitalismus bewegt, muss aufpassen, von einstürzenden Paradigmen und herabfallenden

Man trägt jetzt wieder "Proletarier"

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Ein Satz aus Frank Walter Steinmeiers gestriger Parteitagsrede ist bei mir hängen geblieben, weil er in meinen Augen das ganze Dilemma der Politik, insbesondere sozialdemokratischer Politik in der Ära nach Schröder, verkörpert: „Ich habe den Opelanern in die Augen geschaut. Ich habe ihre Angst gesehen, ihre Hoffnung. Ich sage niemandem in Not: "Du bist nicht systemrelevant." Er hätte es ihnen besser gesagt! Er hätte sich verkneifen sollen, sich selbst für einen modernen Regenmacher zu halten und der Welt etwas vorzumachen: Im Kapitalismus steht jedes Unternehmen jederzeit zur Disposition, und mit ihm seine Arbeitsplätze. Fährt Herr Steinmeier Opel? Hat sich der klatschende SPD-Parteitag jüngst massenweise neue, bunte Opels zugelegt? Nein? Ah, da schau her. Aber selbst wenn: Der Krieg um Marktanteile und Gewinnmargen in der Automobilindustrie würde kein bisschen anders verlaufen. Steinmeier hätte - wenn er ehrlich wäre - den Opelanern stattdessen sagen müssen, dass es den Markt nicht interessiert, ob er oder irgendjemand sonst sie für systemrelevant hält: er, der Markt, entscheidet, welche Unternehmen und Arbeitsplätze im Konkurrenzkampf überleben. Und an diese ernüchternde Botschaft hätte er - vor der Agenda 2010 - anschließen können, dass - wenn der Markt den Daumen nach unten dreht - sich trotzdem keiner um seine private Zukunft Sorgen zu machen braucht: Sozialsysteme wie auch Arbeitsmarktpolitik würden dafür sorgen, dass jeder, der arbeiten will, auch Arbeit finden wird; und dass bis dahin für ihn und seine Familie gesorgt werden wird. Doch das kann Steinmeier heute natürlich nicht mehr, denn es waren Gerd Schröders - und damit seine - Reformen unter dem Schlagwort „Hartz IV", die jegliche Gewissheit über die eigene Zukunft im Falle des Arbeitsplatzverlusts zerstörten. Und allen gruppendynamischen Übungen in Sachen „kämpferische Parteitagsstimmung" zum Trotz: Der einstmals sozialdemokratische Wähler wird ihm das nicht vergessen.

Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘
und die alten Lieder singen
und die Wälder widerklingen
fühlen wir, es muß gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit,
Mit uns zieht die neue Zeit.

Eine Woche Hammerschlag
eine Woche Häuserquadern
zittern noch in unsern Adern
aber keiner wagt zu hadern
Herrlich lacht der Sonnentag
herrlich lacht der Sonnentag.

 

Ein Satz aus Frank Walter Steinmeiers gestriger Parteitagsrede ist bei mir hängen geblieben, weil er in meinen Augen das ganze Dilemma der Politik, insbesondere sozialdemokratischer Politik in der Ära nach Schröder, verkörpert:

„Ich habe den Opelanern in die Augen geschaut. Ich habe ihre Angst gesehen, ihre Hoffnung. Ich sage niemandem in Not: „Du bist nicht systemrelevant.“

 Er hätte es ihnen besser gesagt! Er hätte sich verkneifen sollen, sich selbst für einen modernen Regenmacher zu halten und der Welt etwas vorzumachen: Im Kapitalismus steht jedes Unternehmen jederzeit zur Disposition, und mit ihm seine Arbeitsplätze. Fährt Herr Steinmeier Opel? Hat sich der klatschende SPD-Parteitag jüngst massenweise neue, bunte Opels zugelegt? Nein? Ah, da schau her. Aber selbst wenn: Der Krieg um Marktanteile und Gewinnmargen in der Automobilindustrie würde kein bisschen anders verlaufen. Steinmeier hätte – wenn er ehrlich wäre – den Opelanern stattdessen sagen müssen, dass es den Markt nicht interessiert, ob er oder irgendjemand sonst sie für systemrelevant hält: er, der Markt, entscheidet, welche Unternehmen und Arbeitsplätze im Konkurrenzkampf überleben. Und an diese ernüchternde Botschaft hätte er – vor der Agenda 2010 – anschließen können, dass – wenn der Markt den Daumen nach unten dreht – sich trotzdem keiner um seine private Zukunft Sorgen zu machen braucht: Sozialsysteme wie auch Arbeitsmarktpolitik würden dafür sorgen, dass jeder, der arbeiten will, auch Arbeit finden wird; und dass bis dahin für ihn und seine Familie gesorgt wird.

