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Coach Me If You Can

Für die Arbeitswelt gilt: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Wir sind also in Bewegung – so oder so. Gehen wir doch in diesem Blog ein

Aus dem Sessel in die Berge. Teil 3: Bittere Pillen

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Drei Männer sind zur strategischen Auszeit in die Schweizer Berger gekommen: Ein Unternehmer, ein Berater und ein Manager. Alle mit einem Berg im Kopf, den Sie hier besteigen wollen.

> Teil 1 (Prolog) lesen

> Teil 2 (Aussicht genießen – Einsicht gewinnen) lesen

Zum Wochenende hin ist es merklich voller geworden. Gestern Abend ist eine Gruppe von Kindern angekommen, die ebenfalls schon vor sieben Uhr auf Touren kommt.  Bei unserer Gymnastik sehen sie uns unbemerkt zu und fragen dann süffisant, was wir da für ein Ballet veranstalten. Peter, Klaus und Georg können darüber lachen; die Peinlichkeit ist verflogen. Etwas schwerer schlucken sie an der spitzen Frage einer Wanderin, die uns offenbar schon seit gestern beobachtet hat und wissen möchte, ob wir eigentlich auch wandern, oder nur herumstehen und rauchen. Das Rauchen ist tatsächlich für alle drei ein Problem und jede Stunde gibt es deswegen eine Pause. Klaus scherzt, er halte es mit Mark Twain, der gesagt hat: „Es ist ganz leicht, sich das Rauchen abzugewöhnen; ich habe es schon hundert mal geschafft.“ An der Frage der Wanderin lässt sich später einer unserer heutigen Schwerpunktthemen sehr schön entwickeln: Wer bin ich? Wie wirke ich auf andere? Möchte ich so wirken? Wir führen eine engagierte Diskussion über Authentizität und die Gefahr, sich beim persönlichen Marketing zu verbiegen. Eigentlich sollte das Sein den Schein bestimmen und nicht der Schein das Sein. Aber wäre es tatsächlich so schlecht, wenn der Wunsch, in den Augen der Anderen nicht als Junkie zu erscheinen, dazu führen würde, das Rauchen als Teil des eigenen Seins aufzugeben? (Wissen Sie, wer Sie sind, wie Sie auf andere wirken und ob Sie so wirken möchten?)

Die gestern formulierten Visionen vor Augen, richtet sich der Blick heute auf die Frage, von welcher Basis aus das große Ziel jeweils angegangen wird. Hoch in den Bergen muss die Analogie zur Seefahrt plötzlich herhalten (Kolumbus hat vorgestern also doch einen Eindruck hinterlassen): Ist das Ziel klar, dann muss das Schiff auf das Trockendock gelegt und seine Seetüchtigkeit überprüft werden. Hier muss geflickt werden, dort müssen An-, Um- und Aufbauten vorgenommen werden. Im Rahmen des Strategischen SelbstManagement nennen wir das Strategische Analyse. Erst dann kann die eigentliche Strategie definiert werden, nämlich der Plan, wie von A nach B zu kommen ist. Und auch wegen des alten > Charles Kettering fühlen wir uns heute zur Seefahrt hingezogen: „Niemand hätte jemals den Ozean überquert, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, bei Sturm das Schiff zu verlassen.“

Die Analyse erweist sich als etwas schmerzhaft, weil eben nicht nur die Stärken identifiziert werden, sondern auch die Schwachstellen klar zutage treten. Anhand von Analysewerkzeugen, die aus der Betriebswirtschaft entlehnt sind, durchleuchten Peter, Klaus und Georg in Eigenarbeit sich wie ein Unternehmen: Wie gut bin ich im Tagesgeschäft in Hinblick auf das Management von Leistungen, Prozessen, Terminen, Beziehungen, Konflikten und nicht zuletzt meiner Gesundheit? Wie gut ist meine Position in den für mich relevanten Märkten und habe ich die entsprechende Marketing-Stärke? Stimmt mein persönliches Preis-/ Leistungsverhältnis? Kenne ich mein Imageprofil und weiß ich, wie ich auf andere wirke? Wie gut ist meine Wettbewerbsposition? Wie groß und belastbar ist mein Netzwerk? Könnte es sein, dass meine heutige Tätigkeit durch technische Neuerungen künftig nicht mehr gefragt ist? Kenne ich eigentlich die Bedürfnisse meiner Kunden? Auf welche Umfeldbedingungen muss ich bei der Umsetzung meiner Vision Rücksicht nehmen? – Es wird deutlich: Nach allen philosophischen Reflektionen regiert hier die nackte Betriebswirtschaft. Hier sind Peter, Klaus und Georg in ihrem Element und steigen beherzt tief in die Klüfte und Steilwände Ihrer persönlichen Situation, in die sie sich mit dem Handbuch zum Strategischen SelbstManagement abseilen.

Das unerwartet schöne Wetter erlaubt uns eine reale Kletterpartie unter Anleitung von einem ausnehmend jungen und athletischen Bergführerpärchen, gegen die wir zunächst noch eine Spur unbeweglicher wirken, als wir eigentlich sind. Angeschirrt und angeseilt erklimmen wir erfolgreich drei Steilwände, deren Schwierigkeitsgrad sich von mal zu mal steigert. Klaus versucht es zumindest und verlegt sich nach fünf Höhenmetern und aufkommendem Schwindel auf das Fotografieren, wobei spektakuläre Aufnahmen entstehen. Wir fühlen uns beflügelt. Nie hätten wir uns alleine an diese Wände gewagt. Und jetzt stehen wir oben. Der eine und andere ekstatische Schrei echot in den Bergen.

In der Wirtsstube der Meglisalp steppt inzwischen der Bär. Zwei Junggesellen feiern unabhängig voneinander mit großem Gefolge ihren Abschied. Die einen sind mit angeklebten Bärten und Knickerbocker aufgelaufen, die anderen sind wie einst Hannibal in römischer Tracht über den Berg gekommen mit Hochprozentigem im Gepäck. Der Alpenwirt hat eine Musikkapelle besorgt und es geht hoch her. In Hochstimmung gesellen wir uns dazu und essen zu Abend. Um 20:30 Uhr verlassen wir stocknüchtern die Gesellschaft und begeben uns in eine etwas abseits gelegene urgemütliche Hütte, wohin der Alpenwirt das Flipchart verfrachtet hat. Unsere eigentliche Studierstube ist heute Abend durch die Festlichkeiten belegt.

Das letzte Schwerpunktthema ist das Netzwerken, unser aller Schwachstelle. Wir kennen hunderte von Menschen. Aber die große Frage ist: Wer kennt uns? Dabei entstehen gute Kontakte durch nichts anderes, als durch unsere Freundlichkeit, unser Interesse und unsere Bereitschaft, durch Vorleistungen für andere Menschen bedeutsam zu werden. Wie kann ich bewirken, dass es Menschen, mit denen ich zu tun habe, durch mich besser geht? Dabei hilft eine grundehrliche Positivität ohne Zynismus, durch die wir erst unser Leben ohne toxische Emissionen betreiben. (Sind Sie ein Netzwerker?)

Dann sind noch Hausaufgaben zu machen. Morgen, am letzten Tag, will jeder seine persönliche Geschäftsstrategie präsentieren, mit der im Gepäck er wieder in den Alltag hinunter steigen will. Es gibt noch viel zu tun. Nur gedämpft dringen von Ferne die alkoholisierten Gesänge herüber, während Peter, Klaus und Georg über ihren Unterlagen sitzen.

> Teil 4 (Abstieg) lesen


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