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Für die Arbeitswelt gilt: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Wir sind also in Bewegung – so oder so. Gehen wir doch in diesem Blog ein

Documenta XII. Oder: Jeder Mensch ist ein Künstler

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In diesen Tagen ist die Documenta in aller Munde. Grund genug, auch aus der Businesswelt heraus den Brückenschlag zu wagen. Von der Kunst selbst wurde uns "Pfeffersäcken", wie man Vertreter der Wirtschaftswelt im Mittelalter despektierlich nannte, durch Joseph Beuys mit seinem berühmten Diktum, Jeder Mensch ist ein Künstler, die Hand gereicht. Dankbar ergreife ich sie, um hier die Richtigkeit dieses Mottos zu unterstreichen.

 
In diesen Tagen ist die Documenta in aller Munde. Grund genug, auch aus der Businesswelt heraus den Brückenschlag zu wagen. Von der Kunst selbst wurde uns „Pfeffersäcken“, wie man Vertreter der Wirtschaftswelt im Mittelalter despektierlich nannte, durch Joseph Beuys mit seinem berühmten Diktum, Jeder Mensch ist ein Künstler, die Hand gereicht. Dankbar ergreife ich sie, um hier die Richtigkeit dieses Mottos zu unterstreichen.

Stimmen Sie mir zu, wenn ich auch die Literaten zu den Künstlern zähle? Dann sind Sie als Schreiber Ihrer Biographie immer schon beides.

Zunächst war eine Biographie eine Beschreibung gelebten Lebens herausragender Persönlichkeiten, verfasst in der Retrospektive zumeist durch Außenstehende. Das Leben selbst ereignete sich dem Selbstverständnis nach weitgehend vorbestimmt, ansonsten mehr oder weniger zufällig oder entlang der Vorsehung. In neuerer Zeit ist das Genre der Biographie ergänzt durch die Autobiographie, bei der die Person rückblickend über sich selbst schreibt, gewissermaßen um Rechenschaft über das eigene Tun und Lassen abzugeben; dies übrigens auch im wachsenden Bewusstsein der eigenen Bedeutsamkeit als ein Merkmal des modernen Menschen. Auch mehr und mehr junge Menschen schreiben nach ersten Erfolgen bereits Ihre Lebensgeschichte. Dabei muss auch das Tagebuch oder als Auseinandersetzung des modernen Menschen mit sich selbst an dieser Stelle erwähnt werden, wenngleich es in der Selbstdeutung den Bogen nicht so weit schlägt wie die klassische Biographie.

Im Rekurs auf das Beuyssche Diktum, Jeder Mensch ist ein Künstler, lege ich einen erweiterten Biographie-Begriff zugrunde: Sie sind immer schon Biograph Ihres eigenen Lebens. Ihr Leben ereignet sich aus einem intuitiv-künstlerischen Prozess heraus, in dem Sie bewusst und unbewusst immer schon Autor Ihrer Lebensgeschichte sind. Was Sie sagen, wie Sie sich verhalten, wie Sie sich kleiden, was Sie tun und nicht tun: Das alles sind Texte, mit denen Sie Ihrer Umwelt Ihre Geschichten erzählen, mit denen Sie Ihre Mitmenschen begeistern oder abschrecken, mit denen Sie anecken oder Langeweile verbreiten. Damit wird Leben im eigentlichen Sinn zur Lebenskunst und das Beuyssche Diktum, „Jeder Mensch ist ein Künstler“, bekommt eine weitere Bedeutung.

Als Autor arbeiten Sie jeden Tag an Ihrer Biographie. So entsteht Kapitel um Kapitel. Wenn alles gut geht, befinden Sie sich im Flow und das Leben geht Ihnen leicht von der Hand. Dann sind Sie Erfolgsautor und das Publikum liebt Sie. Dabei sind die Gattungen so vielfältig wie das Leben selbst. Die einen inszenieren ihr Leben als Tragödie oder wenigstens als Drama, die anderen als Komödie oder Soap Opera am anderen Ende des Spektrums der Möglichkeiten. Damit wird das Leben im eigentlichen Sinn zur Lebenskunst. Eine wesentliche Konsequenz unseres modernen Lebens ist, dass jeder sein eigener Autor, Regisseur und Schauspieler ist. Da gibt es keinen mehr, der denen Ihnen sagt, wie Sie leben und was Sie tun sollen. Damit wird die ganze Welt zum Studio.

Dann gibt es Zeiten, in denen Sie ins Stocken geraten und Sie aus dem künstlerisch-intuitiven Prozess herausfallen. Ihr Publikum sendet vielleicht Signale aus wie: „Wir verstehen Dich nicht mehr“, „du langweilst uns“, oder „bist Du aber kompliziert“ und anderes mehr. Das ist der Moment, wo im Berufsleben ein Coach ins Spiel kommt, zu dem dann der Autor wie zu einem Textkritiker kommt und mit ihm über seine Texte spricht. Hier werden Text und Kontexte, die Erwartungen des Publikums und Stil des Autors in Beziehung gesetzt und reflektiert. Hier geht es dann um die Betrachtung des bereits Geschriebenen; aber ebenso um Veränderungen am Plot und Stil der Geschichte sowie das Layout künftiger Kapitel. Ziel ist, dass der Betreffende als Autor seiner Biographie wieder ins Schreiben kommt, und von seinem Publikum wieder verstanden und geschätzt wird.

In jedem Fall gilt: The show must go on – > have a good one.


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