Doch das kann Steinmeier heute natürlich nicht mehr, denn es waren Gerd Schröders – und damit seine – Reformen unter dem Schlagwort „Hartz IV“, die jegliche Gewissheit über die eigene Zukunft im Falle des Arbeitsplatzverlusts zerstörten. Und allen gruppendynamischen Übungen in Sachen „kämpferische Parteitagsstimmung“ zum Trotz: Der einstmals sozialdemokratische Wähler wird ihm das nicht vergessen.

Das wahre Ausmaß der Agenda-Reformen zeigt sich natürlich vor allem in der Krise, nicht im Aufschwung; und Steinmeiers Pech ist, dass wir die wirklich schlimme Phase dieser Krise zeitnah zur Bundestagswahl durchlaufen, und sich die Schröder/Steinmeierischen Reformen dann als das entpuppen werden, was sie nach Ansicht vieler Sozialdemokraten sind: Verrat an den eigenen, seit Jahrzehnten gehegten Überzeugungen. Das Anstimmen fröhlicher Lieder aus der bunten Kiste der Proletarier-Folklore ändert daran nicht das Geringste.

Aber wollen wir aufhören, auf Steinmeier und Friends herumzuhacken: Das Problem ist keines der Sozialdemokraten alleine, sondern ein universelles; und auf der anderen Seite des Zauns gäbe es genügend Beispiele, die belegen, dass das Gras auf den schwarz-gelben Weiden der Republik auch nicht grüner ist, als auf den roten. Die simple Wahrheit ist die, dass aus strukturellen wie aus semantischen Gründen die Politik sich immer wieder dazu veranlasst sieht, Risiken spontan zu politisieren, aus welcher thematischen Ecke sie auch kommen mögen. Die Wirtschaft berührt jeden von uns, daher ist es nicht verwunderlich, dass Arbeitsplatzrisiken, sei es wegen Unternehmenspleiten, Massenentlassungen, Großübernahmen usw., immer wieder auf der Agenda landen. Die Globalisierung hat ihren Teil dazu beigetragen, die Erregungsschwelle der Bevölkerung ist entsprechen gesunken, die Aufmerksamkeit somit entsprechend hoch: Wer sich politisch profilieren will, auf die eine oder die andere Art, für den bieten sich hier willkommene Gelegenheiten. Und wenn wir uns ehrlich sind, dann war das auch nie anders, lediglich hinsichtlich der Themenlage gab es Unterschiede, weil in Wirtschaftswunderzeiten konnte man sich halt andere Sorgen leisten als rein ökonomische: solche über die nukleare Rüstung zum Beispiel, die Umweltschutzproblematik oder die Entwicklungshilfe. Auch vor Ausbruch der Krise, zu Zeiten des Aufschwungs, wurde dieser Trick erfolgreich versucht, man erinnere sich an das Thema „Klimawandel“ und die rasende Begeisterung, mit der sich Frau Bundeskanzlerin dafür ins Zeug legte, als in den politischen Zirkeln des Landes hinter vorgehaltener Hand schon wieder was von „Vollbeschäftigung“ gemurmelt wurde und illiquide Immobilien-Verbriefungskonstruktionen noch kein Thema waren.

Nun ist aber allgemeine Krise, und das macht die Arbeitsplatzangst zum beherrschenden Thema. Die Kanzlerin rollt ihre Klimaschutz-Banner wieder ein und macht einen auf Firmenretterin, so gut sie es halt kann. Hartz-IV hätte sie selbst natürlich keinen Deut weniger scharf durchgezogen, wenn sie damals gekonnt hätte, da beißt die Maus keinen Faden ab, schließlich erinnern wir uns alle noch daran, wie artig sie sich bei Vorgänger Gerhard Schröder in ihrer Antrittsrede als Bundeskanzlerin für seine Agenda-Reformen bedankt hat.

Man wird auch noch in fünfzig Jahren darüber debattieren, auf friedliche und gepflegte Art und Weise, so hoffen wir, aber ein eingeschränkter Katalog von Staatsaufgaben wird sich nicht finden lassen, und eine wie immer geartete – qua Natur oder generelle Gesellschaftsauffassung gezogene – Grenze der Staatstätigkeit wird eine Illusion bleiben: Es liegt im Wesen der Politik, Probleme, die à priori nicht ihre sind, zu ihren zu machen. Und dies umsomehr, als hier ausnahmsweise mal nicht nach dem Motto verfahren wird „Wer sich zuerst bewegt, verliert“; nein, ganz im Gegenteil, in bester schumpeterscher Manier gilt es hier für die Parteien Pioniergewinne abzustauben, denn wer zuerst erfolgreich ein Leitthema der Öffentlichen Meinung besetzt – oder sogar erst selbst kreiert – der gewinnt. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, denn eine moderne Risikogesellschaft kennt vor allem eines: Risiken. Örtliche und überregionale Risiken, neben wirtschaftlichen solche der allgemeinen Sicherheit, des Umweltschutzes, der Betriebssicherheit von Industrie- und Kraftwerksanlagen, des Bildungswesens, des Kinder- und Minderheitenschutzes, des Verkehrswesens, usw. Und natürlich, in Zeiten ubiquitärer Pandemiegefahr, Risiken der allgemeinen Volksgesundheit, das ist ja sowieso klar. Das politische System ist ein selbstreferentielles, operativ geschlossenes System, und was immer die Politik als „Sache der Politik“ erachtet, wird zur Sache der Politik. Ende des Wachstums, Kernkraft, Dritte Welt, Vogelgrippe, Klima, Schweinegrippe, Opel, Arcandor – der Unterschied ist: Es gibt keinen Unterschied!

Zumeist scheitert die Politik bei der praktischen Umsetzung ihrer natürlich stets noblen Absichten bereits an der eigenen Organisationswirklichkeit. Bei Anne Will kam dies gestern sehr schön zum Ausdruck, als Madame Moderatorin zum tragischen Managementversagen bei Arcandor die Frage in den Raum stellte „Hätte das die Politik nicht früher sehen müssen?“. Und ich weiß nicht mehr wer genau, aber ich meine es war Arbeitsminister Scholz selbst, sprich einer, der bekanntlich nicht immer durch blitzschnelle, intellektuelle Manövrierfähigkeit auf höchstem Niveau besticht, der, wie aus der Pistole geschossen, entgegnete: „Politik? Wer wäre das in diesem Fall?“. Bingo! Das genau nämlich ist sie, die berühmte, alles entscheidende Frage an Radio Eriwan: Wer sollte sich in diesem Fall angesprochen fühlen? Irgendein Kommunalpolitiker? Ein Ministerialrat? Eine Ethikkommission? Ein runder Tisch? Die Bundeskanzlerin höchstselbst?    

Nein. Derartige Probleme interessieren in der Politik im Regelfall niemanden; solange nicht, bis sie sie nicht selbst zum Thema macht. Durch Eigeninitiative, oder weil die „Betroffenen“ bei ihr vorstellig werden: „Wir müssen Opel retten!“ – Ja, klar, warum nicht? Jetzt, wo sie es sagen, Frau Bundeskanzlerin…

Das Tragische daran ist: Die Politik braucht das. A priori gibt’s immer zwei Möglichkeiten, auf einzelne Risikolagen in der Gesellschaft zu reagieren: eingreifen oder nicht eingreifen. Und man muss kein Einstein sein, um zu erkennen, dass die Politik ersterem deutlich zugeneigter ist als letzterem. Warum? Weil jeder erfolgreiche oder zumindest planmäßige Versuch, Risiken zu überwinden, Gefahren zu reduzieren, akute Probleme zu lösen, den Applaus eines dankbaren, risikoscheuen Publikums verspricht. Helden und Legenden werden auf diese Art und Weise geboren, oder wer erinnert sich nicht an den tapfer gegen die Hochwasserfluten ankämpfenden, in Gummistiefeln über die Deiche watenden Gerhard Schröder? Oder an die, ebenfalls im Hochwasser geborene und später in einem persönlichen Burn-out verglühende politische Figur eines Matthias Platzeck? Derlei Schemata schaffen eine Präferenz für die Intervention; entschlossenes Eingreifen, hemdsärmeliges Zupacken – das macht sexy. Das bloße Nichthandeln, und sei es nach allen objektiven Kriterien das vernünftigste, findet sich hingegen selten in den Erfolgsbilanzen von Regierungen und Parteien.

Insofern hat man für Steinmeiers jüngsten Versuch, den „Hero-Bias“ des Wählerpublikums zu instrumentalisieren und den Wildentschlossenen zu markieren, durchaus Verständnis. Die Rhetorik seiner gestrigen Rede war gleichsam nicht mehr als ein Abspulen vergangener Interventionismen: Seht mal her, wir haben dieses gemacht, und wir haben jenes gemacht. – Schon klar. Aber mal im Ernst: die Abwrackprämie ist ein ordnungs- wie umweltpolitischer Skandal. Und die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes zeigt nur, dass das eigentliche soziale Netz dank Schröder und Steinmeier eben nicht mehr für Wahlkämpfe taugt. Wo war Hartz-IV in Steinmeiers imposantem Epos vergangener Heldentaten? Was hätte es an Aktionismen alles nicht bedurft, wenn man nach wie vor über soziale Sicherungssysteme verfügte, angesichts derer auch eine Insolvenz von Opel und Arcandor nicht zur Tragödie geriete?

Nein. Aus der Nummer kommen Steinmeier und die SPD nicht mehr raus. Da mögen sie sich modisch als Proletarier geben und lustige Lieder anstimmen – es wird ihnen nicht helfen.


52 Lesermeinungen

  1. Nanuk sagt:

    Nicht vergessen da gehörten 4...
    Nicht vergessen da gehörten 4 Parteien zu…

  2. stroblt sagt:

    @Nanuk

    Denk dir halt "roter...
    @Nanuk
    Denk dir halt „roter als rot“ an besagter Stelle noch hinzu

  3. Wat. sagt:

    Das Oder-Hochwasser war 1997,...
    Das Oder-Hochwasser war 1997, da watete der „Deich-Graf“ Matthias Platzeck erfolgreich in Gummistiefeln über die Deiche und deren Reste und Helmut Kohl (!) kam zu Besuch…

  4. stroblt sagt:

    @Wat

    Stimmt, es war nicht das...
    @Wat
    Stimmt, es war nicht das gleiche Hochwasser, das kam im Text ein wenig missverständlich rüber. Habe ich korrigiert, danke.

  5. Martin sagt:

    So ganz verstehe ich das...
    So ganz verstehe ich das Herumhacken auf Hartz IV nicht. Vor Hartz IV kommt erst mal das Arbeitslosengeld für eine Weile, und selbst, wenn Hartz IV am Ende stünde, dann ist die staatliche Leistung nicht so schlecht, wie gerne kolportiert.
    Natürlich, wenn selbst qualifizierte Facharbeiter dann innerhalb eines Jahres keine neue Stelle fänden, dann wäre der Betreffende entweder völlig unflexibel, oder aber das wirtschaftliche Umfeld so grottenschlecht, dass Hartz IV schon fast als Privileg empfunden werden müsste. Allerdings: So grottenschlecht ist die Situation noch nicht, und wenn man die Flexibilität der vielen Pendler aus dem Osten über die letzten zwei Jahrzehnte in den Westen betrachtet (25% der Bevölkerung dürften übergesiedelt sein), dann sollte man auch dem verwöhnten Westler in der Not eben dieselbe Flexibilität abverlangen können.
    Und wenn sich ein Opelianer in den letzten Jahren privat bis über beide Ohren verschuldet hat und in der Arbeitslosigkeit auf hohen Zinsen sitzenbleibt, dann trifft ihn eine gewaltige Mitschuld: Opel wackelt nun mal seit Jahren, da geht man als vernünftiger Mitarbeiter kein Risiko ein.

  6. Huuh.rrah sagt:

    Und allen gruppendynamischen...
    Und allen gruppendynamischen Übungen in Sachen „kämpferische Parteitagsstimmung” zum Trotz: Der einstmals sozialdemokratische Wähler wird ihm das nicht vergessen.
    So sieht es aus. Und die gruppendynamischen Laola-Wellen um das Zirkuspferd in der Mitte füllten eine spezifische VIP-Arena und bewirken darüberhinaus hoffentlich: nichts. Das hat allerdings wenig damit zu tun, dass – um dieses Wort mit abzugreifen – dass Steinmeier systemrelevant bleibt.

  7. Marc sagt:

    @Martin: Bist du alleine, dann...
    @Martin: Bist du alleine, dann mag deine Theorie, dass jemand mit ALG II ganz gut auskommt schon in etwas zutreffen, aber sobald es eine alleinerziehende Mutter ist, mit einem, oder gar mehreren Kindern, reicht ALG II kaum für das Existenzminimum. Denn die Kinder werden so bescheuert angerechnet, dass es vorne und hinten nicht reicht.
    Und dann ist da noch das Problem, dass deine Chancen einen Job zu finden, wenn du erstmal in der Hartz 4 Spirale festhängst mit der Zeit immer geringer werden, weil dir nach und nach der Wohlstand flöten geht. Dann ist nichts mehr mit mal eben eine Jeans kaufen, oder ein altes gebrauchtes Auto unterhalten, oder mit Fortbildung, oder mit Nachhilfe für die Kinder.
    ALG II wird langsam aber sicher ein Generationenübergreifendes Problem.
    Und das hat NICHTS mit Faulheit, Dummheit oder ähnlichem zu tun.

  8. Devin08 sagt:

    Wenn sie ihre Lieder...
    Wenn sie ihre Lieder singen
    Entschuldigen Sie, Herr Strobl, aber das Herumgehacke in Richtung SPD, hat schon, selbst wenn ich zugebe, dass es faktisch nicht falsch ist, etwas Peinliches. Ich sagte es schon an anderer Stelle ( „Der falsche Beifall“ https://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~EE6E5F95CC13C4787AD887E7CE7C67EEA~ATpl~Ecommon~Scontent.html
    ).
    Das Thema ist doch ein ganz anderes. Wie viel Neoliberalismus verträgt eine rechte Sozialdemokratie, wie viel Pseudomarxismus eine linke, und wie viel Sozialdemokratismus der Rest der bürgerlichen Parteienlandschaft, ohne, dass es der Bürger merkt? Denn merkt er es, wird ihm schlagartig klar, dass es mit dem sog. Meinungspluralismus nicht weit her ist. Die bürgerliche Demokratie ist eine Farce, so wie die Macht eine Diktatur ist, die des Kapitals nämlich. Und der Begriff des Proletariers war niemals obsolet, nur im Munde dieser „Offiziere des Kapitals“ (Marx, damit meinte er wohl die damaligen Beamten, heute wären das aber nur die leitenden Beamten, und natürlich die bürgerlichen Parlamentarier), wenn nicht gar nur Hohn und Spott, oder getragen in der Absicht des Missbrauch.
    Das ist die negative Seite der Problematik. Die positive fand ich dieser Tage in der Frankfurter Rundschau – man verzeihe mir diesen Fehlgriff, denn ich lese die Rundschau nicht mal, wenn ich sie geschenkt bekomme, diesmal machte ich mal eine Ausnahme. Schon auf der ersten Seite war da der Aufmacher einer gewissen Naomi Klein, die da forderte: feuert die Bosse. Nun das wäre nichts Neues aus diesem hübschen Mund, und doch war dieser nicht nur roter geschminkt: es waren ihre Berichte über Betriebsbesetzungen rund um die Welt: Argentinien, Ungarn, Irland, Kanada, USA…, die eine definitiv rote Propaganda enthielten. Das war auch für Frau Klein ein Schritt über ihre übliche Antiglobalisierungsrethorik hinaus.
    Die Arbeiter, die Proletarier, haben es offenbar geschnallt: es gibt eine Alternative zur Entlassung, und damit auch zu diesem System: man entlässt die Bosse.
    Das ist ein Riesensprung in der Entwicklung eines neuen Klassenbewusstseins, in Folge der Krise, und in Folge der Erkenntnis, dass die Herrschenden im Prinzip obsolet sind. – Und mal ganz im Sinne jener herrschenden Demagogie: den Sozialismus machen die Arbeiter besser selber.
    Das ist die Umkehrung hiervon, was man Prekarisierung des Proletariats nennt, die Prekarisierung des Kapitals nämlich. Eine Entwicklung, die beileibe noch nicht als revolutionär zu bezeichnen ist, aber die nicht wenig revolutionäre Potenz enthält. Ich denke, in diesem Sinne ist das Proletariat nicht sehr en voque, um mal diesen Begriff zu gebrauchen, daher wohl auch diese quasi Nachrichtensperre, zumal in Deutschlands größter Tageszeitung – der FAZ.
    Die Herrschenden meinen ein solches Proletariat eben nicht, wenn sie ihre Lieder singen, oder ihnen schmeicheln.

  9. Ludwig A. sagt:

    Also mir hat der Steinmeier...
    Also mir hat der Steinmeier nicht in die Augen geschaut, das braucht er auch nicht denn die SPD ist für mich nicht wählbar aber die CDU auch nicht.Diese verlogenen Herrschaften haben bei mir jegliche Sympathie verspielt.
    Ich kann meine Stimme auch einer kleineren Partei geben, nicht FDP aber bei den kleineren weiß ich das sie den großen doch kräftig in den Allerwertesten treten können.

  10. "Aufgepaßt! Wer das erste...
    „Aufgepaßt! Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.“ Der Naturprozessdenker und ORDNUNGSPOLITIKER Goethe kannte den evolutionsprozess-logischen Pfad- und Systemzwang einer falschen Ausgangsentscheidung und der anschließenden Fehlentwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse – und dann auch dessen Ende: Absturz oder evolutionswissen-gestützter, gesteuerter, friedlicher Ordnungsübergang ( = Austausch der Fehlentwicklungsmachtspitze/Revolution) in die folgende Akzelerationspfad-Ordnung.
    Frank Walter Steinmeier könnte zu goethepolitischen Höhen aufsteigen, zum Schumpeter-Politiker werden, wenn er sagte und täte, was er weiß.
    Was weiß er? Das alte 2%-Wachstumszwang-Regime ist nicht mehr zu halten und es gilt den erkannten, von allen Systemdenkern erkannten Exodus aus diesem Zwangsregime zum politischen Programm zu erheben und zu organisieren.
    Aber von dieser Wahrheit sind fast alle Spitzenpolitiker weit entfernt. Heute heißt ’systemrelevant‘ immer ‚relevant für das absturzgefährdete 2%-Wachstumszwang-Machtsystem‘. Erich Honecker hat 1989 auch den nahen Absturz seiner Diktatur gewittert – und blind reagiert. Frank Walter Steinmeier könnte sich auf die positive Seite der deutschen Geschichte retten, wenn er die Wissensmauer öffnete, die den Blick in die nachfolgende Weltordnung (= Entwicklungspfadordnung) des KREATIVEN erlaubt. Er müßte nur singen und sagen: ‚Mit uns zieht die KREATIVE Zeit‘. Und dies mit wenigen Worten erklären – dass die Macht-Nr.1 im Evolutionsprozess die konfliktauflösende KREATIVITÄT-in-den-Dingen ist, dass es diese Ordnung-des-KREATIVEN in der menschlichen Gesellschaft zu institutionalisieren gilt, so dass die jeweilig beste, die KREATIVE Systemlösung, die operationale System-Innovation die Führung in der politischen Konkurrenz übernehmen kann, dass dies heute bedeute, jene Geniepunktänderung in die Diskussion zu bringen, die heute die gesellschafltichen Dauerkonflikte wie Kapital-contra-Arbeitinteressen auflöst, deren gewachsene Frontstruktur uns zum Konfliktkampf zwangen und uns damit ans Reich der (Kampf-) Notwendigkeit fesselten. Er könnte dazu aufrufen: diese befreiende Menschheits-Innovation ins Reich des KREATIVEN laßt uns diskutieren.
    Und wenn jemand fragte, ob er träume oder ob er wisse, wovon er spreche, und welches befreiende Ideensystem er denn meine, müßte er nur auf die Webseite der KREATIVEN verweisen – und schon wäre er dem Absturz á la Honecker entronnen. Alles Große ist bekanntlich genial einfach – so einfach, wie die Tat, die Erkenntnis in die Diskussion und in den Wahlkampf 2009 einzubringen, dass den Denkern der Entwicklungslogik des Industriesystems und den Gründern der Sozialdemokratie beim Knöpfen des ersten Knopflochs ein kleiner, aber verzeihlicher Fehler unterlaufen ist – vor über 100 Jahren.

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